Oberliga 02

Kein Happyend bei von Appen-Abschied: Vicky gibt Zwei-Tore-Führung aus der Hand, weil Oblochs Joker stechen!

08. Oktober 2021, 23:17 Uhr

In seinem letzten Fußballspiel gelang Nil von Appen (re.) - hier im Duell mit Prince Hüttner - ein Assist. Zum Sieg reichte es trotz einer 2:0-Führung nicht. Foto: noveski.com

Er formte Daumen und Zeigefinger zu einem Herz und ließ eine anerkennende sowie dankbare Verbeugung folgen: Vor dem Spiel gegen Primus TuS Osdorf (alle Highlights im LIVE-Ticker zum Nachlesen) wurde Victorias Vize-Kapitän Nil von Appen mit rührenden Worten von Stadionsprecher Peter Kraft offiziell verabschiedet. „Aus beruflichen Gründen“ kehrt von Appen der Hansestadt den Rücken und nach Köln zurück. Der nächste Leistungsträger, der den kriselnden Mannen von der Hoheluft abhandenkommt…

Nach einer guten Viertelstunde brachte Kay-Fabian Adam (nicht im Bild) die Gäste vermeintlich in Front, der Assistent hatte jedoch die Fahne oben. Abseits! Nur wo? Foto: noveski.com

Doch bevor der 32-Jährige in Richtung Domstadt abwandert, wollte er sich noch einmal gebührend verabschieden. Und spätestens in der 62. Spielminute tat von Appen dies auch. Der Routinier sah im rechten Halbfeld, wie Pascal Eggert im Zentrum einlief, chippte den Ball perfekt getimt in die gefährliche Zone, wo Eggert an die Kugel kam und rechts unten einköpfte. Zum zweiten Mal war der bis zu diesem Zeitpunkt überragende Osdorfer Rückhalt Nick Schmidt geschlagen. Zuvor war es Magnus Hartwig, der dem Keeper nach einem Freistoß von André Monteiro Branco per Kopf das Nachsehen gab (50.).

TuS-Joker stechen, Vicky-Defensive sieht schlecht aus

Es schien so, als würde von Appen den perfekten Abschied bekommen. Zu überlegen war Vicky im zweiten Abschnitt. Doch dann kam es (mal wieder) ganz anders. Felix Schlumbohm hatte nach einem Eckball von Felix Spranger am zweiten Pfosten völlig freie Bahn und schädelte zum Anschluss ein (71.). Der Tabellenführer war zurück, weil die Ebbers-Elf pennte. Und das auch wenige Augenblicke später, als erneut Spranger mit einem langen „Diago“ tief aus der eigenen Hälfte die komplette Defensive der Hausherren aushebelte. Josip Dilber war auf und davon – und tunnelte Hendrik Rabe zum 2:2 (76.)! Das ging viel zu einfach – die Hintermannschaft des SCV gab dabei alles andere als eine gute Figur ab.

"Waren klar die bessere Mannschaft"

Magnus Hartwig (Mi.) bejubelt seinen Kopfball-Führungstreffer. Foto: noveski.com

„Wir haben alles in die Waagschale geworfen, waren klar die bessere Mannschaft – und dann ist man zweimal unaufmerksam“, haderte von Appen. „Die stehen nicht ohne Grund da oben, haben das Selbstvertrauen und nutzen genau diese zwei Situationen aus. Das darf uns so natürlich nicht passieren“, ärgerte er sich über die zwei Punktverluste in der Schlussphase, die er selbst nur noch von der Bank aus erlebte. In der 84. Spielminute fand seine Fußballer-Laufbahn ein Ende. Mehr dazu in der kommenden Woche.

