Sorgen? „Völliger Quatsch - ich mache mir keine Sorgen!“

AFC geht nach Führung im Jubiläumsspiel gegen Dulwich unter

15. Juli 2018, 18:36 Uhr

Ein Testspieler der Gäste (li.) - hier gegen Vincent Boock, der in ungewohnter Rolle auf der Sechs agierte - wirbelte die AFC-Defensive gehörig durcheinander. Foto: KBS-Picture.de

Seit nunmehr zwei Wochen befindet sich der Altonaer Fussball-Club im Feier-Modus. Grund: Der Hamburger Traditionsverein begießt seinen 125. Geburtstag. Nach diversen Empfängen, Ehrungen, Partynächten und zahlreichen historischen Anekdoten stand zum Abschluss ein ganz besonderes Testspiel auf dem Plan. Gegner des AFC war Dulwich Hamlet FC. Ein englischer Club, der ebenfalls sein 125-jährige Bestehen feiert, gerade in die 6th Division aufgestiegen ist – und dessen Anhänger eine Fan-Freundschaft mit dem AFC verbindet. Vor 1093 Zuschauern auf der alt-ehrwürdigen Adolf-Jäger-Kampfbahn, dem zweitältesten noch bespielbaren Stadion Deutschlands, endete der Nachmittag für die Hausherren aber bitter – zumindest aus rein sportlicher Sicht…

Vor dem Anpfiff zündeten die AFC-Anhänger noch einige Rauchbomben in den Vereinsfarben. Foto: KBS-Picture.de

Mit leicht runzelnder Stirn gestand AFC-Präsident Dirk Barthel unmittelbar nach dem Schlusspfiff, dass er sich „ein bisschen Sorgen“ machen würde. Allerdings fügte er umgehend an, dass ihm Trainer Berkan Algan umgehend jegliche Bedenken nahm. „Warum sollte ich mir Sorgen machen?“, entgegnete Algan auch auf Nachfrage der Pressevertreter – und führte dann aus: „Nein, das ist völliger Quatsch! Ich mache mir dann Sorgen, wenn ich in der Regionalliga auf fünf wichtige Spieler verzichten muss, die ich über sechs Monate nicht ersetzen kann. Ich weiß ja, was die Jungs können – ich weiß aber auch, wenn du beim Stellungsspiel im Stellungsspiel zueinander schlecht stehst, dann sieht das genau so aus, wie es aussah.“ Was Algan damit meinte: Nach gutem Beginn und frühem Führungstreffer, als Seyhmus Atug eine Flanke von Vincent Boock – beide wechselten vom Nachbarn Teutonia 05 an die AJK – einköpfte (5.), wurden die Hausherren binnen 20 Minuten regelrecht überfahren. Mehr noch. Der Regionalliga-Absteiger wirkte in der Rückwärtsbewegung völlig konfus.

Nach Führung: AFC kassiert vier Tore in 20 Minuten

Da war die AFC-Welt noch in Ordnung, als Seyhmus Atug zur Führung traf. Foto: KBS-Picture.de

Zunächst nickte Michael Chambers einen Eckball – ohne Gegenwehr im Fünfmeterraum, weder ein AFC-Verteidiger noch Fänger Patrick Hartmann griffen ein – zum Ausgleich ein (16.). Dann tauchte erst Akinyemi Dipo (18.), kurz darauf A. Trialist (24., ein Testspieler) blank vor dem aus Osdorf gekommenen Schlussmann auf. Beide Male war der Torsteher chancenlos – 1:3. Nachdem Andy Akoteng-Bonsrah in Folge einer Einzelaktion mit einem strammen Schuss aus 24 Metern halblinker Position an der Latte scheiterte (31.), guckten zwei Altonaer nur zu, als wiederum Chambers nach einer ewig in der Luft befindlichen Flanke ungehindert – abermals per Kopf – zur Stelle war (37.). 4:1 für die Gäste! Nach der Pause verpassten Akoteng-Bonsrah, freistehend nach Wachowski-Zuspiel (63.), und Pablo Kunter (66.) Ergebniskosmetik. Am Freitag musste sich Bezirksligist HFC Falke den Engländern - in gewöhnungsbedprftigem Outfit mit rosa-gestreiften Trikots und knallpinken Stutzen - erst durch zwei Tore in den Schlussminuten mit 2:4 geschlagen geben.

„Wir haben ein Testspiel verloren - mehr nicht“

Andy Akoteng-Bonsrah (re.) war noch ein belebendes Element im Altonaer Spiel. Foto: KBS-Picture.de

„Das war ein guter Test gegen einen sehr guten Gegner. Wir haben heute viele Sachen probiert“, so Algan, der damit unter anderem auf das Experiment ansprach, Vincent Boock (eigentlich Zehner) und Marco Schultz (Stürmer) in der ersten Halbzeit als Doppel-Sechs aufgeboten zu haben. Warum? „Weil ich weiß, dass man, wenn man den Ball hat, auch die Leute braucht, die gegen eine tief stehende Mannschaft Argumente liefern müssen. Wenn sich dann die Abstände der Abwehr- zu den Mittelfeldspielern verbessern, dann wird es auch ein ganz anderes Spiel. Dann hat man nämlich auch Spieler, die Tempo-Dribblings machen und in Eins-gegen-Eins-Situationen den tödlichen Ball spielen können – und zwar auf drei Positionen. Das will ich irgendwann haben.“ Deshalb wollte Algan die Niederlage auch nicht allzu hoch hängen. „Klar hat man die Verantwortung, aber wir haben heute ein wirklich freundschaftliches Testspiel verloren – und mehr ist es nicht. Es gibt ja immer Leute, die gerne Vergleiche ziehen. Aber wir sind jetzt in einem ganz anderen Zustand als letztes Jahr, weil wir eine komplett neue Mannschaft haben, die sich finden muss, und einige im Urlaub sind.“

„Wir haben auch gute Sachen gesehen, wenn man von den gravierenden Fehlern absieht“

Ernüchterung nach dem Endergebnis... Foto: KBS-Picture.de

Doch Algan meint auch: „Am Ende werden sie daran gemessen – aber noch sind die Jungs nicht da, wo wir sie irgendwann haben wollen. Das dauert noch Wochen. Aber ich habe da überhaupt keine Bammel davor.“ Der Kontrahent aus England habe „Regionalliga-Niveau“ und sei „körperlich sehr stark“ gewesen. „Am Stellungsspiel und an der individuellen Klasse arbeiten wir noch. Ich will die Jungs erstmal da hinkriegen, dass sie 90 Minuten laufen können. Und wir sind jetzt in der Phase, wo wir langsam in die Taktik reingehen. Wir haben viel Arbeit – und es ist für einen Trainer unwahrscheinlich viel Arbeit, wenn du so viele neue Spieler hast –, aber die Situation ist nun mal so entstanden. Davor drücken wir uns auch nicht.“ Abschließend konstatierte er: „Wir haben auch gute Sachen gesehen, wenn man mal von den zwei gravierenden Fehlern absieht.“

Autor: Dennis Kormanjos

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