Futsal-Verlegungen: Vereine fordern – Eine Lösung muss her!

"Kann die Argumente der Vereine total verstehen"

20. September 2017, 15:51 Uhr

Ein klarer Gegner des Futsals: Dassendorf-Sportchef Jan Schönteich findet klare Worte, wenn es um die Spiel-Verlegungen in der Oberliga geht. Foto: KBS-Picture

In Hamburg macht sich großer Unmut breit. Unmut, der so langsam in Wut umschlägt. Die Futsal-bedingten Spielverlegungen im Hamburger Fußball-Oberhaus sorgen für einhellige Meinungen. Tenor: So kann und darf es nicht weitergehen! Vor allem das Regelwerk scheint schwammig und sorgt für jede Menge Irritationen und Missmut bei den Klubs. Selbst Danny Zankl, Trainer des TSV Sasel, der mit seinem Bruder einen Futsal-Nationalspieler im Team hat, sagt: „Ich verstehe die Argumentation der Vereine und kann auch nicht sagen, dass ich mit der Situation glücklich bin.“ Aber: „Ich bin glücklich, dass einer meiner Spieler eine solch geile Erfahrung sammeln darf.“

Auch Cordi-Manager Florian Peters ist verärgert über die Verlegung des Sasel-Spiels. Foto: KBS-Picture

Dassendorf-Sportchef Jan Schönteich fand vor einiger Zeit im „Abendblatt“ klare Worte: „Der Sport interessiert mich so sehr wie Teebeutel-Weitwurf!“ Während Condor-Coach Christian Woike bekannte: „Ich kann nicht zwei Leistungssportarten gleichzeitig betreiben. Die Spieler sollen sich entscheiden: Futsal oder Amateurfußball.“ Nun poltert auch Niendorf-Trainer Ali Farhadi, der mit seinem Niendorfer TSV am Dienstagabend ranmusste, da der TSV Sasel das Spiel aufgrund des Mitwirkens von Nico Zankl beim Vier-Länder-Turnier verlegen ließ: „Weil ein Spieler von uns zum Schachturnier, zur Turnveranstaltung oder zum Futsal eingeladen wurde, würden wir niemals ein Spiel verlegen.“ Und weiter: „Unser Kader ist groß genug und wenn einer fehlt, spielt ein anderer. Aber anscheinend haben andere Mannschaften das nicht. Wenn sie meinen, so hinterrücks eine Partie verlegen zu müssen, finde ich das nicht sportlich. Das hat nichts mit dem zu tun, was wir hier machen. Wir haben einen Terminkalender und da haben sich alle Vereine dran zu halten.“ Auch bei Concordia ist der Ärger groß. Denn das bevorstehende Spiel gegen die Saseler wurde ebenfalls verlegt – vom 24.9. auf den 31.10. „Unglaublich, einfach nur unglaublich!“, ist Cordi-Manager Florian Peters außer sich. „Unsere Stadionhefte sind schon gedruckt und das ganze Personal – einschließlich Ordner – organisiert. Wegen eines Spielers nicht wettbewerbsfähig sein – das würde mir als einer der verbliebenen Spieler zu denken geben.“

"Ich bin bei den Argumenten ganz auf der Seite der Vereine"

Sasel-Trainer Danny Zankl verteidigt die Spieler, kann die Argumente der Vereine aber verstehen. Foto: KBS-Picture

