LOTTO-Pokal-Viertelfinale

Zum 75-jährigen Geburtstag: Der FC Alsterbrüder macht „den Traum wahr“!

11. März 2023, 19:58 Uhr

Der FC Alsterbrüder bejubelt Pokal-Geschichte: Durch den 3:1-Erfolg über den klassenhöheren HEBC steht man erstmals im Pokal-Halbfinale. Foto: Klaas Dierks

„Wir können den Anpfiff kaum erwarten. Auch wenn wir nur krasser Außenseiter sind“, blickte Jörn Großkopf dem Pokal-Aufeinandertreffen mit seiner „Ex-Liebe“ am Tag vor dem großen Showdown bereits voller Vorfreude entgegen. Als aktiver Spieler schaffte Großkopf im Sommer 1988 den Sprung vom HEBC zum „großen“ FC St. Pauli und absolvierte insgesamt 30 Bundesliga-Spiele für die Kiezkicker, ehe er zur Saison 2018/19 als Trainer an den Reinmüller zurückkehrte. Mittlerweile ist der 56-Jährige als Chefcoach beim benachbarten FC Alsterbrüder tätig, thront mit dem Landesliga-Aufsteiger an der Spitze der Hammonia-Staffel, kann vom Durchmarsch in Hamburgs Fußball-Beletage und von einem Duell mit „seinem“ HEBC träumen. Zur Realität wurde für die Alsterbrüder bereits der geschichtsrächtige und bis dato noch nie erreichte Einzug ins Pokal-Viertelfinale. Gegner am heimischen Walter-Wächter-Platz: Großkopfs ehemaliger Club von der gerade mal zwei Kilometer entfernten Tornquiststraße (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

Der Führungstreffer für die Alsterbrüder: Konrad Janta (li.) entwischt Erciyes Palo (re.) und schießt an Patrick Meins vorbei zum 1:0 für den "Underdog". Foto: Klaas Dierks

Er schloss den „Man of the Match“ in die Arme, stemmte ihn ungeahnte Höhen und rief ihm ins Ohr: „Heute werden wir richtig eskalieren!“ Jörn Großkopf hatte allen Grund zur Freude. Nicht nur das. „Ich bin total stolz auf die Mannschaft“, waren die ersten Worte, die der Fußball-Lehrer nach dem denkwürdigen Nachmittag auf dem Walter-Wächter Platz verlor. 


„Wir haben so viel investiert - und ich habe heute keinen Unterschied gesehen. Das war einfach verdient! Wir haben eine Körpersprache an den Tag gelegt, die sensationell geil war, haben zu den richtigen Zeitpunkten getroffen - und wir haben nicht gegen irgendwen gespielt. Die haben dieses Jahr fast alles gewonnen“, sprach der Chefcoach des FC Alsterbrüder auf die Sieges- und Pokalserie des HEBC an. Im Achtelfinale eliminierten die Lila-Weißen den Regionalligisten FC Eintracht Norderstedt nach einer überragenden Vorstellung.

"Konni" netzt doppelt - und bereitet vor

Konrad Janta (li.) bedankt sich bei Vorlagengeber Luca Drude (Mi.) - während Felix Hackstein irgendwas reklamiert. Foto: Klaas Dierks

Doch dieser Tag gehörte und gebührte ausschließlich dem klassischen „Underdog“ aus der Landesliga. Und damit zurück zum Matchwinner: Konrad Janta, der unter Anto Josipovic bei Eintracht Lokstedt eine enorme Entwicklung durchlief, sich beim SC Victoria erste Sporen in der höchsten Hamburger Spielkleasse verdiente und beim FCA an der Seite seiner Brüder Carl und Max einer der herausragenden Landesliga-Akteure ist.

Mitte der ersten Halbzeit brachte „Konni“ den Hammonia-Primus nach einem Chip-Ball von Luca Drude und einem Stellungsfehler von Erciyes Palo in Führung (22.). Das 2:0 bereitete er nach einem Zuspiel von Tim Algner mit einem herrlichen Steckpass auf den gerade mal 180 Sekunden auf dem Platz befindlichen Gian Luca Verago mustergültig und traumhaft mit dem ersten Kontakt vor (67.). Und auch in dem Moment, als der Oberligist durch Palo, der nach einer starken Rettungstat von Jannik Kretschmar gegen Hendrik Diekmann abstaubte (70.), wieder Morgenluft witterte, gab Janta dem Favoriten den Rest. Dieses Mal gab HEBC-Keeper Patrick Meins keine glückliche Figur ab, zögerte nach einem tiefen Ball von Verago auf Drude zu lange und wurde von diesem umkurvt. Die scharfe Hereingabe nagelte der 21-Jährige volley zur Entscheidung unters Gebälk (87.)!

