Fehlverhalten, ein (vermeintliches) Fehlurteil und: eine Fehleinschätzung?

Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

20. November 2018, 13:50 Uhr

Foto. KBS-Picture.de

An dieser Stelle greifen wir unter dem Titel „Abpfiff“ in unserer Kolumne die Geschehnisse und die wichtigsten Themen im Hamburger Fußball auf und kommentieren diese. Diesmal geht es um das Urteil des Sportgerichts des Hamburger Fußballverbandes nach den Attacken auf Schiri Christian Henkel (wir berichteten), die Trennung zwischen Elard Ostermann und der TuS Dassendorf zum Saisonende sowie die Aussagen von Niendorfs Trainer Ali Farhadi am vergangenen Wochenende in Richtung Schiedsrichter Jorrit Eckstein-Staben nach dem Spiel des NTSV gegen Dassendorf. 

Nun ist es seit der letzten Woche also gefällt – das Urteil zum Spiel zwischen der Vereinigung Tunesien und dem Harburger SC, das Schiedsrichter Christian Henkel am ersten Wochenende im November abbrach, nachdem der erfahrene Unparteiische in der Nachspielzeit der Begegnung vehement bedrängt wurde und einen Faustschlag in den Nacken bekam. Zudem soll auch eine Flasche auf den Spielleiter geworfen worden sein. Dass all so etwas nicht auf den Fußballplatz gehört und letztlich in jederlei Hinsicht nur Schaden anrichtet, ist klar und wurde bereits ausreichend thematisiert. Das Urteil besagt: Das Spiel wird mit 3:0 für den HSC gewertet, gleiches gilt für die Partie der Vereinigung gegen Bostelbek, die der Verband abgesetzt hatte Darüber hinaus erhielten fünf Spieler eine Sperre, der Verein muss eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro zahlen und die nächsten vier Heimspiele unter Bewährung austragen. Zudem spielt der Club künftig unter Bewährung.

Was soll denn erst noch alles passieren?

Niendorfs Coach Ali Farhadi distanzierte sich nachträglich von seinen Aussagen über Schiri Jorrit Eckstein-Staben. Foto: Bode

Als Verantwortlichen für die Lage machte das Sportgericht keine Spieler, sondern Zuschauer aus – von daher müsse man den Antrag des Verbands-Schiedsrichter-Ausschusses, die Vereinigung Tunesien vom Spielbetrieb auszuschließen, zurückweisen, so Christian Koops, der Vorsitzende des Sportgerichts, das immerhin den Vereinspräsidenten Abdel B. bis Ende Juni 2019 sperrte. So weit so gut – oder eben nicht gut? Es gab nicht wenige Stimmen, die das Urteil als zu milde beurteilten. Andreas Wilken von BW 96 Schenefeld, selbst Schiri, rief via „Facebook“ gar alle Unparteiischen dazu auf, „die Spiele dieses Vereins nicht mehr zu leiten.“ Nun, so einfach ist es (leider) nicht getan. Nicht die Basis ist in dieser Situation gefordert, sondern der Verband wäre es gewesen. Nicht nur in diesem, nein, auch in vorherigen Fällen. Dass man nun allein an der Vereinigung Tunesien nun ein Exempel hätte statuieren sollen, ist allerdings die falsche Forderung.

Dass das Urteil aber „lasch“ ist, darf man schon offen sagen. Man denke nur an andere Urteile wie zum Beispiel das gegen Dersimspor nach der Attacke eines Zuschauers auf den Schiedsrichter beim Ligaspiel in Bramfeld anno 2015: Die Geldstrafe höher, die persönliche Strafe für den Täter länger. Das Sportgericht hat eine Chance vertan: Nicht unbedingt nur die, die Vereinigung Tunesien jetzt drastischer zu bestrafen. Nein, vordergründig die, von Anfang an, respektive schon in der Vergangenheit, härter gegen Gewalt auf den Plätzen vorzugehen. Genügend abzuschrecken jedenfalls scheinen die bisherigen Urteile ja nicht, wenn man am vergangenen Wochenende erneut in die Kreisliga 1 – jene Staffel, in der auch die Vereinigung und der HSC spielen – schaut: Beim Spiel des SC Vier- und Marschlande III gegen den FC Neuenfelde gab es eine Rote Karte wegen einer Kopfnuss und – mindestens genauso schlimm – wenn nicht gar schlimmer: Ein SCVM-Spieler und der Co-Trainer wurden gewürgt. Was soll denn erst noch alles passieren?

Zumindest die tabellarische Entwicklung ist da

Verabschiedet sich am Saisonende: Dassendorfs Coach Elard Ostermann. Foto: Bode

Stichwort Trainer: Selbst die, die Kraft ihres Amtes und ihres „fortgeschritteneren“ Alters nochmal mehr eine Vorbild-Funkion haben, schießen bisweilen übers Ziel hinaus. So wie Ali Farhadi am vergangenen Sonntag, als er nach dem Spiel des Niendorfer TSV gegen die TuS Dassendorf eine Breitseite nach der anderen in die Richtung von Schiedsrichter Jorrit Eckstein-Staben feuerte. Beispiele gefällig? Der Unparteiische vom SC Wentorf sei nicht oberligareif, habe nicht die Klasse für eine solche Partie, sei einfach schlecht, vielleicht habe das Gespann sogar absichtlich einen miesen Tag gehabt. Die Emotionen lassen grüßen, doch auch wenn's schwer fällt: Man darf sich als Trainer mit so viel Erfahrung gerne etwas besser im Griff haben und mehr Respekt an den Tag liegen. Farhadi entschuldigte sich via „Abendblatt“ weit nach Spielschluss für seine Aussagen. Immerhin! Ein guter Schritt. Wir wissen alle, dass „sorry“ sagen schwerer ist, als drauf los zu poltern...

Bleiben wir bei den Trainern: Da verkündete die TuS Dassendorf am Montag das Ende der Zusammenarbeit mit Ihrem jetzigen Trainer Elard Ostermann zum Saisonende. Ostermann, derzeit dabei, den Lehrgang zum Fußball-Lehrer zu absolvieren, könne nicht abschätzen, welche Perspektiven sich daraus für ihn ergeben. Folglich sei es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, der TuS zuzusagen. Der aufkommende Vorwurf, Ostermann sei eine „Ich-AG“, weil er zuerst an sein Wohl denke? Geschenkt! Dass jemand, der am Ende Fußball-Lehrer ist, nach Höherem strebt, ist legitim. Dass Sportchef Jan Schönteich die Entscheidung bedauert – auch okay. Dass er dies aufgrund der „tollen sportlichen Entwicklung“ tut – eine Fehleinschätzung? Kann man bis jetzt mit einem „nun ja“ kommentieren: „Dasse“ schwächelte, legte holprige Auftritte an den Tag. Aber: Man fing sich wieder, zumindest eine tabellarische Entwicklung ist also da... 


Jan Knötzsch