Kolumne

„JPR“ statt Ostermann: Richtiger Wechsel – nur der Zeitpunkt ist fragwürdig

Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

14. Februar 2019, 09:54 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

An dieser Stelle greifen wir regelmäßig die Themen des Hamburger Fußballs aus der Woche und vom Wochenende auf und kommentieren diese. Aus aktuellen Anlass widmen wir uns diesmal der Trennung zwischen der TuS Dassendorf und ihrem bisherigen Coach Elard Ostermann sowie der Inthronisierung seines Nachfolgers Jean-Pierre Richter.

Nanu, schon wieder eine Kolumne, es gab doch diese Woche bereits eine – dies dürfte den FussiFreunde-Lesern vielleicht beim Studium dieser Zeilen als erstes durch den Kopf schießen. Richtig. Doch besondere Anlässe erfordern auch ein besonderes Handeln – deswegen in dieser Woche ein zweiter Meinungsbeitrag aus unserer Redaktion. Apropos besondere Anlässe und besonderes handeln: Passender könnte die Überleitung zum Thema gar nicht sein. Denn wenn die TuS Dassendorf, Hamburgs Abonnement-Meister sich im Verlauf einer Saison von ihrem Trainer trennt, dann ist das schon etwas Besonders. Oder doch nicht?

Ein Team ohne Coach – das konnte auf Dauer nicht gut gehen

Der eine geht: Elard Ostermann ist seit Montag kein TuS-Trainer mehr. Foto: Bode

In diesem Falle muss man sagen: So überrascht die Meldung vom Montag, dass Ostermann und die TuS ab sofort getrennte Wege gehen, von dem einen oder anderen aufgenommen wurde, so vorhersehbar war sie eigentlich. Schon vor Wochen hatte der Club die Entscheidung kommuniziert, dass sich die Wege des Trainers und des Vereins am Ende der Saison trennen würden. So weit, so gut. Eine Entscheidung, die nach Abwägung aller Punkte verständlich war – maßgeblich eben der, das Ostermann seinen Fußball-Lehrer macht, nicht zusagen konnte, dass er über en Sommer bleibe und legitimer Weise vielleicht auf höherklassige Offerten hoffte. Wenn man aber weiß, dass jemand in einem knappen halben Jahr so oder so weg ist, dann macht es das für eben diesen Zeitraum nicht einfacher. Nicht selten werden Personen, die noch im Amt sind, bei denen aber das Ende der Tätigkeit feststeht, als „lame duck“ bezeichnet – die lahme Ente. Eine Redewendung aus der Politik.

Was es aber im Falle Ostermanns noch schwieriger machte: der angesprochene Lehrgang zum Fußball-Lehrer. Unter der Woche weilte der Coach zumeist eben nicht beim Team in Dassendorf, sondern beim Lehrgang in Köln – und die Truppe wurde von Co-Trainer Mirko Petersen gecoacht. Ein Fakt, der lange bekannt war. Ein Fakt der – das erwähnten auch die Dassendorfer in ihrer Pressemitteilung der Ostermann-Trennung – auch in der Mannschaft nicht unbedingt auf Gegenliebe traf, um es mal nett zu formulieren. Ein Team ohne Coach – das konnte auf Dauer nicht gut gehen und dürfte hinter den Kulissen am Wendelweg nicht erst jetzt und nicht nur ein Mal thematisiert worden sein. Das vorzeitige Ende Ostermann war absehbar. Dass die TuS im Winter nicht handelte, weil Ostermann gewillt war, mit der Meisterschaft und dem ODDSET-Pokalsieg beide noch möglichen Titel zu holen, ehrt die „Macher“ am Wendelweg. Vollumfänglich verstehen aber muss man es nicht.         

Man hätte einen ruhigeren Übergang haben können

Der andere kommt: Jean-Pierre Richter hat die Nachfolge als Coach angetreten. Foto: Bode

Im Endeffekt steht das Wohl des Vereins über dem Wunsch des Trainers. Man hätte es einfacher haben können: eine geordnete Übergabe im Winter. In Ruhe. Nicht aus der Hüfte geschossen wie jetzt. Gut: Jean-Pierre Richter, der am Freitag im Testspiel gegen den Oststeinbeker SV erstmals als Coach auf der Bank sitzen wird, hat glücklicherweise zwei Wochen Zeit, sich an sein neues Team zu gewöhnen. Ein Segen, der dadurch entsteht, dass die TuS am Wochenende nicht in der Liga im Einsatz ist, weil Gegner TSV Buchholz 08 im Pokal gegen Eintracht Norderstedt ran muss. Ideal aber ist der Einstieg für den ehemaligen Vicky-Coach nicht: Im Winter hätte er Zeit gehabt, bei Personalien für die Rückrunde mitzusprechen. In der Vorbereitung hätte er Zeit gehabt, der Mannschaft sein System und seine Vorstellung von Fußball über einen längeren Zeitraum zu erläutern und einzustudieren. Nun muss das quasi nebenbei geschehen.

Eine Herausforderung für „JPR“, der nun zeigen muss, dass er auch das kann. Zusätzlich zu der Herausforderung, erstmals mit einem „fremden“ Team zu arbeiten und auf gestandene „alte Hasen“ und Ex-Profis zu treffen. Ebenso Neuland für „Jonny“. Und: Da wären ja noch der Druck und die Erwartungshaltung. In der Pressemitteilung zur Trennung von Ostermann hieß es, dass man sich zu diesem Schritt entschlossen habe, weil man die hohen Ziele für 2019 gefährdet sah – sprich Meisterschaft und Pokalsieg. Ein klares Statement. Dassendorfs und Ostermanns Ziele sind nun Dassendorfs und Richters Ziele. Es bleibt abzuwarten, ob er sie erreicht. Aber wie heißt es doch: Hinterher ist man immer schlauer...

Jan Knötzsch