Kolumne

Altonas angenehme Aufbruchsstimmung – Norderstedter Niedergang?

Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

11. März 2019, 20:00 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

An dieser Stelle greifen wir regelmäßig die Themen des Hamburger Fußballs aus der Woche und vom Wochenende auf und kommentieren diese. Dieses Mal geht es um Altona 93 und die Bekanntgabe, dass der Club von der Griegstraße für die Regionalliga melden wird, sowie um das aktuelle Abschneiden von Eintracht Norderstedt in eben jener Spielklasse. 

Die Meldung kam am heutigen Montag.Die Meldung, dass sich bei Altona 93 etwas tut. Die Meldung, das Altona eben meldet. Für die Regionalliga. Der AFC versucht es also tatsächlich erneut. Nach dem Abstieg aus der Regionalliga in der vergangenen Saison möchte man wieder zurück ins überregionale Geschehen. „Das sind wir unseren Fans, der Mannschaft und unseren Premium-Sponsoren schuldig“, sagt Manager Andreas Kolbedanz im Interview, das wir anlässlich der News heute mit ihm führten. Es ehrt den AFC, dass der Verein trotz des niederschmetternden Resultats aus der Vorsaison den Mut hat, erneut diesen Schritt in Angriff zu nehmen und künftig wieder in der Regionalliga zu kicken. Sofern man denn der Hamburger Club sein wird, der am Ende an der Aufstiegsrunde zur „Regio“ teilnimmt. Und sofern man eben jene Runde mit dem nötigen Erfolg absolviert.

Ein Statement fürs Selbstverständnis – gepaart mit Erfahrungswerten

AFC-Manager Andreas Klobedanz (re.) und Trainer Berkan Algan wollen in der kommenden Saison möglichst wieder in der Regionalliga jubeln. Foto: KBS-Picture.de

Der Schritt zur neuerlichen Meldung – er ist im Kern eigentlich nur die logische Quintessenz vieler Faktoren, die einander bedingen und befruchten. Da wäre zum einen das Ziel, dass sich Klobedanz, Trainer Berkan Algan aber auch Sponsor Perlwitz vor dreieinhalb Jahren zu Beginn ihrer Amtszeit in Altona auf die Fahnen geschrieben haben. Es lautet: Altona dauerhaft in der Regionalliga etablieren. Dass es dabei Rückschläge gibt? Ein Zustand, mit dem man leben muss. Erfolg ist nicht im Detail planbar. Dass man trotz der Tatsache, dass man im letzten Jahr als Letzter den bitteren Gang zurück in die Oberliga antreten musste, an diesem Plan festhält und sich nicht direkt beim ersten Sturm vom Schiff wehen lässt – es spricht für eine gewisse Nachhaltigkeit im Tun und Denken. Dass „Klobe“ umumwunden zugibt, dass „wir wissen, wie schwierig die Aufgabe wird“ und in Sachen Ziele in der Regionalliga keine Phantasieschlösser entwirft, sondern klar sagt, dass man im Aufstiegsfall erneut um den Klassenerhalt spielen würde – ein Zeichen von Realitätssinn. Verfrühter oder gar übermäßiger Enthusiasmus ist den Altonaern fremd. Ein gutes Zeichen, selbst wenn der Anhang des Traditionsvereins vielleicht irgendwie insgeheim nach (noch) mehr lechzt.

Die Meldung – sie allein ist Statement für das Selbstverständnis des AFC. Die Art und Weise aber, wie sich der Verein in der Kommunikation dieses Ziels gibt – mit dem gewissen Maß an hanseatischer Zurückhaltung – ist angenehm. Und die Folge von Erfahrungswerten. In der Abstiegssaison ging Vieles nicht den Gang der Dinge, den es gehen muss, um in der Vierten Liga bestehen zu können. Angefangen von der Tatsache, dass die Arbeiten, um die Adolf-Jäger-Kampfbahn für die Regionalliga tauglich zu machen, einen nicht kleinen Teil des Etats „fraßen“, über die logische Konsequenz, dass man daraus resultierend weniger in Beine – sprich nötige Neuzugänge – investieren konnte bis hin zur Tatsache, dass der (zu) spät auf die Regionalliga ausgerichtete Kader von Verletzungssorgen heimgesucht wurde. Dinge, von denen Klobedanz sagt, das man sie erkannt und aufgearbeitet hat. Und Lehren für die Zukunft daraus zieht. Klar ist: Diesmal muss der AFC im Aufstiegsfall auf diversen Positionen besser und adäquater nachlegen – auch wenn die Mannschaft momentan in der Oberliga das Maß der Dinge ist und irgendwie sogar einen stabileren, zumindest aber homogeneren Eindruck macht als das Team der Aufstiegssaison. Der Kader muss an Qualität in der Breite gewinnen. Nur so kann unterm Strich auch der AFC gewinnen – und zwar diesmal nicht nur an Erfahrungswerten, sondern dann auch an Regionalliga-Punkten.

