Heino-Gerstenberg-Pokal

„Schanze“ nutzt die Chance: „Sechste“ feiert fünf Volltreffer und Triumph

Erfolg nach Verlängerung gegen Altengammes Vierte“ vor rund 500 Zuschauern

29. Mai 2019, 23:57 Uhr

Gleich gehört das Ding uns: Die Sternschanze VI-Spieler warten auf die Übergabe des Pokals durch HFV-Mann Joachim Dipner (re.). Foto: Both

Joachim Dipner war in seinem Element. Der Vorsitzende des Spielausschusses des Hamburger Fußballverbandes (HFV) redete und redete – und manch einem unter den vielen Menschen, die da vor ihm standen wurde schön nervös. Doch dann hatte Dipner das Ende seiner Worte gefunden und schritt zur Tat: Marlo Bergerhoff, der Kapitän des SC Sternschanze VI, brachte bei der Siegerehrung nach dem Finale um den Heino-Gerstenberg-Pokal gegen den SV Altengamme IV auch noch die letzten Meter hinter sich, dann stand er vor Dipner – und der überreichte dem „Capitano“ der Mannschaft aus der Kreisklasse 1 endlich die Trophäe. Bergerhoff präsentierte sie stolz seinen Teamkollegen, der Rest war purer Jubel auf Seiten der Männer in den rot-blauen Trikots.

Ein paar Meter abseits standen derweil die Spieler der Altengammer „Vierten“. Benjamin Timmann hatte die Hände auf die Knie gestützt und schaute zu Boden. „Leg dich hin, wenn du nicht mehr kannst“, raunte sein Coach Michael Nölting ihm zu. Philipp Kiehn wurde derweil von Philip Alpen, dem Stürmer der Altengammer Landesliga-Mannschaft,  getröstet. Und Alpens Teamkollege Jonas Buck umarmte Philipp Buck, um ihn aufzumuntern. Kurzum: Die Emotionen nach dem Match an der Brucknerstraße, das vor rund 500 Zuschauern stattfand und jedem einzelnen davon beste Fußball-Unterhaltung bot, hätten unterschiedlicher nicht sein können. Hüben die feiernden Sieger, die vor allem in der Verlängerung eben noch den berühmten Pfeil mehr im Köcher gehabt hatten. Drüben die Verlierer, die aber nicht gänzlich ohne Titel aus der Saison gehen: Altengammer „Veer“, wie sich das Team selbst tituliert, wurde in seiner ersten Saison im HFV-Spielbetrieb gleich mal Meister der Kreisklasse B 2 und stieg auf. „Wir haben unseren Titel und reißen heute nich richtig einen ab“, verriet Coach Nolting, aus dessen Equipe etliche Spieler Ende der Woche gemeinsam mit Akteuren der „Ersten“ nach Mallorca fliegen.

Kutschke: „Wir haben in der Pause besprochen, dass wir nicht verlieren und es durchgezogen“

Max Lorenz Kutschke dreht nach seinem Treffer zum 4:3 für Sternschanze VI jubelnd ab. Foto: Both

Vorher aber war – sinnbildlich gesprochen – erst einmal ein bisschen Wunden lecken angesagt. „Ich hatte nach den 120 Minuten persönlich keine Kraft mehr“, verriet zumindest Philipp Kiehn, der sich nach dem Schlusspfiff mit einem kühlen Becher Gerstensaft wieder neues Leben einhauchte. „Im Endeffekt hast du einfach gemerkt, dass die Kräfte nicht mehr da waren. Das war ein reiner Abnutzungskampf. Die hatten am Ende ein paar Körner mehr und machen halt die Tore“, pflichtete ihm Keeper Alexander Golinske, eine Leihgabe der „Ersten“ an die „Vierte“, bei. Immerhin: Schon kurz nach dem Ende des Spiels konnten die „Gammer“ wieder lachen. So wie Dennis Kahl. „Und schreibt bloß rein: Beim Ausgleichstreffer sieht die Nummer 20, dass der Torhüter zu weit vor seinem Tor steht und macht das Tor“, grinste der Torschütze des 1:1-Ausgleichstreffers, der zeifellos der sehenswerteste der Partie war: Aus gut und gerne 40 Metern senkte sich Kahls Schuss als Bogenlampe über „Schanze“-Schlussmann Fritz Albert hinweg und schlug im Netz ein (14.). Der SCS hatte zuvor durch Bergerhoff, der nach acht Minuten frei vor Golinske auftauchte, die Führung erzielt.

