Regionalliga West

„Einen Elfmeter gegen Tigges zu halten – das sind Momente, die Laune machen!“

26. Mai 2021, 11:27 Uhr

Dennis Lohmann (li.) treibt seine Mannschaftskollegen aus dem Tor heraus an. Im Spiel gegen RW Ahlen (0:2) half es jedoch nichts. Foto: noveski.com

Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen, Preußen Münster, Rot-Weiß Oberhausen, Fortuna Köln, Wuppertaler SV oder Rot Weiss Ahlen: Diverse Traditionsvereine, die jahrelang im Profibereich unterwegs waren und inzwischen die Regionalliga West bereichern. Dazu kommen die Bundesliga-Nachwuchsteams von Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach, dem 1. FC Köln, Schalke 04 sowie Fortuna Düsseldorf. Und mittendrin: Ein Hamburger Jung. Seit Sommer 2020 steht Dennis Lohmann beim SV Bergisch Gladbach 09 zwischen den Pfosten. Mit seinem Team traf der ehemalige Keeper des FTSV Altenwerder, FC Süderelbe und SC Victoria am vergangenen Wochenende im ultimativen Kellerkick auf RW Ahlen. Die Partie gegen den direkten Rivalen ging mit 0:2 verloren, wodurch Lohmanns Equipe nun die „Rote Laterne“ innehat. Wir haben mit dem 30-jährigen Fänger über sein Abenteuer in Nordrhein-Westfalen, seinen neuen Club, die „ruhmreiche“ Regio West und eine mögliche Rückkehr in die Hansestadt gesprochen…

FussiFreunde: Natürlich müssen wir zunächst noch einmal auf das 0:2 im „Kellerduell“ gegen RW Ahlen zu sprechen kommen. Mit einigen Tagen Abstand: Wie fällt dein Fazit nach der Partie und dem Auftritt aus?

Im Sommer 2020 hat Lohmann seine Zelte beim West-Regionalligisten SV Bergisch Gladbach 09 aufgeschlagen. Foto: noveski.com

Dennis Lohmann: „Uns war im Vorfeld bewusst, dass wir mit einem erfolgreichen Spiel und mit drei Punkten im Gepäck einen riesengroßen Schritt in die richtige Richtung hätten machen können. Aber in den 90 Minuten ist uns das komplett flöten gegangen. Wir haben nichts von dem gezeigt, was wir uns unter der Woche vorgenommen und erarbeitet hatten. Die Trainingswoche war extrem stark, wir waren total fokussiert und hatten auch die Power und den spürbaren Willen, daheim gegen Ahlen zu bestehen. Aber mit dem Anpfiff war das alles wie verflogen. Wir waren ängstlich, haben unnötigerweise viel zu schnell zu viele lange Bälle gespielt und hatten wenig Mut im Spielaufbau, wodurch unsere Qualitäten, die wir auf jeden Fall haben, verloren gegangen sind. Und Ahlen hat uns - wie einige andere Gegner in dieser Saison auch schon - mit einfachsten Mitteln den Schneid abgekauft. Das ist keine Mannschaft, die fußballerisch überragt hat. Sie haben einfach viele Zweikämpfe, viele direkte Duelle und viele zweite Bälle gewonnen. Und das sind in so einem ‚Abstiegskrim‘' dann schon ausschlaggebende Punkte. Das 0:1 bekommen wir direkt nach der Pause mal wieder nach einem dummen Freistoß – das zieht sich wie ein Roter Faden durch die Saison, dass wir unnötige Fouls begehen in Situationen, in denen wir das gar nicht tun müssen. Für Ahlen waren das am Ende ‚Bigpoints‘, für uns geht‘s jetzt um die Wurst.“

Wie schätzt du nun die Ausgangslage im Schlussspurt ein?

Seit Ende des vergangenen Jahres ist Lohmann die feste Nummer eins bei Bergisch Gladbach. Foto: noveski.com

Lohmann: „Wir haben noch drei Spiele und müssen zusehen, dass wir das möglichst schnell aus den Köpfen kriegen. Es ist eigentlich schon nicht mehr fünf vor, sondern schon fünf nach Zwölf. Am Samstag geht‘s für uns nach Lippstadt. Die haben zuletzt richtig gute Ergebnisse eingefahren und sind jetzt so gut wie gerettet. Hinzu kommt, dass wohl wieder ein paar Zuschauer da sein dürfen und werden, so dass dort richtig Alarm sein wird. Und unser bester Torjäger Serhat Koruk wird mit der fünften Gelben Karte gesperrt fehlen. Wir werden uns also mächtig etwas einfallen lassen müssen.“

Kommen wir mal zu deiner generellen Situation: In den letzten Spielen – mit Ausnahme einer Rotsperre – bist du stets zum Einsatz gekommen. Wie siehst du deine Rolle innerhalb der Mannschaft?

