Oberliga
Geteilte Punkte, geteiltes Leid: FCS fehlen „die Körner“, MSV „brechen falsche Entscheidungen das Genick“
Meiendorf und Süderelbe trennen sich 1:1 – Misstöne von der Tribüne und zwei Platzverweise
Abgehoben: Süderelbes Abraham Boateng, der den Ausgleich erzielte, fliegt über MSV-Keeper Briant Alberti (am Boden) hinweg. Foto: Both
Sieht schön aus, brachte aber nichts ein; Ein Seitfallzieher von MSV-Stürmer Andrej Blum. Foto: Both
Über Hoelings Platzverweis war auch auf der anderen Seite noch zu reden – mit Meiendorfs Trainer Baris Saglam. Denn als Hoeling das satte Grün der Flens-Arena gerade verlassen hatte, da ertönte von den Zuschauerrängen folgender Zwischenruf: „Geh' doch in deinen Käfig zurück.“ Eine klare und vor allem überflüssige Äußerung in Richtung des dunkelhäutigen Süderelbe-Spielers. „So etwas gehört sich definitiv nicht. Wenn ich wüsste, wer das war, dann würde ich das Thema entsprechend bei unserem Präsidenten Jens Malcharczik und den Ordnern platzierten, so dass derjenige für die Heimspiele Stadionverbot bekommen würde“, sagte Saglam nach dem Spiel, als er von Seiten der Presse mit der auf der Haupttribüne klar hörbaren Äußerung konfrontiert wurde.
Saglam: „Wir haben den Gegner stärker ins Spiel gebracht, statt das zweite Tor zu machen“
Schiri und Sünder: Referee Dr. Michael Ehrenfort diskutiert mit Meiendorfs Alexandar Mucunski, den er vom Platz stellte. Foto: Both
Damit von den Misstönen zum Sportlichen – und der misslichen Lage, dass Saglam nach dem Spiel davon sprechen musste, dass „wir unglücklich Punkte liegenlassen haben.“ Das Fazit war zutreffend: Nachdem Süderelbe einen von MSV-Schlussmann Briant Alberti an Vitor Cadilhe Branco verursachten Elfmeter in Person von Christopher Mahrt verschoss (12.), ging Meiendorf durch Neuzugang Tolga Tüter im Anschluss an einen schönen Chip-Ball von Theodoros Ganitis in Führung (25.). Nach der Pause konnte der eingewechselte Abraham Boateng ausgleichen und nutzte dabei einen Schnitzer von Yusuf Musbau, der Sean Paul Vinberg anschoss. Vom diesem prallte der Ball vor die Füße des FCS-Offensivmannes, der vollendete (73.). Anschließend dezimierten sich beide Seiten selbst. Denn: Noch ehe Hoeling seine Gelb-Rote Karte gesehen hatte, war auf der anderen Seite Alexandar Mucunski vom Feld geflogen – ausgerechnet der Ex-Süderelber. Er hatte nach einem vom Unparteiischen nicht geahndeten Foul von Roberto D'Urso an ihm noch einmal den Fuß rausgehalten und seinen Gegenspieler getroffen (85.).
