LL Hammonia

Kurz gelitten, dann Leid zugefügt: Barmbeker Frust führt zu Lokstedter Lust!

Josipovic beweist goldenes Händchen und hellseherische Qualitäten

26. Oktober 2019, 16:48 Uhr

Unbändiger Freudenschrei bei Josip Pajcic (Mi.) nach seinem sehenswert herauskombinierten Führungstreffer. Foto: Olaf Both

Als Schiedsrichter Marco Kulawiak (SC Teutonia 10) dem Treiben auf dem Grün ein Ende setzte, marschierten beide Trainer aufeinander zu. Waren Jan Haimerl und Anto Josipovic vor dem Duell ihrer beiden Teams noch zu Späßen aufgelegt, so war die Stimmungslage beim Dompteur des HSV Barmbek-Uhlenhorst II inzwischen mächtig im Keller. „Das fällt mir schwer heute“, entgegnete Haimerl in Richtung Josipovic, als er diesem zum Sieg gratulieren wollte (alle Highlights im LIVE-Ticker). Der Grund für Haimerls Gemütszustand: „Wenn Leidenschaft, Wille und Einsatzbereitschaft zu 100 Prozent da sind, dann kann ich ein Spiel verlieren – aber so definitiv nicht!“, erklärte er anschließend auf Nachfrage.

Vor dem Spiel hatten sowohl Jan Haimerl (li.) als auch Anto Josipovic noch gut lachen - nach den 90 Minuten nur noch der Lokstedt-Coach. Foto: Olaf Both

Es war nur eine Szene – und doch so aussagekräftig: Während BU II-Torjäger Florian Kuklinski auf der einen Seite nach einer Reckendorf-Hereingabe völlig freistehend jegliche Überzeugung im Kopfball vermissen ließ, ging es im direkten Gegenzug ganz schnell und schnörkellos. Lokstedt-Keeper Jan Giesecke schlug den abgefangenen Ball weit nach vorne, der indisponierte Christophe Mandji brachte mit seiner verunglückten Kopfball-Bogenlampe den Gegner in Aktion. Tom Münster bediente Amir Abassi, der direkt zu Mario Beslic weiterleitete. Dieser blieb vor Oliver Gaedtke eiskalt und schloss trocken zum 3:0 für die Gäste ab (75.). Münster, Abassi, Beslic: Ein Trio, das Eintracht-Coach Anfo Josipovic im zweiten Durchgang einwechselte. Kein Wunder also, dass Verteidiger Jan Steinbüchel nach Schlusspfiff im Siegerkreis zuerst das Wort ergriff und mit einem leichten Augenzwinkern lautstark in Richtung seines Cheftrainers konstatierte: „Er macht nicht immer alles richtig, aber heute hat er viel richtig gemacht. Muss man auch mal sagen.“

Josipovic beweist hellseherische Fähigkeiten

BU II-Torjäger Florian Kuklinski (2. v. li.) sah gegen den überragenden Johann Eisenberg (re.) kaum einen Stich. Foto: Olaf Both

Doch nicht nur bei seinen Einwechslungen bewies Josipovic ein goldenes Näschen: „In der Halbzeit habe ich gesagt, dass es wichtig sein wird, dass wir stabil am Ball bleiben, keine Umschaltmomente für BU zulassen – und die ersten zehn bis 15 Minuten überstehen müssen. Danach machen wir dann das 2:0 und 3:0.“ Tatsächlich überstand seine Equipe die anfängliche Druckphase der Hausherren – und schlug dann ein zweites und drittes Mal zu. Ein Hellseher also, dieser Josipovic! Denn unmittelbar vor dem alles entscheidenden dritten Streich durch Beslic war bereits Tom Münster zur Stelle. Der Angreifer veredelte einen Angriff, nachdem sich Barmbeks Liga-Leihgabe Tolga Odabas an der Seitenauslinie viel zu leicht vom beherzt nachsetzenden Alexander Gäde den Ball abluchsen ließ und Luis Gleich im genau richtigen Moment für den halbrechts startenden Angreifer durchsteckte. Der ehemalige Wedeler stand, trotz wütender Proteste der Gastgeber, deutlichst nicht im Abseits und schloss cool ab (71.). „Die Jungs, die reingekommen sind, haben das gut gemacht“, freute sich Josipovic über seine effizienten „Joker“. Vor allem für Mario Beslic, der gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrt war. „Er ist ein Typ, der immer und zu jeder Zeit für eine spielentscheidende Aktion gut ist. Er entwickelt Zug zum Tor – auch in Situationen, wo andere nochmal quer spielen.“

