Erst drei „Dersim-Dämpfer“, dann ein Slapstick-Eigentor: „Ich hatte nie das Gefühl, das was schief geht“

SC Victoria zieht durch 3:1-Sieg gegen Dersimspor ins Pokal-Viertelfinale ein

15. Dezember 2018, 17:55 Uhr

Pflichtaufgabe erfüllt: Len Strömer (Mitte), der hier mit Co-Trainer Enrico Klüver abklatscht, erzielte das 3:0 für die Elf von Interimstrainer Benjamin Kruk (li.). Foto: Bode

Der erste Weg nach dem ODDSET-Ookal-Achtelfinalspiel gegen Dersimspor (Hier gibt’s den Live-Ticker des Spiels zum Nachlesen) führte Benjamin Kruk, den Interimstrainer des SC Victoria, noch bevor er seine Schützlinge zum Mannschaftskreis um sich versammelte, an die Mittellinie. Dort stand Lamin Jawla. Kruk klatschte den Dersim-Akteur mit der Nummer zehn auf dem Rücken des schwarzen Trikots ab, umarmte ihn, verpasste Jawla dann einen Klaps und grinste. Auch über das Gesicht des 27-jährigen Mittelfeldspielers huschte ein kurzes Lächeln. „Lamin ist mein Schwager in spe“, klärte Kruk anschließend auf, warum es nach dem Ende der Partie kurzen Gesprächsbedarf gab. Apropos Ende: Das bessere Ende hatte letztlich der SCV für sich, der mit 3:1 gewann.

„So ein Familien-Sieg macht das Ganze natürlich nochmal schöner“, lachte Kruk nach dem Schlusspfiff von Referee Alexander Teuscher (SC Eilbek) mit Blick auf die besondere Verbindung zu Lamin Jawla. Dessen Elf stand in den 90 Minuten, die in klirrender Kälte auf dem Rasenplatz am Kapellenweg gerade mal rund 50 Zuschauer verfolgten, eigentlich von vornherein auf verlorenem Posten, steckte allerdings nicht auf, sondern versuchte, so gut es ging, dagegenzuhalten. Trainer Sven Siebert fehlte aus privaten Gründen – und auch aus dem Kader selbst wurden diverse Gesichter schmerzlich vermisst. „Das ist heute unser letztes Aufgebot. Und wir trainieren kaum“, verriet Dersims Mittelfeldmann Ulas Dogan schon vor dem Anpfiff, dass die letzten Wochen nach dem erzwungenen Abschied von der langjährigen Heimspielstätte an der Baererstraße alles andere als ideal verliefen. Sein Bruder Baris – seines Zeichens Manager –, der gemeinsam mit Co-Trainer Vetim Hoti an der Seitenlinie den fehlenden Coach Siebert vertrat, sollte nach dem Match ins gleiche Horn stoßen: „Hätten wir unsere Fitness trainieren können, dann hätten wir uns ein paar Chancen ausgemalt.“

Dogan: „Dass nicht mehr drin war, ist einfach unserer aktuellen Situation geschuldet“

Manager Baris Dogan vertrat mit Co-Trainer Vetim Hoti auf der Dersim-Bank den fehlenden Coach Sven Siebert. Foto: Bode

So aber mühte sich Dersim zwar nach bestem Wissen, Gewissen und Kräften – aber am Ende eben erfolglos. Etwas mehr als eine halbe Stunde lang stand die Null, dann überwand Bibie Njie, der zuvor schon den Pfosten getroffen hatte (21.) Keeper Mark Osnowski zum 1:0 für die Gäste, die fünf Minuten nach dem Seitenwechsel in Person von Dennis Bergmann nachlegten. Spätestens mit Len Strömers Treffer zum 3:0 nach einem Zuspiel von Dennis Bergmann war die Messe, wie man so schön sagt, gelesen. Immerhin: Der Gastgeber kam gegen den Oberligisten noch zum Ehrentreffer – wenn auch aus Vicky-Sicht sehr unglücklich. Mirco Bergmann spielte drei Minuten vor Ultimo einen Rückpass Richtung Torwart Dennis Lohmann, auf dem unebenen Boden sprang der Ball so unglücklich auf, dass Lohmann die Kugel beim Versuch, sie direkt nach vorne zu verwerten, nicht mehr traf und das Spielgerät stattdessen seinen Weg ins Tor fand.

