Oberliga/Interview

„Mit 50 Prozent neuen Spielern kannst du nicht sofort so toll spielen wie mit der alten Truppe – das ist ein Wunschgedanke“

21. September 2020, 14:21 Uhr

Nächster Step in der Entwicklung: Dassendorf-Coach Jean-Pierre Richter geht als A-Lizenz-Inhaber in die Saison. Foto: KBS-Picture.de

In der abgebrochenen Corona-Saison 2019/2020 stand er mit der TuS Dassendorf an der Spitze der Oberliga, am ersten Spieltag feierte er mit dem Club vom Wendelweg einen 2:1-Erfolg gegen den FC Union Tornesch – und seit der vergangenen Woche ist Jean-Pierre Richter offiziell auch Inhaber der Trainer-A-Lizenz, absolvierte den entsprechenden Lehrgang in der Sportschule Hennef in den letzten Wochen mit Bravour. „Und 20 Kilo hab' ich seit März auch noch abgenommen“, scherzt „JPR“, der humorvoll von „vier brutalen Bausteinen“ in der zurückliegenden Zeit spricht. Wir haben den Dassendorf-Coach zum Interview über seine neue Lizenz, den Saisonstart, den Umbruch im Kader und die Ziele der TuS gebeten.

Erstmal unseren herzlichem Glückwunsch, „Jonny“. Wie fühlt sich das an, jetzt A-Lizenz-Inhaber zu sein?

Jean-Pierre Richter: Meine B-Lizenz hatte ich ja schon seit 2011, zuletzt hatte ich vor der A-Lizenz auch die DFB-Elite-Lizenz erworben. Jetz bin ich mit der A-Lizenz quasi unterhalb des Fußball-Lehrers angelangt, was in Deutschland ja die höchste Lizenz ist, die du als Coach in der Trainer-Ausbildung machen kannst. Ich glaube, dass ich jetzt die A-Lizenz habe, ist für die eigene Fort- und Ausbildung noch einmal ein weiterer, nächster Step und toll fürs Portfolio. Ich persönlich bin stolz darauf, dass ich diese Lizenz geschafft habe, dass ich mich damit im Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) mit anderen Coaches austauschen und weiterentwickeln zu können. Aber das ist etwas ganz Normales. Ich bin durch die A-Lizenz jetzt kein anderer Mensch geworden... (lacht)

Was nimmt man aus so einem Lehrgang außer dem Zertifikat am Ende mit? Schließlich trifft man dort ja auch auf Ex-Profis und Trainer aus noch höheren Gefilden als aus der Oberliga...

Richter hat für die Spielzeit 2020/2021 genaue Ziele im Blick: Weitere Entwicklungsschritte mit der neuformierten Mannschaft machen und Qualität auf den Platz bringen. Foto: KBS-Picture.de

Richter: Das ist richtig. Das Networking mit den anderen ist sehr wichtig. Wir hatten in unserem Lehrgang vom Bundesliga-Co-Trainer wie Michael Falkenmayer von Mainz 05 über Ex-Profis wie Alexander Ludwig (früher unter anderem Hertha BSC, Anm. d. Red.) bis hin zu Chefs aus den Nachwuchsleistungs-Zentren der Profi-Vereine bis zum Amateurtrainer alles dabei. In der Zeit ist sicher auch die eine oder andere Freundschaft untereinander entstanden. Ich hoffe, dass es uns jetzt gelingt, in der Zukunft auch nach dem Lehrgang jetzt eng in Kontakt zu bleiben. Durch die beiden Ausbilder Markus Reiter und Rolf Peter, die richtig gute Fußball-Wissensvermittler sind, haben wir viele neue Impulse bekommen – sei es mannschafts- oder spieltaktisch, ernährungsspezifisch oder auch in Sachen Sportpsychologie.

Du sprichst es selbst an: Oberhalb der A-Lizenz gibt’s noch den Fußball-Lehrer. Steht der auch noch auf deiner Agenda für die Zukunft?