Den Aussagen von Farhadi entgegnet Sasel-Trainer Danny Zankl am Tag danach: „Ja, wir haben nicht einen so großen und starken Kader wie Niendorf. Ja, wir sind ein kleiner Aufsteiger mit ganz anderen Zielen – und wir haben nur von unserem Recht gebraucht gemacht. Das auch nicht hinterrücks, sondern offen und klar angesprochen. Und: Nein, Niendorf hat nicht wegen des Futsals gewonnen, sondern weil sie einfach brutal verteidigt haben und wir keine Lösung gefunden haben. Dazu: Glückwunsch!“ Der Übungsleiter des Aufsteigers versteht den Ärger der Vereine zwar, sagt aber auch: „Dass es die Regel gibt, ein Spiel zu verlegen, finde ich auf einer Seite gut, weil es um meinen Spieler geht, auf der anderen Seite nervt es mich doch auch tierisch, an einem Dienstag nach Niendorf zu fahren. Es tut mir auch leid für die Vereine und für die Zuschauer. Da bin ich bei den Argumenten auf deren Seite – und denke da ganz normal als Oberliga-Trainer. Aber auf der anderen Seite muss ich dazu auch ganz klar sagen: Wir machen nichts falsch – und vor allem der Spieler macht nichts falsch. Es muss ganz einfach am Reglement gearbeitet werden.“

Womit wir auch schon beim Thema werden. Denn: In Paragraph 34 der DFB-Spielordnung wird die Abstellungspflicht für Lehrgänge und Spiele der Nationalmannschaft geregelt – und gibt jedem Verein, der davon betroffen ist, das Recht, eine Verlegung zu beantragen. „Der Sport ist in den Kindheitsschuhen. Daraus muss der Verband lernen, daraus muss der DFB lernen. Denn wir leiden auch darunter“, so Zankl, der anfügt: „Der Verband muss sich hinsetzen und über die Situation, die seit drei Monaten besteht, sprechen. Die gab`s noch nie und die muss geklärt werden. Es gibt einen Verband für zwei Sportarten. Das zu vereinen, dafür muss eine Lösung gefunden werden. Ich finde es auch unglücklich. Aber alles andere muss der Verband klären – am besten mit den Vereinen zusammen“, erklärt der 29-Jährige und führt ein Beispiel an: „Keiner kümmert sich um seine Kindererziehung bevor das Kind da ist. Erst dann lernt man doch, wie man es erzieht und wie man mit gewissen Situationen umgeht.“

"Ich wollte und werde mich schützend vor meinen Spieler stellen"

Nationalspieler Nico Zankl (re.) bekam zuletzt den Unmut der Gegenspieler zu spüren. Foto: KBS-Picture

Seinen Bruder verteidigt er vehement und meint: „Nico Zankl ist ein herausragender Fußballer, auch für die Oberliga. Und für den TSV Sasel erst recht. Er ordnet dem Fußball und dem TSV Sasel, der für ihn über allem steht, alles unter und ist bei jedem Training dabei. Das Einzige, was er macht: Er fährt zum DFB-Lehrgang. Dafür opfert er sogar seinen Urlaub und fährt auf eigene Kosten durch Deutschland. Was er in seiner Freizeit macht, kann Nico ganz allein entscheiden. Er darf den Adler auf der Brust tragen, was ein Kindheitstraum für jeden Oberliga-Fußballer war – zumindest hatten alle irgendwann mal das Ziel, aber bis auf ganz wenige Ausnahmen hat es keiner geschafft. Ob er das nun im Badminton oder eben im Futsal macht, spielt überhaupt keine Rolle. Es ist eine riesengroße Ehre, die er sich verdient und erarbeitet hat. Er kann nichts dafür, dass der Futsal unter dem gleichen Dachverband läuft und er hat auch keinerlei Einfluss auf die Termine.“ Doch bei der Konkurrenz scheint diese „Doppelfunktion“ weniger gut anzukommen. „Dass er sich jetzt in zwei Spielen in Folge irgendwelche Sprüche anhören muss, ist einfach nur schade und verletzend“, findet Danny Zankl, der dann präzisiert: „Ich kann dazu nur eine Sache sagen, die mir wirklich ein Dorn im Auge ist: Am Sonntag kam es gegen Curslack zu einem kurzen Wortgefecht mit einem Spieler. Das war von mir eine Reaktion darauf, dass Nico aufgrund des Futsalspielens ein, zwei Sprüche kassiert hat. Da bin ich für meinen Spieler in die Bresche gesprungen und habe ein, zwei Spitzen verteilt, aber keine Beleidigungen. Dass es dann zu einem Wortgefecht kommt, kann passieren und habe ich auch so hingenommen. Aber dass es danach auch noch so plakativ erwähnt wird, finde ich einfach nur schade. Für das Wortgefecht entschuldige ich mich, aber ich wollte mich nur schützend vor meinen Spieler stellen.“

