Oberliga

Erst Augenhöhe, dann Abreibung: HSV III schenkt Tornesch ein – "Wir sollten uns jetzt einmal den Kopf durchspülen"

Nach einem 0:0 zur Pause siegt der Gastgeber mit 6:1 gegen den Mit-Aufsteiger

03. August 2019, 00:23 Uhr

Bleib mir vom Leib: HSV III-Doppeltorschütze Sepehr Nikroo (li.) versucht Fabian Knottnerus auf Abstand zu halten. Foto: KBS-Picture.de

Wenigstens den Humor hatten sie noch nicht verloren. Etwas mehr als eine Viertelstunde war im Match zwischen dem Hamburger SV III und dem FC Union Tornesch (Hier gibt's den Live-Ticker der Partie zum Nachlesen) noch an Restspielzeit auf der Uhr, als die Gäste noch einmal wechselten. Dennis Beckmann kam ins Spiel. Draußen saß derweil Ersatzkeeper Tim Brüggemann vor der Bank. "Mach dich unsterblich, fünf Dinger musst du machen", rief Brüggemann Beckmann hinterher. Wohlwissend, dass das mit der Unsterblichkeit seines Teamkollegen an diesem Abend nichts mehr werden würde. 

Zu deutlich war zu diesem Zeitpunkt der Rückstand des Aufsteiger. Mit 1:5 lag Union in jener 73. Minute im Hintertreffen – und das in erster Linie, weil die Mannschaft von Trainer Thorben Reibe in den ersten drei Minuten nach dem Seitenwechsel sowohl geistig als auch körperlich noch in der Kabine zu sein schien. Hatte Tornesch bis dahin ein 0:0 gehalten und im ersten Durchgang eigentlich sogar ganz ordentlich mitgehalten, so brach jetzt das Unheil über die Gäste herein. Binnen drei Minuten schossen Sepehr Nikroo, Dominik Jordan und Jenghoon Ahn den HSV III mit 3:0 in Führung. Und das sollte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein: Christian Kulicke ließ Union zwar auf 1:3 herankommen, doch jeweils abermals Jordan und Nikroo sowie Marcell Jansen sorgen für klare Verhältnisse.  

Reibe: "Am Ende können wir froh sein, dass es nur sechs Treffer waren"

Das zieht's einem doch glatt die Schuhe aus: Torneschs Flemming Lüneburg und seine Teamkollegen mussten sich letztlich deutlich geschlagen geben. Foto: KBS-Picture.de

Und dafür, dass der Neu-Oberligist zum zweiten Mal in dieser Woche eine bittere Klatsche hinnehmen musste: gegen den SC Victoria hatte es zuvor im LOTTO-Pokal eine 0:9-Ohrfeige gegeben. 0:9 und 1:6 – das macht nach Adam Riese 15 Gegentreffer in einer Woche für Tornesch. Ganz schön viel. Und ein ganz schön hartes Los. "Am Ende können wir froh sein, dass es hier nur sechs Tore waren. Dennoch: Gegen eine Mannschaft, die nicht viel besser ist, und mit der wir in der ersten Hälfte mindestens auf Augenhöhe gespielt haben, darfst du keine sechs Treffer in einer Halbzeit kriegen. Wenn wir nicht die ersten drei Minuten nach der Pause haben, geht das Spiel vielleicht anders aus und wir gewinnen hier", konstatierte Union-Übungsleiter Reibe nach dem Abpfiff.

Seine Elf sei einfach drei Minuten länger in der Kabine geblieben, "das trifft es", sagte Reibe, "im Endeffekt haben wir in diesen drei Minuten das Spiel verloren. Das waren individuelle Fehler. Es passte nicht – und danach war die Partie gelaufen. Wir haben nach dem 1:3 zwar nochmal Druck gemacht, aber danach sind die Köpfe runter gegangen. Da ging komplett gar nichts mehr." Der HSV III habe derweil nach "den Nackenschlägen für uns richtig Bock bekommen", analysierte Reibe, "letztlich ist es ein verdienter Sieg für den HSV III. Wir sollten auf der ersten Halbzeit aufbauen. Ich hab den Jungs gesagt dass wir uns heute mal den Kopf durchspülen sollen. Das ist angebracht, um das raus zu kriegen. Das ist eigentlich kein 1:6-Spiel."

Rabenhorst: "Es war überragend, wie die zweite Halbzeit abgelaufen ist"

Das D-Duell: Torneschs Björn Dohrn (li.) im Luftkampf mit Tom Dornick. Foto: KBS-Picture.de

Selbstredend sei es, so Reibe, "bitter, nach den neun Stück hier jetzt auch nochmal sechs zu kriegen. Das ist hart für die Moral. Wir müssen hart daran arbeiten, das wieder aus den Köpfen zu bekommen und es im nächsten Spiel besser zu machen." Die Frage, ob die Qualität bei Union nach eben diesen 15 Treffern gegen zwei Oberliga-Clubs, wenn auch in unterschiedlichen Wettbewerben, reicht, müsse man aber dennoch nicht in dieser Deutlichkeit stellen, so der Tornesch-Trainer: "Die sechs Treffer dürfen so nicht passieren. Das Spiel gegen Vicky muss man differenziert betrachten. Bei Vicky ist eine ganz andere Qualität vorhanden. Und da haben wir auch gesagt, dass wir den Fokus personell auf das Spiel gegen den HSV III legen."

Dessen Coach Marcus Rabenhorst bilanzierte: "Es war überragend, wie die zweite Halbzeit abgelaufen ist. Aber ich war absolut nicht zufrieden mit der ersten. Wir sind gut reingekommen und haben auch drei hundertprozentige Chancen, wo wir allein vorm Tor stehen aber uns nicht belohnen. Das können wir uns nicht erlauben. Genau das haben wir in der Pause angesprochen." Vor dem Seitenwechsel habe sich seine Mannschaft "vom Gegner anstecken lassen, der Hektik und Unruhe reingebracht hat. Wie haben absolut den Faden verloren. Damit war ich nicht einverstanden. Wir haben gesagty dass wir mehr in die Tiefe und Diagonale kommen wollen. Das haben die Jungs dann nach der Pause überragend gemacht. Das Gegentor ärgert mich trotzdem ein bisschen, weil es vermeidbar war", schloss Rabenhorst seine Spielanalyse.

Jan Knötzsch