Die 0:2-Pleite gegen Ahlen und den Sturz auf den letzten Tabellenplatz konnte auch Lohmann (li.) nicht verhindern. Hier das 0:2! Foto: noveski.com

Lohmann: „Das ist richtig. Mit Ausnahme der Roten Karte habe ich in diesem Kalenderjahr alle Spiele gemacht – auch im Pokal. Es läuft persönlich sehr gut. Ich habe mich hier bei Bergisch Gladbach sehr schnell eingefunden. Das ist eine menschlich und charakterlich homogene Truppe. Ein Haufen, der zusammen passt – deshalb macht es auch so viel Spaß. Ich durfte direkt im ersten Saisonspiel gegen Fortuna Köln starten. Im zweiten Spiel gegen Münster haben wir dann leider 0:4 verloren, ich sah bei einem Gegentor auch nicht so gut aus – und so kam es dann zum ersten Torwartwechsel. Die Absprache war im Grunde genommen aber ohnehin vor der Saison, dass mein Mitstreiter als Nummer eins in die Saison gehen sollte. Ich habe dann aber in der Vorbereitung schon ganz gut ‚performed‘. Im Spätsommer/Herbst ging es dann eine Zeit lang hin und her. Ab Anfang Dezember habe ich dann alle Spiele gemacht – und auch positives Feedback bekommen. Durch meine Erfahrung versuche ich, den Laden da hinten ganz ordentlich zusammen zu halten – und ich genieße das Vertrauen.“

Wie hast du dich in der neuen Stadt eingelebt?

Der Fokus vor dem "Kellerkick" war bei Lohmann (Mi.) und seinen Teamkameraden groß - die Ernüchterung nach 90 Minuten aber noch viel größer. Foto: noveski.com

Lohmann: „Ich habe mich – zusammen mit meiner Freundin, die schon etwas länger hier ist – in der Stadt Köln sehr gut eingelebt. Auch wenn es aufgrund von Corona eine schwere Zeit war, habe ich hier einen kleinen, coolen Freundeskreis gefunden. Aber natürlich ist es im Endeffekt ein anderes Jahr gewesen und geworden, als wir uns das vielleicht gedacht und vorgestellt hatten. Dennoch fühlen wir uns hier sehr wohl. Nichtsdestotrotz ist Hamburg für mich Heimat – und wird es auch immer sein. Allerdings ist Köln eine sehr offene Stadt mit netten und sympathischen Menschen. Insofern ist da alles cool.“

Wenn man sich die Regionalliga West einmal anschaut, dann sieht man schnell, dass dort jede Menge Traditionsvereine und Nachwuchsteams von Bundesligisten am Start sind. Wie ist das Niveau in der Liga – und wie ist es für dich, gegen solche Mannschaften und Spieler ran zu dürfen?

Mit starken Leistungen hat sich Lohmann als Stammkeeper beim West-Regionalligisten etabliert. Foto: noveski.com

Lohmann: „Das ist eine Frage, die ich aus dem Freundeskreis und aus dem familiären Umfeld oft gestellt bekomme. Es ist natürlich für jeden Amateurkicker – und da zähle ich mich dazu, obwohl die Regionalliga West natürlich schon etwas professionellere Strukturen hat – überragend, auf so einer Plattform und auf solch einer Ebene spielen zu dürfen. Gegen Traditionsvereine oder die diversen Nachwuchsleistungszentren von Bundesligisten, in coolen Stadien wie dem Tivoli in Aachen. Das sind Erfahrungen, die ich gesammelt habe, die mir so keiner mehr wegnimmt und die ich auch sehr zu schätzen weiß. Natürlich wäre das alles nochmal eine Schippe mehr gewesen, wenn man das Ganze unter normalen Bedingungen hätte absolvieren können. Deshalb ist da auch ein kleines weinendes Auge dabei – aber es überwiegt natürlich ganz klar der Stolz, mittlerweile Stammspieler einer Regionalliga-Mannschaft zu sein.“

… und gegen den einen oder anderen Spieler zu spielen, der inzwischen mit einem Profi-Vertrag ausgestattet ist…

Lohmann: „Ja, das stimmt. Wenn ich mich an Spiele wie gegen den BVB II erinnere, wo man Leuten wie Ansgar Knauff oder Steffen Tigges von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Beide sind inzwischen mit Profi-Verträgen ausgestattet. In dem Spiel durfte ich sogar einen selbst verursachten Elfmeter gegen Tigges halten. Das sind dann schon Momente, die machen auf jeden Fall Laune (lacht).“

Um nochmal auf eure sportliche Lage zu sprechen zu kommen: Ihr seid aktuell Tabellenletzter, habt aber noch drei Spiele zu gehen. Was stimmt dich optimistisch und positiv, dass ihr den Klassenerhalt noch schafft?

