Testspiel

Hecking-Lob für Meiendorf: „Haben uns das Leben in der ersten Halbzeit schwer gemacht“

Nach Stotter-Halbzeit: HSV netzt vor 2600 Zuschauern achtfach

26. Juni 2019, 23:55 Uhr

Zwei Tore, vier Vorlagen: Manuel Wintzheimer (li.) - hier im Duell mit dem Meiendorfer Yusuf Musbau - wusste zu gefallen. Foto: Heiden

Als die beiden Trainer nach den 90 Minuten noch einmal für ein gemeinsames Foto zusammenkamen, hatte Dieter Hecking überaus lobende Worte für seinen Gegenüber parat. Der Neucoach des HSV bescheinigte Baris Saglam und dessen Meiendorfern eine „ganz starke erste Halbzeit“ und hob vor allem die „taktische Leistung“ des Oberligisten hervor. Worte, die Saglam sicherlich wie Öl runtergegangen sein dürften – zumal seine Mannen die „Rothosen“ im ersten Durchgang vor arge Probleme stellten. Der Oberligist bot dem Zweitligisten die Stirn, ließ hinten nicht viel zu, versteckte sich keineswegs und setzte seinerseits immer wieder gefährliche Nadelstiche (alle Highlights und Tore im LIVE-Ticker zum Nachlesen).

MSV-Verteidiger Brandel Crentsil (li.) ist einen Deut eher am Ball als Widersacher Khaled Narey. Foto: Heiden

„In der ersten Halbzeit war der Gegner wach, frisch und hat uns das Leben schwer gemacht“, resümierte Hecking, der beim Aufgalopp seines HSV bis zur 22. Minute warten musste, ehe Khaled Narey den Bann brach und – nach einem vorausgegangenen Fehlpass von Alexandar Mucunski – zur Führung vor 2600 Zuschauern in der Meiendorfer Flens-Arena traf. Bei den Hausherren probierte Michael Sara ein ums andere Mal sein Glück. In der 38. Minute hätte er mit einem ruhenden Ball beinahe Erfolg gehabt – doch Daniel Heuer Fernandes konnte den tückischen Aufsetzer gerade noch auf unorthodoxe Art und Weise entschärfen. Stattdessen erhöhte Aaron Hunt mit einem Flachschuss aus 24 Metern auf 2:0 (41.). Dennoch konnte Saglam sehr zufrieden sein mit dem Auftritt seiner Schützlinge und zog einige positive Erkenntnisse: „Wir haben Torchancen kreiert, vor allem in der ersten Halbzeit gute Ansätze gezeigt, das eine oder andere Zeichen gesetzt und mutig nach vorne gespielt. Zwei individuelle Fehler führen dann halt gegen diese Größenordnung und gegen solch eine Qualität zu Gegentoren. Nicht umsonst sagt man: Je höher man spielt, umso schneller werden diese simplen Fehler bestraft.“

Wintzheimer und Samperio spielfreudig - Rosseburg auch

Kyriakos Papadopoulos (2. v. li.) zwang mit seinem wuchtigen Kopfball MSV-Schlussmann Sulejman Hoxha zu einem Riesenreflex. Foto: Heiden

Während Meiendorf nach der Pause munter durchwechselte, „eine ganz andere Mannschaft, die in dieser Konstellation noch nicht zusammengespielt hat“ aufs Feld schickte und nun vom HSV „früh angelaufen wurde, woraufhin wir Probleme im Herausspielen aus Drucksituationen hatten“, so Saglam, brachte auch Dieter Hecking zehn neue Leute. Einzig Manuel Wintzheimer durfte durchspielen – und betrieb in den 90 Minuten ein wenig Eigenwerbung. Zweimal netzte der Angreifer selbst (64., 72.) und bereitete zudem die Tore von Narey vor sowie Jairo Samperio (52., 71.), der sich sehr spielfreudig zeigte, und Bakery Jatta (70.) nach der Pause uneigennützig und mustergültig direkt vor. Den Schlusspunkt setzte der vom Stadtrivalen FC St. Pauli in den Volkspark gewechselte Jeremy Dudziak nach feiner Vorarbeit von Douglas Santos (89.). So stand am Ende ein standesgemäßer 8:0-Erfolg für den HSV zu Buche – allerdings wäre dem MSV durchaus ein Torerfolg vergönnt gewesen. Die größte Gelegenheit dazu vergab Ronn Asante, als dieser nach einer glänzenden Einzelaktion des starken Max Rosseburg (Saglam: „Zu Max besteht ein besonders enges Vertrauensverhältnis. Das spiegelt sich auch in seiner Leistung wider. Egal wo ich ihn einsetze, ob im Tor oder vorne drin, er ruft einfach ab“), der den „Rothosen“ ein ums andere Mal nur die Hacken zeigte, plötzlich aus zehn Metern zum Abschluss kam, aber an Tom Mickel scheiterte (79.).

