Landesliga Hammonia

Wut rausgelassen, Gegner bluten lassen - Anzeigetafel überstrapaziert

29. November 2019, 23:38 Uhr

Bestens gelaunt: Dreifach-Schütze Yannick Fischer (li.) feiert Vierfach-Schütze Jan-Philip Hartmann. Foto: Küch

In der 66. Spielminute schien der VfL Pinneberg einer faustdicken Überraschung ganz nah – zumindest beim Blick auf die Anzeigetafel am Exerzierplatz. Als nämlich Justus Jürgs den Ball im zweiten Anlauf an TuRa-Keeper Jonah Basner vorbei in die Maschen beförderte, brandete nicht nur bei einem Anhänger des Tabellen-Schlusslichts riesengroßer Jubel auf. Auch die elektronische Anzeige wähnte den krassen Underdog beim Rang-Zweiten, der mit einem Sieg die Spitzenposition auf jeden Fall bis Sonntagmittag zurückerobern konnte, auf der Siegerstraße. Aber nur, weil die Schwarzer-Schützlinge das Triebwerk überstrapazierten und zuvor bereits zehnfach zuschlugen. Zu viel für die Anzeige, die daraufhin wieder bei Null startete!

Kjell Brumshagen (re.) traf nicht nur viermal selbst, sondern war auch noch an etlichen weiteren Toren direkt beteiligt - und zwischendrin im Alu-Pech. Foto: Küch

„Für uns ging es heute darum, die Wut von letzter Woche rauszulassen. Dafür muss Pinneberg bluten“, so die Marschroute von Jörg Schwarzer nach der durchaus überraschenden 0:1-Pleite beim HTB in der Ansprache vor der angestrebten „Wiedergutmachung“ gegen den VfL Pinneberg. „Natürlich hat uns die Niederlage geärgert – obwohl ich meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen konnte, denn sie hat das gut gemacht. Aber man muss eben auch eingestehen, dass der HTB als Team gekämpft hat wie die Löwen, einen starken Torwart drin hatte und wir unsere Chancen einfach nicht genutzt haben, so dass man am Ende sagen muss, dass man vielleicht auch nicht unverdient verloren hat.“ Wenngleich der TuRa-Trainer nicht mit einem derartigen Schützenfest rechnete: „Im Hinspiel haben wir uns lange schwer getan, HEBC ist es letzte Woche ähnlich ergangen – wobei man das natürlich auf dem tiefen Rasen nicht mit dem Spiel auf unserem Kunstrasen vergleichen kann. Wenn wir 3:0 oder 4:0 gewonnen hätten, wäre ich auch zufrieden gewesen“, so Schwarzer, dessen Elf jedoch besonders torhungrig war und die Wut tatsächlich am Gegner ausließ – ganz so, wie vom Übungsleiter gewünscht.

„Wir haben insgesamt 18 Gegentore gefangen - ein Sechstel davon gegen Pinneberg“

Nachdem TuRa die Anzeigetafel mit dem zehnten Treffer überstrapazierte, lag der Gast nach dem Ehrentreffer plötzlich in Front. Foto: Küch

Insbesondere der bärenstarke Kjell Brumshagen (24., 35., 56., 86.) und Jan-Philip Hartmann (41., 46., 55., 60.) – beide netzten vierfach – sowie der nicht minder glänzend aufgelegte Yannick Fischer (4., FE, 32., 48.) präsentierten sich in ganz besonders großer Torlaune gegen einen bemitleidenswerten Gegner. Den Schlusspunkt unter das einseitige Schützenfest setzte Leon Schulz, der mit einem direkt verwandelten Freistoß das Dutzend voll machte (77.). „Die Mannschaft hat das gut gemacht“, freute sich Schwarzer über die Reaktion. „Wir wollten das klar im Kopf angehen. Nach dem frühen Tor hat das Spiel dann seinen Lauf genommen, wir haben das Tempo relativ hoch gehalten und sind am Ende sehr zufrieden. Pinneberg hat in der einen oder anderen Situation ein bisschen aufgemacht und ungeordnet verteidigt, was wir dann bestraft haben.“ Auch wenn das Ergebnis einen kleinen Schönheitsfleck hatte: „Ich habe in der Halbzeit noch gesagt, dass ich kein Gegentor fangen möchte. Und dann pennen wir in der einen Aktion und der einzige Schuss aufs Tor ist drin. Aber heute ist das zu verschmerzen“, wollte Schwarzer Ergebniskosmetik der Gäste nicht allzu hoch hängen – wobei er auch betonte: „Wir haben insgesamt 18 Gegentore gefangen – ein Sechstel davon gegen Pinneberg. Das ist schon ein bisschen doof.“

„Das ist der letzte Scheiß, wie man sich hier präsentiert!“

Kjell Brumshagen (li.) und Yannick Fischer markierten nicht nur sieben der zwölf Tore, sondern harmonierten auch ansonsten prächtig miteinander. Foto: Küch

Apropos doof: VfL-Keeper Timo Herrmann, mit die ärmste Sau auf dem Platz, schimpfte kurz nach Schlusspfiff beim Verlassen des Platzes: „Das ist der letzte Scheiß, wie man sich hier präsentiert!“ Durch die dünne Personaldecke musste Trainer Wojciech Krauze einmal mehr als Spieler aushelfen. Hinzu kamen Akteure aus der Zweiten, die den Kader auffüllten und auch zum Einsatz kamen. Während Krauze nach der Partie schnell gen Kabine verschwunden war, freute man sich auf der anderen Seite über den Sprung zurück an die Spitze. Die TuRa-Fans sangen zwischenzeitlich sogar lautstark von der „Oberliga“. Nur Schwarzer war da etwas vorsichtiger und zurückhaltender: „Der Spieltag ist ja noch nicht abgearbeitet, von daher bedeutet mir das gar nichts“, entgegnete er auf die Frage, was ihm die zurück gewonnene Tabellenführung bedeuten würde, ehe er abschließend verriet: „Ich habe schon nach Abschluss der Hinrunde gesagt, dass ich ganz großen Respekt vor der Rückserie habe, weil wir sehr schwere Auswärtsspiele haben. Das hat sich ja gleich im ersten Spiel schon bewahrheitet. Das ist ein wirklich hartes Programm, wo man erstmal bestehen muss. Da sind mir der ETV und HEBC zu Hause sogar lieber“, sieht er noch einige im Weg liegende Stolpersteine auf TuRa Harksheide zukommen.

Autor: Dennis Kormanjos

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