Ligaunabhängig hat der 30-jährige Schlussmann bereits für die nächste Saison in Bergisch Gladbach zugesagt. Foto: noveski.com

Lohmann: „Wir sind nach dem Spiel gegen Ahlen das erste Mal Tabellenletzter. Das ist schon sehr bitter, wenn man jetzt einen Blick auf die Tabelle wirft. Trotzdem haben wir noch drei Spiele und es auch noch ein Stück weit in der eigenen Hand, wo der Weg letztlich hinführen wird. Wir gehen das sehr professionell an und trainieren nahezu täglich. Am Donnerstag bekommen wir nochmal einen Tag für den Kopf frei. Am Freitag findet dann das Abschlusstraining statt, danach werden wir gemeinsam am Stadion Abendessen und dann nach Lippstadt ins Hotel aufbrechen. Am Samstag ist für uns dann wirklich entscheidend, in welche Richtung es geht. Wir können den Klassenerhalt noch schaffen – und ich bin weiterhin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen, weil wir die Qualität in der Mannschaft haben. Das konnten wir in vielen Spielen zeigen, als der Druck schon groß war – ob das bei Schalke 04 II im alten Parkstadion oder gegen den Bonner SC war. Aber wir müssen die Qualität natürlich auch zu 100 Prozent abrufen. Denn wenn man in dieser Liga nicht am Limit spielt, gerade in unserem Fall mit den doch begrenzten Mitteln, dann wirst du gnadenlos bestraft. Wir müssen Gas geben, werden die Woche über hart arbeiten und dann glaube ich daran, dass wir auch in der kommenden Serie Regionalliga-Fußball in Bergisch Gladbach sehen werden.“

Wie sieht deine Situation für die nächste Saison aus. Steht schon fest, ob du bleibst – oder wohin die Reise geht?

In der Regionalliga West trifft Lohmann (2. v. li.) mit seinem Team auf diverse Traditionsvereine und Bundesliga-Nachwuchsteams. Foto: noveski.com

Lohmann: „Ich habe in Bergisch Gladbach bereits verlängert. Ich hatte zwar einige Anfragen – sowohl aus Hamburg als auch aus der Region Nordrhein-Westfalen, womit ich eigentlich gar nicht gerechnet hätte. Aber die Regionalliga West ist irgendwo schon eine gewisse Plattform, wo man gesehen wird. Dennoch habe ich meine Zusage in Bergisch Gladbach gegeben – und das ligaunabhängig. Aber natürlich hoffe ich, dass wir die Klasse halten.“

Was macht den Verein SV Bergisch Gladbach 09 für dich aus?

Ein Jahr will Lohmann noch in Köln verbringen, ehe es ihn im Sommer 2022 zurück in die Heimat ziehen soll. Foto: noveski.com

Lohmann: „Ich wurde hier überragend aufgenommen. Es ist ein Verein mit für die Regionalliga beschränkten finanziellen Möglichkeiten, der daraus aber extrem viel macht. Da steckt so viel Herzblut drin und es sind so viele freiwillige Helfer dabei, die das Herz am rechten Fleck haben und den Verein richtig leben. Deswegen würde im Falle eines Abstieges, wovon ich nicht ausgehe, die Welt nicht untergehen. Es ist kein Kartenhaus, das dann in sich zusammenfällt, sondern ein stabiles Konstrukt. Es werden keine wilden Sachen gemacht, es wird immer mit Bedacht gearbeitet. Und es geht immer um Nachhaltigkeit, die Jugendarbeit ist immer ein Ziel. Für die kommende Saison haben wir schon zwei Jungs aus der A-Jugend eingebaut. Es ist wirklich ein gefestigter Verein – und ich bin sehr froh, dass ich dort gelandet bin.“

Abschließend muss natürlich die Frage zu deiner generellen Zukunft kommen: Wann können und werden wir dich in Hamburg zurück erwarten? Gibt‘s da schon einen konkreten Zeitplan?

Trotz der "Roten Laterne" ist Lohmann (re.) in den letzten drei Partien noch immer felsenfest vom Klassenerhalt überzeugt. Foto: noveski.com

Lohmann: „Ich bin aktuell noch dabei, mein Master-Studium durchzuziehen, was eigentlich Standort-unabhängig vonstattengehen würde, da es ein Fernstudium ist. Aber ich bin hier fest in meinem Job. Mit Blick auf 2022 ist schon die Idee da, zurück nach Hamburg zu kommen. Das steht und fällt aber auch ein bisschen mit dem Staatsexamen meiner Freundin. Nichtsdestotrotz ist mein Wunsch, dann zurückzukommen. Denn ich habe Freunde und Familie in Hamburg – und nächstes Jahr wäre ich zweieinhalb Jahre hier gewesen. Dann kann es zurück in die Heimat gehen. Und sicherlich würde es dann auch fußballerisch dort weitergehen. Da gibt es noch keine konkreten Ideen. Ich hätte aber Bock, mit maximalem Erfolg weiter zu zocken.“

Autor: Dennis Kormanjos