„Alex hatte in der Spielgestaltung gute Verlagerungen drin, in der Szene hat er einen Aussetzer. Warum auch immer. Wir werden auf jeden Fall noch mal mit ihm drüber reden, was da vorgefallen ist. Er muss Ruhe bewahren. Da ist ihm die Sicherung durchgegangen. Das passiert, aber wir müssen dafür sorgen, dass das nicht wieder passiert. Was er in Süderelbe gemacht hat, ist Geschichte, bei uns gelten andere Erwartungshaltungen und Regeln. Die hat er bisher erfüllt. Diesmal ist er in alte Muster gefallen, das gehört zur Entwicklung dazu“, konstatierte Saglam und analysierte die Partie: „Wir hatten in der ersten Hälfte Chancen, hatten das Spiel im Griff. Wenn du Chancen kreierst, musst du sie auch machen. Wir haben viele falsche Entscheidungen getroffen, das hat uns das Genick gebrochen. Wir haben den Gegner stärker ins Spiel gebracht, statt das zweite Tor zu machen. Darüber sind wir traurig. Wir können aber nicht schlechtreden, was die Jungs gezeigt haben. Wir haben das Spiel kontrolliert, hatten kontrollierte Angriffe, aber eben auch teils zu ungestüme. Wir wissen um die Qualitäten, die wir haben, wenn alle voll im Saft sind – auch die, die noch Rückstand haben oder kaum eine Vorbereitung hatten.“
Gürsan: „ Leider belohnen wir uns nicht für den couragierten Auftritt und den Mut, den wir zeigen“
Abgang: Auch Süderelbes Isaak Hoeling (Mitte) wurde vom Unparteiischen des Feldes verwiesen. Foto: Both
Auch auf der anderen Seite fiel das Fazit durchwachsen aus – geteilte Punkte bedeuteten in diesem Fall auch geteiltes Leid. „Wir kommen schlecht aus der Kabine raus, sind nicht wach. Das, was wir uns vorgenommen hatten – nämlich von Anfang an da zu sein – hat leider nicht funktioniert“, ärgerte sich Timucin Gürsan. Aber: „Wir haben uns schneller gefangen als am ersten Spieltag gegen Buchholz. Insofern können wir da von einem Lernfortschritt sprechen. Wir haben uns rausgezogen und Chancen kreiert und bekommen dann den Elfmeter, der aus meiner Sicht gerechtfertigt war. Leider belohnen wir uns da nicht für den couragierten Auftritt und den Mut, den wir zeigen“, resümierte der FCS-Übungsleiter und beschied: „Danach bekommen wir nach dem Chip-Ball das Gegentor von Tüter. Da lässt er sich nicht zwei Mal bitten, das macht er gut. Wir sind aber nicht eingebrochen, sondern haben weiter unser Spiel gespielt und an unseren Plan geglaubt. Aber es hat ein bisschen der Mut gefehlt vorne. Vielleicht haben wir offensiv etwas zu viel Jugendlichkeit, so dass wir nicht den ersten Pass oder das erste Schussfenster nutzen, sondern stattdessen gucken, ob er Winkel besser wird oder wir sie Szene ausspielen können. In der Oberliga ist so etwas fatal. Die Chancen, die man bekommt, sollte man nutzen.“
In der Pause, so Gürsan in seiner Analyse, „hatten wir uns vorgenommen, unsere Dreierkette hinten zu optimieren, wollten mutiger spielen und uns mehr trauen. Ich glaube, das haben wir in der zweiten Halbzeit umgesetzt. Wir hatten Phasen, in denen der Ball gut lief. Mit den Auswechselungen haben wir nochmal Schwung reingekriegt und erzielen den Ausgleich. Meiner Meinung nach können wir auch nich ein zweites Tor machen, aber die zweite Hälfte war wild.“ Zu einem weiteren Treffer „haben uns am Ende die Körner gefehlt. Wir hatten das dritte Spiel innerhalb von acht Tagen – vor allem muss man den intensiven Pokalfight im Spiel gegen Altona bedenken. Uns hat die Kraft gefehlt“, gab Gürsan nach dem Schlusspfiff zu Protokoll und ergänzte: „Es ist bei uns so, dass man als FC Süderelbe drei fehlende Stammspieler einfach nicht ersetzen kann.“ Immerhin: „Wir haben es geschafft, uns so weit Selbstbewusstsein zu erspielen, dass Meiendorf die Rote Karte bekommt. Wir haben den Ball gut laufen lassen, können das aber leider nicht ummünzen. Und dann bestrafen wir uns zwei, drei Minuten später selbst“, sagte Gürsan mit Blick auf den Platzverweis gegen Isaak Hoeling und schloss sein Fazit: „Mit einem Punkt kann man zufrieden sein.“
Jan Knötzsch