Oberliga

25-minütige Unterbrechung nach Wilke-Schock: Bramfeld beendet Buchholz-Lauf

17. Oktober 2020, 21:14 Uhr

Philipp Wilke (li.) riskiert Kopf und Kragen, kommt gegen Kilian Oelrich zu spät, bekommt dessen Knie an den Kopf und musste mit dem Krankenwagen abtransportiert werden. Foto: noveski.com

Vielerorts wird von der schönsten Nebensache der Welt gesprochen. Dass der Fußball aber eben auch nicht mehr als eine reine Nebensache ist, wurde am späten Samstagnachmittag an der Ellernreihe überdeutlich. Es waren nicht einmal 240 Sekunden zwischen dem Bramfelder SV und dem TSV Buchholz 08 gespielt (alle Highlights im LIVE-Ticker), als Gäste-Keeper Philipp Wilke den allein auf ihn zueilenden Kilian Oelrich am Einschluss hindern wollte und dabei Kopf und Kragen riskierte. Wilke kam einen Schritt zu spät, Oelrich legte den Ball am Schlussmann vorbei und wurde dann von diesem zu Fall gebracht. Elfmeter. So weit, so gut. Doch jene Szene hatte noch ein ganz böses Nachspiel...

Dennis Facklam ließ sich von der langen Unterbrechung nicht beirren und verwandelte den Elfmeter zur Führung ganz sicher. Foto: noveski.com

Denn: Wilke blieb, so schien es zunächst, regungslos am Boden liegen, musste später sogar ärztlich untersucht und mit dem Krankenwagen abtransportiert werden. Die Partie war für gut 25 Minuten unterbrochen. Der Grund: Beim Rettungsversuch bekam der Torsteher der Nordheider das Knie von Oelrich ganz unglücklich an die Schläfe und ans Jochbein, musste lange behandelt werden. „Er war ansprechbar und sagte, er hätte das Knie abbekommen. Alles andere werden wir hoffentlich gleich erfahren“, konnte sein Trainer Nabil Toumi direkt nach Spielende noch keine Diagnose oder gar Entwarnung geben. Auch Bramfeld-Coach Carsten Henning blickte mit leicht sorgenvoller Miene drein: „Gerade dann, wenn es sich um eine Kopfverletzung handelt. Das wünscht man natürlich keinem Spieler“, so der Übungsleiter, der gerade erst aus dem Urlaub zurück war und die Geschicke in der zurückliegenden Trainingswoche seinem Trainer-Partner Mirko Schulz überließ, ehe er ohne Umschweife anfügte: „Wir wünschen gute Besserung!“ Dem schließen wir uns natürlich nahtlos an!

Facklam bleibt cool, Bouveron erhöht

Raoul Bouveron (li.) löst sich von Maximilian Fischer und trifft von der Sechzehnergrenze zum 2:0 ins lange Eck. Foto: noveski.com

Dennis Facklam trotzte der langen Unterbrechung und dem Schock, der allen Beteiligten sowie sämtlichen Zuschauern ins Gesicht geschrieben stand, und verwandelte den aus Wilkes verunglückter Klärungsaktion resultierenden Elfmeter gegen den nun zwischen den Pfosten stehenden Andre Hahn ganz souverän und abgezockt (29.). „Für den Schützen ist es in der Situation schwierig, die Spannung hochzuhalten. Auf der anderen Seite war der Torwart auch kalt“, befand Henning. Dass die 08er in der Folge noch von der Rolle wirkten und mit den Köpfen bei ihrem schwer verletzten Torhüter waren, nutzte der BSV auf rein sportlicher Ebene gnadenlos aus. Nikolaos Christodoulos bediente in einer Umschaltaktion den Tempo aufnehmenden Raoul Bouveron. Unter Bedrängnis von Maximilian Fischer schloss der Angreifer aus 16 Metern per Flachschuss ins linke Toreck zum 2:0 ab (37.). Der BSV war weiter obenauf, hätte nach Fischers „Bodycheck“, der nur dem Körper von Bouveron galt, einen weiteren Strafstoß bekommen können (45. +18). Stattdessen lief sich der TSV den Schreck aus den Knochen und kam mit dem Pausenpfiff zum Anschluss: Über Milaim Buzhala und Dejan Sekac, der präzise flankte, kam das Leder im Zentrum zu Luca Wiechers, der das Leder zusammen mit Niklas Jonas‘ Schienbein und dem rettungsfreudigen Lennard Bahn über die Linie wurschtelte (45. +25).

