Autobiografie

Block im Interview: „Mein Weg vom Hooligan zum DFB-Ehrenamtspreis“

23. Juni 2020, 15:44 Uhr

Foto: Buchcover

Seit Jahren ist Olaf Block nun schon ehrenamtlich im Hamburger Amateurfußball tätig. Inzwischen fungiert er als Zweiter Vorsitzender sowie Fußball-Obmann beim Kreisligisten FC Veddel United, war aber auch schon zuvor unter anderem als Betreuer beim höherklassigen Klub Kosova engagiert. Nun hat Block seine Autobiografie veröffentlicht – und die trägt den Titel: „Mein Weg vom Hooligan zum DFB-Ehrenamtspreis“ Darin geht es, wie der Titel schon besagt, auch darum, wie Block einst zum Fußball-Hooligan mit reichlich Straftaten wurde, unter starken Depressionen litt, aber letztendlich den Absprung schaffte und den Weg zum DFB-Ehrenamtspreis ebnete. Mit dem Buch-Erlös möchte Block Gutes tun – und sagt: „Ich will damit keinen Gewinn erwirtschaften, sondern werde 50 Prozent an die Robert-Enke-Stiftung und die anderen 50 Prozent an das Kinderhospiz Sternenbrücke spenden.“

Für all Diejenigen, die Interesse an dem Werk haben, kann das Buch unter folgender Mail-Adresse bestellt werden: olafblock-hamburg-mitte@gmx.de. Zuvor haben wir jedoch mit Olaf Block gesprochen…

FussiFreunde: Fangen wir mal mit der Frage aller Fragen an: Wie wird man überhaupt zum „Hooligan“?

Olaf Block: „Das ist schwer zu sagen, finde ich, da jeder aus der Hooligan-Szene wohl einen anderen Bewegrund für sich gefunden hat. Bei mir war es einfach so, dass ich durch das Umfeld der Ultras mit reingerutscht bin. Ich wollte einfach dazu gehören, meine Macht und Stärke zu zeigen. Ich wollte mich beweisen.“

Was hat dir in der Kinder- oder Jugendzeit gefehlt, was du in dieser „Szene“ bekommen hast?

Schonungslos offen spricht Olaf Block in seinem Buch über seine Vergangenheit. Archivbild: Klub Kosova

Block: „Ganz einfach: Ich wollte die Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit, die ich als Kind nicht bekommen habe. Ich wollte mich schon als Kleinkind beweisen und wuchs zusammen mit fünf Cousins auf. Wenn man sich da nicht zur Wehr setzt, ist man halt der Schwächste im Glied – und das war bei mir so. So baute ich schon als Kind sehr viel Blödsinn zu Hause und im Jugendfußball. Dadurch bekommt man ja auch Aufmerksamkeit – zwar keine positive, aber immerhin Aufmerksamkeit. In der Szene war es dann ganz anders. Je doller ich zuschlug und randalierte, umso mehr Aufmerksamkeit bekam ich innerhalb der Gruppe und fühlte mich so wichtig und wohl.“

Bei dir hat alles im Emsland – genauer gesagt in Meppen – begonnen. Erzähle mal kurz von den Anfängen und wie man da reingerät?

Block: „Ich glaube, meine Onkels waren es damals, die mich zum Heimspiel des SV Meppen mitgenommen hatten. Am Anfang fuhr ich nur mit, um mir mein Taschengeld durch das Sammeln von Pfandbechern aufzubessern. Irgendwann interessierte ich mich dann aber auch für den Fußball. Mein Pfandgeld legte ich dann ab und an gleich in Bier an und lernte die ersten Ultras kennen. So kam es dann auch, dass ich die ersten Hooligans kennengelernt habe.“ 

Über welch einen Zeitraum und wie tief hast du in der Hooligan-Szene drin gesteckt?