„Ein 1:3 liest sich auch besser als ein 0:3“, hatte Baris Dogan nach der Partie seinen Humor nicht verloren. „Vicky hatte deutlich mehr vom Spiel. Trotzdem sage ich: So wie wir aufgetreten sind, kann man erhobenen Hauptes auf dem Pokal ausscheiden. Wir sind stolz auf die Leistung der Mannschaft. Wir hatten nicht unbedingt damit gerechnet, dass wir heute wirklich spielen würden. Eigentlich hatten wir nur elf Mann zur Verfügung“, so Dogan, der dann allerdings doch noch Karim Derouiche und Onur Capan einwechseln konnte, selbst aber nicht mehr zum Einsatz kommen musste, obwohl er als Auswechselspieler auf dem Spielbericht stand. „Jeder hat für jeden gekämpft. Alle, die gespielt haben, haben mitgezogen und es super gemacht. Dass nicht mehr drin war, ist einfach unserer aktuellen Situation geschuldet. Dafür haben wir uns gut aus der Affäre gezogen“, konstatierte Baris Dogan abschließend.

Kruk: „Letztlich hat unsere Qualität den Ausschlag gegeben“

Vicky-Keeper Dennis Lohmann wurde drei Minuten vor Schluss von seinem eigenen Teamkollegen Mirco Bergmann bezwungen. Foto: Bode

Und auf der anderen Seite? „Wir haben unsere Pflichtaufgabe erfüllt, das kann man so festhalten. Und das war auf dem Platz nicht ganz so einfach“, bilanzierte Benjamin Kruk. „Phasenweise haben die Jungs das ganz okay gemacht, aber viele Sachen haben wir auch nicht gut zuende gespielt. Letztlich hat unsere Qualität den Ausschlag gegeben. Am Ende hat es sich nicht mehr unbedingt wie ein Pflichtspiel angefühlt. Wir haben es einfach runtergespielt. Jetzt haben wir heute Abend unsere Weihnachtsfeier, auf die sich die Jungs freuen, und stehen im Viertelfinale – und das trotz der ganzen Dinge, die bei uns im Verein passiert sind“, sagte der Interimscoach und spielte damit auf den Abgang des bisherigen Trainers Jean-Pierre Richter vor dem Meisterschaftspiel gegen die TuS Dassendorf und die vorherigen „Nebenkriegsschauplätze“ um „Jonny“ und Präsident Ronald Lotz in den zurückliegenden Wochen an.

„Ich habe es schon nach dem Dassendorf-Spiel gesagt und wiederhole es gern nochmal: Man kann den Charakter der Mannschaft nur loben. Die Jungs haben – auch in den letzten Trainingswochen – noch einmal sehr gut mitgezogen und heute dann auch diese Hürde gegen Dersimspor genommen“, befand Kruk. „Ein schönes Fußballspiel war's nicht. Aber ich hatte nie das Gefühl, das was schief geht. Ich hatte heute Morgen schon ein gutes Gefühl und auch während des Spiels. Ich war mich sicher, dass wir hier gewinnen“, so der 31-Jährige, der vom Verein „auch noch nicht gehört hat, wie es weitergeht.“ Dem Vernehmen nach könnte sich in Sachen neuer Trainer an der Hoheluft in der kommenden Woche etwas tun. Kruk war's nach dem Spiel erstmal egal. „Wir duschen jetzt, dann fahren wir nach Hause, um uns kurz frisch zu machen und dann geht’s zur Weihnachtsfeier“, gab er das Programm für den restlichen Samstag aus...

Jan Knötzsch