Corona-Krise

Saisonabbruch, Saisonverlängerung, Verträge: Wie sieht's eigentlich juristisch aus?

27. März 2020, 17:41 Uhr

Foto: timelash.de

Die Stilllegung des Spielbetriebs durch die Corona-Krise sorgt nicht nur im Profi- sondern auch im Amateurbereich neben dem Abwarten, ob die Spielzeit 2019/20 fortgesetzt wird, für weitere Fragezeichen: Was ist, wenn die Saison sich verlängert? Wie sieht es aus, wenn sie abgebrochen wird? Was passiert, wenn einem Verein der Aufstieg aufgrund eines Abbruchs entgeht oder der Abstieg ereilt? Wie verhält es sich mit Spielerverträgen im Falle einer Saisonverlängerung? Wir haben mit Sven Piel, dem Ex-Manager des SC Victoria, der bei der Hamburger Sportrechtskanzlei „von appen I jens legal“ als Anwalt tätig ist und dem Ex-Amateurkicker Kolja Hein (früher VfB Lübeck und NTSV Strand 08), der jetzt als Anwalt in seiner eigenen „Hein Rechtsanwaltskanzlei“ arbeitet, versucht, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

Stichwort Einnahmeausfälle

Wie stünden die Chancen für Clubs, Entschädigungen einfordern zu können, wenn ihnen beim Abbruch einer Saison durch die Spielausfälle auf Sicht Einnahmen verloren gehen? „Ich glaube, dass diese Frage im Profibereich präsenter als im Amateurfußball ist. Einem Profiverein brechen bei den Zuschauerzahlen oder Fernsehgeldern mehr Einnahmen weg als einem Oberligisten, wo grob gesagt 100, 200 oder 300 Zuschauer zu den Heimspielen kommen“, befindet Piel, „Das ist natürlich ärgerlich, aber ich gehe davon aus, dass das Ausbleiben von Einnahmen allein bei einem Amateurfußball-Verein nicht zu einem sofortigen Zusammenbruch führt, wenn man in der Zeit zuvor seriös gewirtschaftet hat“, fügt er hinzu.

Stichwort Pleite/Insolvenz

Wie verhält es sich, wenn ein Amateurverein aufgrund der Corona-Krise pleite geht – sei es durch Wegfall von Zahlungen betroffener Sponsoren oder Mitgliedern, die ihre Beiträge nicht mehr zahlen. Müsste er direkt Insolvenz anmelden? Oder gibt es derzeit aufgrund der Corona-Krise gelockerte Bedingungen? „Die Insolvenzantragspflicht wurde gelockert und erst einmal bis zum 30. September 2020 ausgesetzt“, erklärt Kolja Hein und ergänzt: „Der Club muss jedoch vorher alles Mögliche machen, um die Insolvenz abzuwenden. Der 30. September ist der letzte Tag – aber auch nur für Vereine, die aufgrund der Corona-Krise wirtschaftlich in Schieflage geraten sind.“

Stichwort Laufzeit von Spielerverträgen

Sven Piel von der in Hamburg ansässigen Sportrechtskanzlei „von appen I jens legal“ Foto: von appen I jens legal

Wie verhält es sich mit Amateurspielern, deren Verträge am 30. Juni enden, wenn die Saison eventuell verlängert wird? Dürfen diese Spieler dann noch für ihre Vereine spielen? Beziehungsweise kann ein Verein darauf bestehen, dass die Spieler dies tun müssen? Dies ist die wohl am meisten diskutierte Frage – und auch die, bei der sowohl Piel als auch Hein in ihrer Sicht der Dinge weit ausholen, um die Lage zu bewerten und zu erklären. „Es gibt in der Betrachtungsweise zwei Aspekte: den arbeitsvertraglichen und den verbandsrechtlichen“, macht Piel zunächst einmal deutlich. „In den Lizenzspielerverträgen der Profis ist immer eine Laufzeit bis zum 30. Juni geregelt. Ähnlich wird das in den meisten Arbeitsverträgen der sogenannten Vertragsamateure sein, die in der Oberliga Hamburg häufig geschlossen werden. Im Amateurfußball ist das nicht ganz so hart und trennscharf geregelt. Dort kann man davon ausgehen, dass die Parteien eine – meist mündlich geschlossene – Vereinbarung bis zum Ende der Saison haben. Das kann im Mai, aber auch im August sein. Rein verbandsrechtlich wird eine Spielerlaubnis vom 1. Juli des einen bis zum 30. Juni des nächsten Jahres erteilt, da dies an das Transferfenster gebunden ist.“ 


Nach Ansicht Piels sei es am logischsten, dass im Falle einer Saisonverlängerung „auch die Transferfenster von den Verbänden verschoben werden.“ Soll heißen: Dass das Wechselfenster eben nicht vom 1. Juli bis zum 31. August, sondern beispielsweise vom 1. August bis zum 30. September andauert. „Bei den Profis verhält es sich zudem so, dass Bedingung für die Wirksamkeit des Lizenzspielervertrags die Erteilung der Spielgenehmigung ist, welche im Normalfall ab dem 1. Juli erteilt wird. Wenn die Transferperiode erst am 1. August beginnt, würde erst dann die Spielerlaubnis erteilt werden und somit auch in dem Moment erst der Arbeitsvertrag beim neuen Club wirksam werden“, sagt Piel und ergänzt, „die Verschiebung der Transferperiode ist ein realistisches (und sinnvolles) Szenario, sollte die Saison über den 30. Juni 2020 hinaus gespielt werden müssen.“ Doch nochmal auf die Verträge bei den Amateuren speziell geblickt: „Wenn nichts ausdrücklich in einem Vertrag fixiert ist, muss ausgelegt werden, was die Parteien grundsätzlich vereinbaren wollten. Dieses wird im Amateurbereich regelmäßig die Vereinbarung sein, dass der Spieler die komplette Saison für den Verein spielt und zwar unabhängig davon, an welchem Tag diese endet“, so Piel. Hein vertritt die Ansicht, dass „man nicht pauschal sagen kann: Wenn eine Saison sich verlängert, dann verlängern sich auch die Verträge“, er sieht ebenso wie Piel die Verbände in der Pflicht: „Wenn man verbandsrechtlich sagt – und das müsste von oben bei der FIFA starten –, dass sinnbildlich gesprochen der 30. Juni in diesem Jahr der 30. Juli ist und die Transferperiode sich dementsprechend auch verschiebt, dann hätte man in dieser ganzen Thematik ein Problem weniger.“

Auf der zweiten Seite geht es um die Themenbereiche Saisonabbruch und Aufwandsentschädigungen

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