Im schlimmsten Fall greifen die gängigen Mechanismen am Ende doch

Für Coach Dirk Heyne und Eintracht Norderstedt wird die Luft in der Regionalliga immer dünner. Foto: KBS-Picture.de

Da wo Altona hin will, ist Norderstedt schon angekommen. Zumindest, was die Spielklasse angeht. Seit Jahren ist die Eintracht gemeinsam mit den Reservemannschaften des HSV und des FC St. Pauli das fußballerische Aushängeschild Hamburgs, wenn es um überregionalen Amateur-Fußball geht. Aktuell aber wackelt dieser Status mächtig. Spätestens seit der Niederlage am zurückliegenden Wochenende gegen den TSV Havelse ist klar: „EN“ ist im Abstiegskampf der „Regio“ angekommen. Aktuell führt das Klassement die Mannschaft von Trainer Dirk Heyne auf dem 15. Rang. Die Partie gegen den Lüneburger SK, der in der Tabelle punktgleich mit „EN“ ist und nur aufgrund des besseren Torverhältnisses über der Eintracht steht, ist ein Endspiel. Vielleicht sogar in doppelter Hinsicht – oder doch nicht? Was die sportliche Zukunft des Vereins angeht, ist es eines von vielen Endspielen – soviel steht zumindest fest. Denn nicht nur Stürmer Jan Lüneburg, der schon das Match gegen den TSV Havelse zu einem „Sechs-Punkte-Spiel“ auserkoren hatte, weiß: „Ab jetzt geht es bis zum Ende nur noch um den Klassenerhalt. Damit müssen wir uns alle abfinden. Ich habe auch das Gefühl, dass das alle tun und realisiert haben.“ Eine solche Situation erfordert allerdings nicht nur Durchhalteparolen und Optimismus, sondern auch Ursachenforschung.

Gegen Havelse trat Norderstedt mit dem letzten Aufgebot an, zwei Kaderplätze blieben sogar unbesetzt. Dennoch zeigte man nach anfänglichen Schwierigkeiten eine gute erste Halbzeit. Allein hier liegen also bereits zwei Gründe: Die Eintracht blieb in der laufenden Spielzeit nicht gerade vom Verletzungspech verschont, musste immer wieder wichtige Spieler ersetzen. Es fehlten immer wieder Eckpfeiler. Was aber auch fehlt ist eindeutig die Konstanz: Nicht nur die, in einem Spiel gegen Havelse einer guten ersten auch eine gute zweite Hälfte folgen zu lassen. Nein, auch und gerade auf die gesamte Saison bezogen. Es gab und gibt einfach zu viele Aufs und Abs. All das und nur ein Punkt Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz wirft aber auch die Frage auf, die in dieser Branche bei Misserfolgen dieser Art üblich ist: Wie sicher sitzt der Trainer noch im Sattel? Nun konstatierte Stürmer Lüneburg zwar, an Coach Heyne würde es nicht liegen. Dieser mache „einen Top-Job und super Training“ und man bräuchte über den Ex-Profikeeper „am allerwenigsten diskutieren“, doch: Wenn es im extremsten Fall um das Wohl und Wehe eines Vereins geht, dann werden die gängigen Mechanismen auch vorm Edmund-Plambeck-Stadion nicht zwingend halt machen. Soll heißen: Spätestens ab jetzt spielen die Norderstedter nicht nur gegen den Abstieg, sondern auch um die Zukunft – ihre eigene. Und die des Trainers.

Jan Knötzsch