"Die Spieler können nichts fürs Reglement"

Sören Titze musste gegen Pinneberg auf seine drei Futsaler verzichten. "Langfristig muss es klare Regelungen vom HFV geben." Foto: KBS-Picture

Auch am Dienstagabend musste der Linksfuß der „Parkwegler“ einen Spruch von Niendorfs Pascal Ehrenberg einstecken. „Das ganze Thema wird extrem aufgebauscht. Wir alle sollten froh und stolz darüber sein, so geile Fußballer in Hamburg zu haben, die uns in Norddeutschland, Deutschland und jetzt sogar europaweit vertreten. Die ihre Freizeit für null Euro opfern, um mit ihrem ganzen Herzblut Fußball in der Halle zu spielen. Womit haben die Spieler, in unserem Fall Nico Zankl, solch eine Behandlung verdient? Sie können nichts fürs Reglement. Ich hoffe, dass sich das schnellstmöglich beruhigt. Denn ich weiß, dass es dem Spieler sehr auf die Nieren schlägt, als Feindbild auf dem Platz angesehen zu werden. Da muss und werde ich ihn auch weiter schützen“, so Zankl, der seinen Spielern kein Verbot unterm Hallendach erteilen will und wird. „Ich gönne es den Jungs – solange sie es dem Oberliga-Fußball so unterordnen, wie sie es aktuell tun. Dann ist es für mich als Trainer völlig okay.“ Dem Spielplan der Oberliga tun die ständigen Verlegungen allerdings ganz und gar nicht gut. Insbesondere, wenn ein Verein mit drei Nationalspielern eine Partie aufgrund dessen extra verlegt, und diese Spieler dann gar nicht dabei sind. So geschehen beim FC Teutonia 05. Im Heimspiel gegen den VfL Pinneberg (1:0) durften Danijel Suntic, Stefan Winkel und Michael Meyer nicht mitwirken, weil das Trio – entgegen erster Absprachen – einen Tag früher anreisen musste und Bundestrainer Marcel Loosveld die Spieler vor die Wahl stellte: Futsal oder Fußball. Eigentlich sollte die Entscheidung klar sein – schließlich besitzen sämtliche Spieler Verträge bei ihren Fußball-Vereinen. Und eigentlich sollte es auch die Aufgabe eines Bundestrainers sein, sich vorher zu informieren, wann und wo seine Spieler fußballtechnisch aktiv sind.

"Sollen unsere Liga nicht bis aufs Blut reizen"

Wedel-Sportchef Frank Ockens hat zu dem Thema "Futsal" eine glasklare Meinung. Foto: KBS-Picture