„Das zeigt, dass der HSV als Mannschaft polarisiert“

„Ihm werden die zwei Tore guttun“, freute sich Dieter Hecking über die Leistung des wiedergenesenen Jairo Samperio (Mi.). Foto: Heiden

„Wir wollten ein paar Abläufe sehen. In der zweiten Halbzeit war das besser“, so Hecking, dem im ersten Abschnitt „die Läufe in die Tiefe“ fehlten, „zu langsam gespielt“ wurde und auch „in der Rückwärtsbewegung das eine oder andere noch nicht rund genug“ lief. Doch im Endeffekt zog er ein zufriedenes Resümee: „Wir wollten kein Gegentor kriegen, viele Tore machen und viele Chancen kreieren. In der zweiten Halbzeit war das alles da.“ Wenngleich der ehemalige Gladbach-Übungsleiter auch gestand, dass man „nach wie vor noch auf einer Baustelle unterwegs“ sei. „Das wird uns auch die ganze Transferperiode noch begleiten.“ Genauso wie die Stimmung rund um den Verein. „Es muss über Erfolgserlebnisse ein Gefühl entwickelt werden, dass du als Einheit etwas erreichen kannst. Jeder gute Spielzug hilft, um Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zu bringen – auch wenn es heute nur ein Fünftligist war. Aber man merkt auch gleich, wenn etwas mal nicht gelingt, dass sofort eine gewisse Häme aufkommt.“ Und weiter: „Wenn man sieht, dass heute 2600 Zuschauer hier sind, dann zeigt das ja nur, dass der HSV als Mannschaft polarisiert – und hoffentlich irgendwann auch wieder positiv polarisiert. Aber man merkt eben an der Stimmung, dass man sich erstmal über die kleinen Erfolgserlebnisse das Vertrauen selbst zurückholen, aber auch das von außen wieder zurückgewinnen muss. Deshalb helfen solche Spiele. In der zweiten Halbzeit waren viele gelungene Aktionen dabei. Da hat man dann auch von draußen gesehen, dass da etwas zusammenwachsen könnte.“

„Ich bin froh, dass man gute Ansätze, Mut und vor allem Spaß sehen konnte“

Max Rosseburg (li.) - hier gegen Adrian Fein - bekam aufgrund seiner Tempo-Dribblings zwischenzeitlich sogar Szenenapplaus. Foto: Heiden

Währenddessen bilanzierte Saglam: „Geile Atmosphäre, geiles Spiel – insbesondere in der ersten Halbzeit. Die Jungs haben taktisch sehr gut gestanden und waren auch in der Balleroberung sehr gut. Auch wenn es für uns ein Highlightspiel gegen einen Zweitligisten war, war es auch eine Trainingseinheit, wo die Jungs sehen konnten, in welchen Bereichen wir weiter die Schwerpunkte legen müssen. Aber im Großen und Ganzen bin ich froh, dass man gute Ansätze, Mut und vor allem Spaß sehen konnte.“ Und ein durchaus, im doppelten Sinne, achtbares Resultat. Denn im Vorjahr bekam der damalige „Double-Sieger“ Dassendorf in der Vorbereitung zehn Stück vom HSV eingeschenkt. „Da gab‘s intern auch eine kleine Wette“, verriet Saglam, ohne jedoch ins Detail zu gehen. „Denn im Endeffekt ging es darum, dass die Jungs Spaß haben. Wir sind froh, dass es nicht zweistellig geworden ist – wenngleich wir in der zweiten Halbzeit fünf Tore zu viel kassiert haben. Das ist zumindest meine Meinung und hätte nicht sein müssen“, so der ehrgeizige Coach der Meiendorfer, der für den mutigen Auftritt seines Teams dennoch viel Lob erntete.

Autor: Dennis Kormanjos

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