Bramfeld schaltet um, Buchholz antwortet - "Erleichterung" an der Ellernreihe "riesengroß"

Freude bei Raoul Bouveron (re.) auf der einen, Frust bei Jakob Schulz auf der anderen Seite. Foto: noveski.com

Die Toumi-Truppe ging mit einem moralischen Hoch in die Kabine, wurde aber unmittelbar nach Wiederanpfiff ganz kalt erwischt. Einen blitzsauber vorgetragenen Konter über „Balleroberer“ Marten Köhler, Facklam und Bouveron krönte Oelrich mit dem 3:1 (47.). Aber: Buchholz gab keineswegs klein bei. Kapitän Buzhala brachte die Hoffnung zurück und verkürzte abermals (55.), ehe Jonas‘ von Mensah abgefälschter Schuss auf die Latte tropfte (62.). Es ging nun hin und her. Auf der anderen Seite verfehlte Oelrich das Ziel nur um Zentimeter, weil Hahn zwar unsicher wirkte, aber noch die Hand dran bekam (73.). Als Referee Ben Henry Uhrig nach knapp dreiminütiger Nachspielzeit seine Pfeife betätigte, war die Freude beim BSV riesengroß. Genauso wie „die Erleichterung, die man nach Schlusspfiff gesehen hat, dass wir endlich mal einen Sieg eingefahren haben“, resümierte Henning.

"Es war nichts Überraschendes, genau darüber haben wir gesprochen"

Dennis Facklam schreit seine Freude heraus. Foto: noveski.com

Er habe „ein sehr interessantes Oberligaspiel“ und einige positive Aspekte bei seinen Schützlingen gesehen: „Wir haben das Spiel nie abreißen lassen, immer dagegen gehalten, verdient die Tore gemacht – und im Endeffekt auch verdient gewonnen, weil wir bissiger und aggressiver waren.“ Wenn man die vorhandenen Möglichkeiten „noch besser ausgespielt“ hätte, „hätten wir nicht so viel Spannung reinbringen müssen“, konstatierte Henning – und betitelte die Gegentore als „Leichtsinns-Fehler“. Aber: „Heute wollen wir mal nicht meckern!“ Sein Gegenüber ärgerte sich vor allem über jene Tatsache, dass man es „dem Gegner zu leicht gemacht hat, zu Torchancen zu kommen. Das waren alles Umschaltaktionen. Ich kann mich an keine Situation erinnern, dir wirklich herausgespielt war gegen einen Block“, so Toumi, der es gerade deshalb „sehr schade“ fand, da es „nichts Überraschendes war, sondern genau darüber haben wir vorher gesprochen. Und dann ist es natürlich bitter, drei Tore auf diese Art und Weise zu kriegen.“

"Heute sind wir überhaupt nicht ins Spiel gekommen"

Kilian Oelrich (3. v. re.) bejubelt seinen Treffer zum 3:1 unmittelbar nach der Pause. Foto: noveski.com

Dass es mit der frühen Verletzung von Keeper Wilke zusammenhing, dass seine Mannen nicht das Leistungsniveau der letzten Wochen abriefen und erstmals in dieser Saison als Verlierer vom Platz gingen, sei „schwer zu sagen und spekulativ“. Vielmehr sah Toumi, dass „die Spannung schon vorher nicht da war“, was er mit der Entstehung zu jenem Elfmeter dokumentierte: „Der Ball ist in der Luft, zwei Leute sind in direkter Ballnähe, aber keiner geht ins Gegenpressing. Dadurch entsteht die Situation. Heute sind wir überhaupt nicht ins Spiel gekommen.“ Natürlich habe der Schock um den Schlussmann mit reingespielt. „Aber ich glaube, es war die fehlende Spannung schon davor.“ Und weiter: „Bramfeld hat es sich über die Umschaltaktionen verdient. Für uns muss einfach klar sein, dass wir versuchen müssen, in jedem Spiel an die Leistungsgrenze zu gehen.“

Oelrich mit toller Geste

Kurz vor Ultimo guckte der starke Bramfelder Keeper Sebastian Kalk einen Schlenzer am Knick vorbei. Foto: noveski.com

An die Grenze ging auch Philipp Wilke, dessen Verletzung selbst einige Zeit nach Spielschluss noch Gesprächsthema war. Auch bei Kilian Oelrich, der zur Buchholzer Kabine marschierte, sich nach dem Gesundheitszustand erkundigte und die Nummer des 29-Jährigen geben ließ. Eine tolle Geste!

Autor: Dennis Kormanjos

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