Block: „Mit 14, 15 Jahren bin ich zum Fußball gekommen. Das war 1986. Je älter ich wurde, desto mehr beschäftigte ich mich nur noch mit dem Fußball am Wochenende. Ich war von freitags bis sonntags unterwegs. Egal, ob Meppen nun spielte oder nicht – es ging einfach zum Fußball und zur Randale und Schlägereien bei anderen Bundesliga- oder Regionalliga-Spielen. Von Meppen aus war es ein Katzensprung ins Ruhrgebiet. Preußen Münster, Eintracht Braunschweig, Osnabrück, Bochum, Bielefeld, Schalke, Rot-Weiß Essen – das waren immer mal die Ziele für Randale, wenn Meppen nicht spielte. Meine intensivste Zeit war von 1992 bis 1996, als ich bei der Bundeswehr war. Da ging es für mich auch häufiger zu Ajax Amsterdam.“

Was war in der Zeit das Härteste, was du durch- und mitgemacht hast?

Block: „Das ist schwer zu sagen, bei so vielen verschiedenen Straftaten, die in der Zeit begangen habe. Aber ich glaube, das Schlimmste, was ich mit gemacht habe, war ein Steineangriff auf einen Zug. Durchgemacht habe ich viel in den letzten Jahren. Wie heißt es so schön? Je älter man wird, desto vernünftiger wird man. Irgendwann kamen einfach die Schuldgefühle auf, die sich bei mir in Depressionen und Borderline (Eine Persönlichkeitsstörung, die bei Betroffenen zu häufigen, extremen Stimmungsschwankungen, einem impulsiven Verhalten, oder Selbstverletzungen führen – und dazu, dass das Leben wie eine unkontrollierbare Achterbahnfahrt ist; Anm d. Red.) widerspiegelten.“

Wenn man da so tief drin steckt, wie genau schafft man den Absprung?

Aktuell ist Block als Zweiter Vorsitzender und Fußball-Obmann beim FC Veddel United tätig. Foto: Verein

Block: „Das ist tatsächlich ganz schwer zu sagen oder zu erklären. Das muss jeder für sich herausfinden.“

Was hat denn bei dir dazu geführt, dass du für dich gesagt hast: Jetzt ist Schluss?

Block: „Eine dreimonatige Haftstrafe, meine Erkrankung an Borderline – und natürlich mein Umzug aus meiner Heimatstadt und weit weg von meinem alten Umfeld. Hinzu kommen dann noch viele verschiedene ehrenamtliche Arbeiten in verschiedenen Bereichen.“

Nun führst du ein ganz anderes Leben – fernab von Gewalt, sondern machst eigentlich genau das Gegenteil: Wie glücklich und zufrieden bist du mit der Art des Lebens?

Block: „Das stimmt! Ich mache nun genau das Gegenteil und bin trotzdem beim Fußball geblieben. Dass ich wirklich glücklich bin, kann ich gar nicht so wirklich sagen, da ich durch den ganzen Scheiß, den ich früher gemacht habe, einfach krank vom Fußball, der Bundeswehr und der Rettungshundestaffel geworden bin. Aber ich bin zufrieden mit dem, was ich die letzten Jahre gemacht habe. Ich kann von mir, so glaube ich, behaupten, dass ich einigen Jugendlichen immer wieder im Vertrauen ge- und bestärkt habe und auch für sie da war, als sie mal Mist gebaut haben. Ich habe die letzten 20 Jahre auf Hamburger Sportplätzen verbracht und Gutes getan: Einerseits, um die Jugendarbeit voranzutreiben, und zum anderen, weil ich etwas gut zu machen habe. Das heißt aber auch, dass ich mich nicht mehr ausnutzen lasse im Fußball, nur weil ich immer alles für andere gemacht habe. Durch den ehrenamtlichen Fußball habe ich viele Bekannte kennen- und lieben gelernt. Und ich hoffe, dass sie es auch noch nach meiner Buchveröffentlichung bleiben und sich nicht von mir abwenden für das, was ich getan habe. Ich stehe zu meiner Vergangenheit und mache es mit meinem Buch auch öffentlich, weil ich eben dazu stehe, aber natürlich auch ein wenig Angst vor der Reaktion meiner Bekannten habe.“

Autor: Dennis Kormanjos