„Wir wussten, dass wir leiden müssen“

Eiskalt vollstreckte Tom Münster mit dem linken Außenrist zum vorentscheidenden 2:0. Foto: Olaf Both

Freude auf der einen, Frust auf der anderen Seite. Immer wieder haderten die daheim noch immer sieglosen Barmbeker mit sich und ihrem Spiel. „Scheiße ist das doch“, schimpfte ein gefrusteter Maximilian Reckendorf bei seiner Auswechslung über das Gezeigte. Während sein Übungsleiter nach einer weiteren verunglückten Aktion in der Defensive der Verzweiflung nahe war: „Oh Gott, das gibt’s doch gar nicht!“ Dabei hätte die Partie in eine andere Richtung ausschlagen können, wenn der Aufsteiger in der Anfangsphase seine guten Chancen durch Kuklinski (5.) und Tom Jahnke (6.) nicht so kläglich vergeben hätte. „Wir wussten, dass wir ein bisschen leiden werden müssen, weil Jan (BU II-Trainer Haimerl, Anm. d. Red.) die Jungs gegen uns immer ganz gut hochpusht, und auch, dass es feurig wird – aber so feurig wie in den ersten zehn Minuten hätte es nicht werden müssen“, befand Josipovic, dessen Schützlinge nach verschlafener Anfangsphase mehr Zugriff auf das Spiel fanden, ihrerseits Chancen kreierten und den Führungstreffer sensationell herausspielten.

„Wenn man die ersten zehn Minuten beider Halbzeiten rausnimmt, haben wir das richtig gut gemacht“

Der bärenstarke und kaum zu bezwingende Johann Eisenberg gewann im eigenen Sechzehner den Ball. Luis Gleich, Ilyas Umar und Konrad Janta behaupteten sich auf ganz engem Raum unter Bedrängnis und lösten sich jeweils mit dem ersten Kontakt spielerisch aus jener Situation. Letztgenannter behielt mit seinen gerade mal 18 Jahren das Auge, ließ einen traumhaften Diagonalball auf den halblinks am Fahrt aufnehmenden Josip Pajcic folgen. Dieser gab Gaedtke im Eins-gegen-Eins das Nachsehen (22.)! „Wir hatten mit fortlaufender Spielzeit richtig gute Aktionen und tolle Kombinationen“, so Josipovic. „Wenn man die ersten zehn Minuten in beiden Halbzeiten rausnimmt, dann muss man schon sagen, dass wir das heute richtig gut gemacht und auch absolut verdient gewonnen haben. Man hat gesehen, wie gut wir Chancen kreieren, im Mittelfeld spielen und den Ball laufen lassen sowie Situationen unter Bedrängnis auch fußballerisch gut lösen können.“

„Dann haben wir uns irgendwie ergeben“

Mario Beslic (li.) machte mit dem 3:0 den Deckel drauf. Foto: Olaf Both

Derweil haderte Haimerl: „Wir sind einfach zu dämlich!“ Und weiter: „Lokstedt bestraft unsere Fehler und macht das clever. Wir haben genug Chancen, machen das Tor aber nicht. Nach zehn Minuten kannst du problemlos 2:0 führen – musst du sogar.“ Nichtsdestotrotz fehlte seinem Team in der Folge jegliche Überzeugung – und: „Das Bälle festmachen, die Körperlichkeit sowie Cleverness und Abgezocktheit.“ Insgesamt hätten „ein paar Prozent gefehlt“, so Haimerl. „Ich weiß auch nicht, woran es liegt“, rätselte er – und bemängelte: „Ich habe das Gefühl, dass der eine oder andere die Spielklasse nicht ernst nimmt, sondern genau so wie in der Bezirksliga ein bisschen ‚rumdaddelt‘.“ Auf die Frage, ob er in der zweiten Halbzeit ein großen Aufbäumen seiner Elf gegen die drohende Niederlage gesehen habe, entgegnete Haimerl: „In der ersten Viertelstunde ja. Da dachte ich wirklich, wir sind drin und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Ausgleich fällt. Aber danach haben wir uns irgendwie ergeben.“

Autor: Dennis Kormanjos

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