Richter: Vor zwei Jahren hatte ich noch die B-Lizenz – die hat für die Oberliga gereicht, Jetzt mit der A-Lizenz könnte ich auch auf eine andere Ebene gehen. Für mich war vor diesem Lehrgang wichtig: Ist das noch das, was ich kann und möchte? Kann ich den großen Informations-Fluss bewerkstelligen und aufnehmen? Lerne ich dazu? Was den Fußball-Lehrer angeht, mache ich mir keine weiteren Gedanken. Diesen Lehrgang absolvieren zu können, ist von so vielen Faktoren abhängig, die man zum Teil nicht mal selbst beeinflussen kann. Ich freue mich viel mehr über die Unterstützung, die ich während des Lehrgangs vom Verein bekommen habe, und den Zuspruch, der mich jetzt nach dem Bestehen erreicht. Ich bin froh, dass ich dieses Kapitel vorm Saisonstart erfolgreich abgeschlossen habe.

Stichwort Saisonstart: Wie beurteilst du euren Auftakt gegen Tornesch? War das 2:1 gut, geht’s noch besser?

TuS-Trainer Richter (hintere Reihe, Mitte) mit seinen acht Neuzugängen, die im Sommer an den Wendelweg wechselten. Foto: Bode

Richter: Man kann immer noch besser werden, sonst wären wir nicht am richtigen Platz. Wir haben am ersten Spieltag unsere Partie gewonnen – das ist anderen Vereinen, die in der vergangenen Saison pben mitgespielt haben, nicht gelungen. Ich glaube, auf uns alle hat eine große Unklarheit gewartet, nachdem wir sechs Monate lang kein Pflichtspiel in der Oberliga absolviert haben. Zu Beginn waren wir zu ungeduldig, die Abstimmung innerhalb des Teams war nicht so, wie sie wäre, wenn wir fünf oder sechs Monate im Spielbetrieb gewesen wären. Die lange pause hat es etwas komolizierter gemacht. Aber die Mannschaft hat sich insgesamt als Einheit präsentiert – obwohl wir eine ziemlich neuformierte Truppe haben. Es dürfte jedem klar sein: Mit 50 Prozent neuen Spielern kannst du nicht sofort so toll spielen wie mit der alten Truppe – das ist ein Wunschgedanke. Unser Weg ist klar: Wir wollen weitere Entwicklungs-Schritte machen. Es gab einige Spieler, die nach der vergangenen Saison gehen wollten, wir haben gezielt neue Jungs verpflichtet so wie zum Beispiel Dennis Bergmann, Tom Muhlack oder Eyke Kleine, die am vergangenen Wochenende eine gute Leistung gezeigt haben. Jede Mannschaft ist von Führungsspielern und Leistungsträgern abhängig, davon sind einige bei uns gegangen – aber wir haben auch mit den Neuen Potenzial und Hunger auf Erfolge haben. Dass wir jetzt noch nicht so weit sind, wie wenn wir vier, fünf oder sechs Wochen Wettkampf-Praxis hätten, ist logisch. Das geht aber allein Mannschaften so.

Wenn du die anderen Teams schon ansprichst: Mit welchem Ziel geht ihr in die Saison, von welchen Mannschaften droht euch die größte Konkurrenz?

Richter: In den letzten Jahren war es so, dass man eine hohe Beständigkeit hatte, welche Mannschaften zum Favoritenkreis gezählt haben. Aber da hatten wir auch einen anderen Modus. In dieser Saison hast du 18 Freundschaftsspiele, ehe es in die Meister- oder Abstiegsrunde geht. Das ist eine besondere Herausforderung. Es wird sehr viel in den letzten Spielen entschieden statt konstant über eine gesamte Saison. Zwar stehen in der neuen Spielzeit Mannschaften wie Teutonia 05 nicht mehr in der Staffel, aber es gibt auf der anderen Seite auch Teams, die in der Lage sind, oben mitzuspielen, das so kommuniziert und sich auch entsoprechend gezielt verstärkt haben. Es gab viele Spielerwechsel, durch die lange Pause und die verlängerten Transfermöglichkeiten wird es am Ende vielleicht insgesamt auch mehr Wechsel geben. Die Spitze der Oberliga hat an Quantität hinzugewonnen – das ist ein spannender Prozess, in dem wir unsere Qualität auf den Platz bekommen wollen. Dazu werden wir die gesamte Spielzeit über alles tun. Wir haben gute Möglichkeiten, eine strukturierte und leistungsorientierte Mannschaft, mit der es Spaß macht, zusammenzuarbeiten.