Im Anschluss an den Ausgleich dauerte es bis kurz vor der Halbzeit, ehe an der Brucknerstraße auf dem Kunstrasenplatz des USC Paloma der Ball erneut hinter der Linie lag. Nach 39 Minuten sprach Schiedsrichter Florian Baum (ASV Bergedorf 85) dem SVA einen Freistoß zu. Hajo Kücken und Philipp Buck standen zur Ausführung bereit. Letztlich war es Buck, der anlief und das runde Leder an der Mauer und Keeper Albert vorbei unten links vom Schützen aus gesehen in den Maschen versenkte. Sternschanze konnte erst im zweiten Durchgang ausgleichen: Nachdem Max Lorenz Kutschke sich rechts stark durchtankte und nach innen flankte, kam dort im Rückraum Fardin Ghaffari an den Ball und versenkte ihn mit einem Flachschuss zum 2:2 (69.) Damit war zumindest für die regulären 90 Minuten Schluss mit Toreschießen. Und so musste die Verlängerung herhalten, um schließlich für eine Entscheidung zu sorgen.

Kiehn: „Nach dem 3:3 hatten wir nur noch die Hoffnung, uns ins Elfmeterschießen zu retten“

Wahnsinns-Treffer: Der Altengammer Dennis Kahl (li.) lässt sich für seinen 40-Meter-Fernschuss zum zwischenzeitlichen 1:1 feiern. Foto: both

In der „Overtime“ dauerte es keine komplette Minute, ehe der eingewechselte Steffen Wegener mit einem Schuss, der vom linken Innenpfosten über die Linie trudelte, Altengammer IV wieder in Führung brachte (91.). Doch Sternschanze VI konnte dagegenhalten. Dabei hatte das Team von Trainer Heinz Egli zunächst das Glück, dass eine Hereingabe von Laurin Windeknecht nach 110 Minuten an Freund und Feind vorbeisegelte und auch SVA-„Goalie“ Golinske zwischen den Pfosten so überrascht war, dass er nichts mehr ausrichten konnte. Damit war Altengammes Widerstand gebrochen. Kutschke (117.) und Bergerhoff (120.) machten schließlich den berühmten Sack zu. „Es ist unbeschreiblich. Ich habe nicht geglaubt, dass wir das noch machen. In der Halbzeit habe ich zwar noch gesagt, dass wir 4:2 gewinnen – aber das war absurd. Jetzt ist es sogar ein 5:3 geworden. Wir haben in der Pause besprochen, dass wir nicht verlieren und es durchgezogen“, freute sich Torschütze Kutschke über den Finaltriumph.

„Altengamme hatte ab der 60. Minute keine Power mehr. Es war eine Frage der Zeit, wann wir zuschlagen. Wie wir zugeschlagen haben – mit der Flanke, die direkt reingegangen ist, zum Beispiel – ist absurd. Am Ende haben unsere Fitness, unsere Spritzigkeit und die Tatsache, dass wir die jüngere Mannschaft waren, den Ausschlag gegeben“, bilanzierte der Sternschanze VI-Kicker. „Unsere erste Halbzeit war gar nicht so schlecht. Wir gehen doof in Rückstand, kämpfen uns dann wieder gut rein. Was in der zweiten Halbzeit los war, weiß ich nicht. Es ist schwer in Worte zu fassen, warum wir so tief gestanden und nicht weiter das Spiel gemacht haben. Nach unserem 3:2 hatte ich eigentlich ein gutes Gefühl, wir hatten sie wieder im Griff und gute Aktionen nach vorne. Nach dem 3:3 hatten wir nur noch die Hoffnung, uns ins Elfmeterschießen zu retten. Das war dann aber nicht mehr de Fall. Wie hoch die Niederlage am Ende ausgefallen ist, ist scheißegal“, ließ derweil Altengammes Philipp Kiehn die Partie Revue passieren.

Jan Knötzsch