Hathat hat’s, Weiser-Schock: BU-„Gespenst“ erschreckt „Raubvögel“

Stier: „Am Ende kann das Spiel auch 9:3 ausgehen“

12. August 2018, 20:12 Uhr

Der stärkste Barmbeker: Abdel Hathat (re.) traf nicht nur selbst und bereitete einen Treffer vor, sondern stellte Condor immer wieder vor Probleme. Foto: Dimitri Ismer

„Das war geiler Kombinations-Fußball, wir haben das Tempo hochgehalten und fast nichts zugelassen“, schwärmte Marco Stier von dem, was seine Mannen über gut und gerne 60 Minuten am Berner Heerweg ablieferten. Zu Recht! Denn der HSV Barmbek-Uhlenhorst hatte den SC Condor fest im Griff. „Wir haben in der ersten Halbzeit ein sehr, sehr starkes Spiel gemacht und hatten fünf, wenn nicht sogar sechs 100-prozentige Torchancen. Wir müssen da einfach die Tore machen!“ Womit wir auch schon beim bis dato einzigen Kritikpunkt wären: Die mangelnde Chancenverwertung. „Wir haben sie am Leben gelassen“, befand Stier, der am Ende sogar noch um den Sieg zittern musste.

Dass der Fußball eben auch nur die schönste Nebensache der Welt ist – und nicht mehr, wurde kurz vor Schluss des Oberliga-Spiels zwischen dem SC Condor und BU deutlich. SCC-Stürmer Nico Weiser, gerade erst von seinem zweiten Kreuzbandriss binnen kürzester Zeit genesen, verdrehte sich ganz unglücklich das Knie, blieb am Boden liegen und riss sofort den Arm in die Höhe. Nach kurzer Behandlung auf dem Platz musste Weiser sofort raus, wurde zunächst auf der Bank weiter verarztet und dann gestützt von der Anlage gebracht. Condor-Coach Olufemi Smith schlug besorgt die Hände vors Gesicht. Denn: Es war wieder das lädierte rechte Knie, sodass bei Spielern, Verantwortlichen und auch beim 22-Jährigen selbst sofort die schlimmsten Befürchtungen die Runde machten. „Das ist für ihn und auch für uns unfassbar bitter! Der Junge hat unglaubliches Pech. Wir hoffen alle, dass es nicht so schlimm ist – und vielleicht nur eine Zerrung, sodass er schnell wieder gesund wird.“ Diesen Wünschen können wir uns nur nahtlos anschließen und fest die Daumen drücken, dass sich die ersten Vermutungen nicht bewahrheiten!

„Gespenst“ Mandel erschreckt Condor

Jon Hoeft (li.) mit eleganter Ballbehauptung gegen Gökhan Iscan. Foto: Dimitri Ismer

Zum Spiel: Barmbeks Louis Mandel schien in der ersten halben Stunde vor gut und gerne 220 Besuchern der einsamste Protagonist auf der Anlage gewesen zu sein. Der Grund: Die Condor-Defensive schien den ehemaligen Rahlstedter überhaupt nicht auf dem Zettel gehabt zu haben. Es wirkte fast so, als würde Mandel unsichtbar über den Platz schweben – auch für die eigenen Mitspieler. Denn während die Hausherren Mandel auf dessen linker Offensivseite komplett vernachlässigten und ihm immer wieder jeglichen Raum gewährten, wurde er auch von den Teamkollegen nahezu „ignoriert“. Immer und immer wieder spielte sich BU bis zum gegnerischen Sechzehner durch. Immer und immer wieder war auch Mandel in aussichtsreicher Position – und stets ungedeckt. Doch sowohl Ian-Prescott Claus (19.) als auch Chris Pfeifer (22.) versuchten ihr Glück auf eigene Faust, was misslang. Andere erfolgsversprechende Situationen verpufften komplett, weil der letzte Pass entweder fehlte oder nicht gespielt wurde. Aber dann: Der bärenstarke Abdel Hathat setzte Claus in Szene – und der Torjäger befreite den stets anspielbereiten Mandel von dessen „Unsichtbarkeit“ für die eigenen „Kompagnons“. Doch diesmal verhinderte Stanislaw Lenz den Rückstand (30.).