Vor allem die Unverhältnismäßigkeit und nicht gegebene Transparenz macht den anderen Oberliga-Vereinen zu schaffen. Beispiel: TuS Dassendorf. In der vergangenen Saison wurde Amando Aust in die Fußball-Nationalmannschaft Gambias berufen. Eine große Ehre für Verein und Spieler, der als Kapitän gleichzeitig eine der ganz wichtigen Säulen des Meisters ist. Dennoch wurde der damalige Verlegungswunsch abgelehnt. Ein weiteres Beispiel: Aufgrund der „Cyclassics“ einigten sich der Wedeler TSV und Dassendorf im Vorfeld einvernehmlich auf eine Verlegung der Partie vom vierten Spieltag auf den 3.10. bzw. 31.10. Dieser Wunsch beider Klubs wurde mit der Begründung abgelehnt, dass sich beide Teams noch im Pokalwettbewerb befinden würden und an jenen Tagen entsprechende Spiele stattfinden sollen. Nun aber wurde das Aufeinandertreffen zwischen Concordia und Sasel genau auf diesen 31. Oktober gelegt, obwohl Cordi noch im Pokalwettbewerb vertreten ist. Wedel-Sportchef Franck Ockens findet dazu im „Hafo“-Forum überaus klare Worte: „So langsam wird es wirklich abenteuerlich, was auf einmal machbar ist, wenn man Futsal als Begründung angibt. Der HFV enteiert sich gerade so dermaßen, dass aus Kopfschütteln, Unverständnis, Fassungslosigkeit und Empörung so langsam nur noch Wutbürgertum bei den Fußballern hochkommt“, und fordert: „Lieber Bert Ehm und lieber Danny Zankl, tut uns allen einen Gefallen und hört auf, die Verlegungen zu beantragen, sondern sagt euren Futsalern, sie sollen Fußball spielen und unsere Liga nicht bis aufs Blut reizen.“

"Diese Aussagen verletzen die Spieler"

Stefan Winkel ist einer von drei Teutonen, die den Adler auf der Brust tragen. Foto: KBS-Picture

Danny Zankl entgegnet: „Man kann alle anderen Oberligaspieler fragen: Wenn sie die Chance hätten, die deutsche Nationalhymne zu hören – wie in Hamburg gegen England vor 5000 Zuschauern – würden sie lügen, wenn sie sagen: Nein, wollen wir nicht“, ist er sich sicher – und verrät, inwieweit es auch für die betreffenden Vereine zum Nachteil wird: „Mit der Abstellung fehlt mir der Spieler knapp eine Woche. Danach kann ich ihn erstmal in die Eistonne legen und nur mit viel Glück und guter Regeneration überhaupt im nächsten Spiel einsetzen. Dieser Umstand ist auch nicht glücklich.“ Dennoch bricht er eine Lanze für die Futsaler: „Dass Hamburg in den anderen Futsal-‚Hochburgen‘ wie Ulm, Schwerte oder wo auch immer eine geile Adresse ist, haben diese Jungs für Hamburg erarbeitet. Ich würde mir mehr Respekt diesen überragenden Futsal-Nationalspielern gegenüber wünschen. Wenn es einen nicht interessiert, dann sollte man den Mund halten – und nicht einen Spieler für dessen Freizeitaktivität verurteilen, denn der kann für das Reglement auch nichts. Dass sind Jungs, die spielen nicht für Geld, sondern für den Erfolg – und für die deutsche Nationalmannschaft. Soll ich ihm diese Chance wegnehmen oder verwehren? Mit Sicherheit nicht! Es sind Personen, die das abbekommen, die es nicht verdient haben. Diese Aussagen beschäftigen die Spieler und verletzen sie. Ich persönlich versuche ja, beide Seiten zu sehen und zu verstehen – und möchte nur sagen: Es muss andere Ansätze geben, um die Situation zu verbessern.“ In dem Punkt sind sich zumindest alle einig: Veränderungen müssen her – und das so schnell wie möglich. Die „wenigen Einzelfälle“, wie HFV-Pressesprecher Carsten Byernetzki vor Kurzem noch formulierte, sind es inzwischen nämlich längst nicht mehr. Denn selbst Teutonen-Coach Sören Titze sagt: „Langfristig muss es klare Regelungen vom HFV geben. Wir selbst können das nicht regeln.“ Abschließend betont Zankl: „Mir geht es darum, dass wir alle gemeinsam mit dem Verband eine Lösung finden. Wir wollen nicht gegen, sondern mit den anderen Vereinen daran arbeiten. Aktuell ist es so, wie es läuft, nicht zu vermeiden. Wir als TSV Sasel werden auch aus eigenen Stücken auf den Verband zugehen.“

Autor: Dennis Kormanjos