"Ich glaube, ich bin noch nie so viel gelaufen"

Moritz Kühn (li.) kehrte am gestrigen Abend aus dem Urlaub zurück - und zeigte im Tor der Alsterbrüder mal wieder eine bärenstarke Leistung. Foto: Klaas Dierks

„Unglaublich - und sehr schwer, das jetzt in Worte zu fassen“, konnte Janta die famose Leistung seiner Mannen kaum glauben. „Wir haben wenig zugelassen und unsere Chancen eiskalt genutzt. So souverän hätte ich das nicht erwartet. Das war eine sehr starke Teamleistung“, schwärmte der Doppeltorschütze und Vorlagengeber - und gab mit einem Schmunzeln zu: „Ich glaube, so viel bin ich noch nie gelaufen.“

Selbst HEBC-Trainer Özden Kocadal musste eingestehen, dass man auf „einen Gegner getroffen ist, der uns heute den Schneid abgekauft hat“. Wie immer, brachte er das Geschehen fachlich, überaus souverän und fair klar zum Ausdruck: „Ich habe das Gefühl, dass der Druck und die Chance auf das Halbfinale, uns heute extrem gehemmt haben. Besonders in der ersten Halbzeit waren sie einfach griffiger in den Zweikämpfen und wollten es ein bisschen mehr. Das kenne ich von meiner Mannschaft so gar nicht. Denn eigentlich wollen wir immer mehr als der Gegner. Aber heute haben wir unsere PS nicht auf die Platte bekommenn. Da hat sich ein Gegner mit allem, was er hatte, gewehrt und wir sind nicht auf die 100 Prozent gekommen.“

"Eine bittere, aber unterm Strich verdiente Niederlage"

Joker Gian Luca Verago (li.), erzielte ein Tor und legte einen Treffer vor, und Keeper Moritz Kühn bejubeln den Pokal-Coup. Foto: Klaas Dierks

Man merkte den in der Liga zuletzt stark aufspielenden Reinmüller-Rackerern deutlich an, dass man „in so einem Spiel was zu verlieren“ hatte. Im Gegensatz zum Liga-Alltag, wo der HEBC oft die Rolle des FC Alsterbrüder an diesem nachmittag innehat. Aber: „Vom Einsatz lasse ich meine Truppe auch nicht kaputtreden. Man hat in den Augen und auch in der Handlung der Spieler gesehen, dass die Jungs wollten. Aber sie konnten sich irgendwie nicht durchsetzen. Das zeugt davon, dass in irgendeiner Art und Weise eine Handbremse drin war. Auch im Spielaufbau war viel mehr möglich. Wir haben es einfach nicht gut gemacht. Ich glaube, das lag ein bisschen daran, dass wir zu ängstlich waren. Es ist eine bittere, aber unterm Strich verdiente Niederlage!“

"75 Jahre FCA - Heute werden Wunder wahr"

Die Fans des FC Alsterbrüder bejubeln den geschichtsträchtigen Triumph ihrer Mannschaft zum 75. Geburtstag. Foto: Klaas Dierks

Sehr ehrliche und starke Worte von Kocadal im Moment der bitteren Niederlage und der verpassten Chance, in das Pokal-Halbfinale einzuziehen. „Auf geht's, Männer. Hungrig sein, unser Spiel“, pushte Tjorven Köhler sein Team noch unmittelbar vor dem Anpfiff. Ohne Erfolg. Am Ende stand ein denkwürdiger Erfolg für den FC Alsterbrüder und der erstmalige Einzug in ein Pokal-Halbfinale zu Buche. „75 Jahre FCA - Heute werden Wunder wahr“, trieben die Fans die Mannschaft schon vor der Partie zur geschichtsträchtigen Höchstleistung.

Großkopf abschließend: „Natürlich war das ein besonderes Spiel für mich. Ich spiele bei HEBC in den Senioren und mag alle - aber heute war das einfach hochverdient!“

Die Feierlichkeiten mit den Fans im Video - HIER:

Autor: Dennis Kormanjos