„Wir können den Sack schon in der ersten Halbzeit zumachen“

Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, wann es das erste Mal im Gehäuse der Farmsener klingeln würde – und wenig später war es dann auch soweit: Über Niklas Sabas und Pfeifer kam der Ball zum aufgetauten Mandel, der von links scharf nach innen passte, wo der eingerückte Hathat eiskalt vollstreckte – 0:1 (33.)! Nur wenige Augenblicke später bediente Mandel im Zentrum Jon Hoeft, der sah, dass Claus 18 Meter vor dem Tor alle Zeit der Welt hatte. Kein „Raubvogel“ fühlte sich auch nur im Ansatz für den schussstarken Knipser zuständig. Also legte sich dieser den Ball noch mit der Sohle zurecht und nagelte ein aus halbrechter Position ins lange Eck – das ging sehr einfach und war doch sogleich extrem schwer (37.)! BU boten sich immer wieder unglaubliche Räume in des Gegners Hälfte, das Defensivverhalten des SCC war zum Teil abenteuerlich. Doch dann das: Gökhan Iscan und Damian Ilic spielten Incheol Choi links im Strafraum frei. Dessen Hereingabe jagte Özgür Bulut, der sich kurz zuvor nach einem Zusammenprall ständig den Kopf hielt und auch zur Pause raus musste, zum Anschluss in die Maschen (40.)! „Wir haben Chancen über Chancen, können den Sack schon in der ersten Halbzeit zumachen – und dann machen sie mit der ersten Torchance das Tor“, ärgerte sich Stier.

Stier nach 3:1: „Da dachte ich, jetzt könnte es deutlich werden“

Unbändige Freude bei Chris Heuermann nach der vermeintlichen Vorentscheidung zum 3:1. Foto: Dimitri Ismer

Daran sollte sich auch zu Beginn von Hälfte zwei erstmal nichts ändern. „Unglaublich – siebter Hundertprozenter“, echauffierte sich der neue BU-Dompteur an der Seitenlinie, als Claus ein Mandel-Zuspiel zu leichtfertig per Lop am Kasten vorbei bugsierte (50.). Die „Raubvögel“ hinten phasenweise „vogelwild“ – wie auch in Minute 52, als Hathat links im Strafraum einen Slalomlauf vollführte und dem gänzlich ungedeckten Chris Heuermann das 3:1 auf dem Silbertablett servierte. Der Angreifer musste nur noch einköpfen (52.)! „Da dachte ich, es könnte jetzt deutlich werden“ gestand Stier hinterher. Eines muss man dem SCC jedoch zu Gute heißen: Egal wie der Spielstand auch war, die Smith-Schützlinge zeigten stets Moral, gaben sich nicht geschlagen und kamen wieder postwendend zurück. Nachdem Matthias Cholevas einen Freistoß noch an den Außenpfosten setzte (53.), verlängerte Ken Niederstadt kurz darauf einen Cholevas-Eckball auf den zweiten Pfosten, wo sich Ilic im Getümmel behauptete und einnickte – nur noch 2:3 (54.)! Und auf einmal war BU „raus“, wie auch Stier befand. „Wir sind nervös geworden und Condor hatte eine klare Devise: Standards. Dafür haben sie dann auch die Leute gebracht und wir waren da sehr anfällig.“

Smith: „Schade, dass wir uns nicht mindestens mit einem Punkt belohnt haben“

Choi hämmerte einen 25-Meter-Freistoß an die Latte – BU-Keeper Oliver Gaedtke war noch mit den Fingerspitzen dran (69.) – und Sean Paul Vinberg schädelte das Spielgerät nach einer Iscan-Ecke ans hintere Torgestänge (81.). Auf einmal lag ein Ausgleich in der Luft. „Kämpfen, Barmbek, kämpfen“, unterstützte der lautstarke Barmbeker „Pöbel“ die Mannschaft, die den Sieg über die Zeit brachte. „Wir haben es unnötig spannend gemacht“, konstatierte Stier. „Aber am Ende kann das Spiel auch 9:3 ausgehen. Es ist unnötig, dass wir die letzten 30 Minuten nicht mehr da waren und den Gegner fast dazu einladen, noch ein Tor zu schießen. Das hat mir nicht gefallen. Aber dennoch war es insgesamt ein hochverdienter Sieg für uns.“ Sein Gegenüber meinte: „Es ist wirklich sehr ärgerlich, dass wir uns heute nicht mit mindestens einem Punkt belohnt haben. Ich finde, den hätten wir mehr als verdient gehabt. Hinten hatten wir leider ein paar Situationen, wo wir für Unkonzentriertheiten bestraft worden sind, hatten aber auch Glück, dass BU einige Szenen nicht gut zu Ende gespielt hat. Das haben wir zur Halbzeit angesprochen und korrigiert. Ich kann meinen Jungs überhaupt keinen Vorwurf machen. Wir haben eine gute Moral bewiesen, sind immer wieder zurückgekommen und waren dem 3:3 sehr nahe. Da hatten wir viel Pech.“

Autor: Dennis Kormanjos