"Vor dem 2:1 können wir schon 4:0 führen"

Doch zurück zum Spiel. Vicky-Innenverteidiger Yannick Siemsen war auch einige Zeit nach Ende der Begegnung noch aufgebracht und ärgerte sich über die zwei hergeschenkten Punkte. Sein Trainer sah die Partie hingegen aus einer anderen Perspektive – eher vor dem Hintergrund der zuletzt schwachen Vorstellungen: „Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung, die die Mannschaft über 89 Minuten gebracht hat. Wir hatten das Spiel über große Teile im Griff.“ Umso tiefer saß der Schmerz, dass man nur einen Zähler an der Hoheluft behielt. „Vor dem 2:1 können wir vielleicht sogar schon 3:0 oder sogar 4:0 führen. Aber so ist es dann halt. Da bist du einmal unaufmerksam und kriegst ein Tor nach einer Standardsituation. Wir sind ein bisschen enttäuscht, weil drei Punkte auf jeden Fall drin waren.“

"Wir haben es nicht seriös zu Ende gespielt"

Pascal Eggert (re.) nickt eine von Appen-Hereingabe zum 2:0 für Vicky in die Maschen. Foto: noveski.com

Dennoch hob Marius Ebbers die positiven Aspekte hervor – und davon gab es an jenem Abend einige: „Ich habe den Jungs gesagt: ‚Lasst uns das Ergebnis mal beiseiteschieben. Die Leistung, die ihr auf dem Platz gebracht habt, war richtig gut.‘ Darauf müssen wir aufbauen.“ Die Art der Gegentore – vor allem beim 2:2 – sei für ihn aber „tatsächlich auch sehr überraschend. Das sind Sachen, da reden wir tatsächlich oft drüber. Das darf natürlich nicht passieren. Aber ich will es gar nicht an einer Szene festmachen, sondern bin der Meinung, dass wir das Tempo hätten hochhalten müssen. Wir haben es nicht seriös zu Ende gespielt.“ Hinzu kam ein glänzend aufgelegter Nick Schmidt im TuS-Tor. „Der Junge hat natürlich den einen oder anderen Ball richtig gut gehalten“, musste auch der einstige Torjäger Ebbers neidlos anerkennen.

"Wir haben nach Lösungen gesucht - und lange keine gefunden"

Ohne jede Gegenwehr darf Felix Schlumbohm (li.) den Ball zum Anschlusstreffer einschädeln. Foto: noveski.com

Sein Gegenüber freute sich hingegen über die Reaktion seiner Equipe und über „einen definitiv gewonnen Punkt. Alles andere wäre Größenwahn“, resümierte Philipp Obloch. „Ich hatte riesigen Respekt vor dem großen Feld und der Qualität, die uns hier erwartet“, gestand er. „Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich am heutigen Morgen ein 2:2 unterschrieben hätte, weil wir natürlich schon versuchen wollten, zu gewinnen. Aber ich wusste, dass es eine mega schwere Aufgabe werden wird.“ Und das zeigte sich auch auf dem grünen Kunstgeläuf. „Wir sind nicht in gute Anlaufmomente reingekommen und haben über ganz weite Strecken des Spiels keinen Zugriff gekriegt. Insofern war der Rückstand folgerichtig und verdient. Vicky hat’s gut gelöst, wir haben nach Lösungen gesucht – und lange keine gefunden.“

"Wussten, dass Vicky einen gewissen Tabellendruck hat und dreifach punkten muss"

Josip Dilber in Feierlaune! Soeben hat der Joker der Gäste das 2:2 erzielt. Foto: noveski.com

Doch dann stachen zwei Joker, die Obloch während der zweiten Halbzeit ins Rennen warf. „Es ist natürlich gut, wenn man eine Bank hat, die Akzente setzen kann“, freute sich der TuS-Trainer über die Treffer der eingewechselten Schlumbohm und Dilber. „Fußball ist nun mal verrückt und schnell. Wir wussten, dass Vicky einen gewissen Tabellendruck hat und eigentlich dreifach punkten musste“, glaubte er auch nach dem 0:2 noch an die Wende, gab aber zugleich zu: „Es hätte auch anders ausgehen können.“ 


Stattdessen sorgte Schlumbohms Kopfball für die Aufholjagd. „Es gab einen gewissen Plan dahinter. Insofern war ich nicht überrascht, dass er da relativ frei war“, wollte Obloch jedoch nichts ins Detail gehen, wie der genaue Plan bei den Standardsituationen war. Und schließlich sorgte die Kombo Spranger/Dilber für den Punktgewinn. „Es ist natürlich überragend, dass es so schnell hintereinander ging“, freute sich Obloch über die Verteidigung der Tabellenspitze – und die weiterhin sieben Punkte Vorsprung auf einen nun Nil von Appen-losen SC Victoria.

Autor: Dennis Kormanjos

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