„Ich kann nicht verstehen, wenn die Einstellung das Ausmaß einer Kneipentruppe annimmt“

SVNA dreht Spiel und siegt durch Slapstick-Tor - BU II holt ehemaligen „Rothosen“

24. Februar 2018, 16:19 Uhr

Philipp Sander (re., Nr. 6) war einer der auffälligsten Akteure auf dem Platz und bereitete Yannick Wrage vor allem im ersten Durchgang große Probleme.

„Wir hätten das Spiel zu Ende kommunizieren können“, sprach BU II-Coach Jan Haimerl im übertragenen Sinne das an, was gemeinhin als „clever nach Hause bringen“ bezeichnet wird. Die mangelnde Kommunikation brachte den Bezirksligisten schlussendlich um einen Achtungserfolg im Test gegen den klassenhöheren SV Nettelnburg/Allermöhe. Es lief die 89. Spielminute, als Barmbeks Schlussmann Vincent Driessen nach einem Freistoß des sehr auffälligen Philipp Sander lautstark „Leo“ rief, woraufhin Verteidiger Nico Hofmann seinen Kopf einzog. Doch Driessen konnte den gänzlich harmlos anmutenden Ball nicht aufnehmen und ermöglichte Mete Sahin so das 3:2 für den Gast. Ein Slapstick-Tor par excellence!

Sein Team hatte gerade den Siegtreffer markiert – doch Daniel Andrade-Granados war „not amused“. Der Übungsleiter des SVNA ärgerte sich über den Auftritt seiner Mannen in den zweiten 45 Minuten. „Da haben wir ein sehr unschönes Gesicht gezeigt und wenn du so ein Gesicht an den Tag legst, dann muss man ganz ehrlich sagen, wird es schwierig, selbst in der Bezirksliga zu bestehen. Das hat man heute gesehen“, so der gerade erst 38 Jahre jung gewordene Trainer des Hansa-Landeslgisten, der seinen Schützlingen gleich eine Hausaufgabe mit auf den Weg gab: „Wir müssen daran arbeiten, dass wir uns auf die 43 Minuten der ersten Halbzeit fokussieren und solche Sachen wie in der zweiten Halbzeit, die wenig bis gar nichts mit dem Gegner zu tun haben, per sofort abstellen. Dann ist alles im grünen Bereich.“ Aber eben nur dann. Die erste Minute der Begegnung klammerte Andrade-Granados unterdessen ganz bewusst aus. Denn an der Dieselstraße waren keine 18 Sekunden vorüber, als Moritz Scholz beinahe von einem eklatanten Querpass von Robert Spiewak profitierte. Den Abschluss des Linksfußes entschärfte Kai Erschens jedoch.

„Ich kann nicht verstehen, wenn die Einstellung das Ausmaß einer Kneipentruppe annimmt“

Es begann die Zeit, in der die Gäste das Geschehen in den Griff bekamen und dominierten. BU II-Abwerhüne Anthony Erhijakpor leistete sich einen schlimmen Ballverlust im Aufbau gegen Philipp Sander und brachte diesen dann auch noch im eigenen Sechzehner zu Fall. Den fälligen Strafstoß verwandelte Dustin Siegmund sicher zur Führung (5.). Der Schütze hätte nur kurz darauf – nach glänzender Balleroberung und starkem Pass von Masehullah Satari – das Ergebnis verdoppeln können, vertändelte aber die Großchance (8.). Im Gefühl, den Gegner vollends unter Kontrolle zu haben, rannten die Nettelnburger in einen Konter. Und nach einem Querpass von links nahm Barmbeks Winter-Zugang Jan Sell einfach mal aus 18 Metern Maß. Zwar präzise getreten, aber ohne die große Power versehen, schlug die Kugel im linken unteren Toreck ein und ließ einen verdutzten Kai Erschens zurück – 1:1 (31.). Nichtsdestotrotz: „Die ersten 45 Minuten haben mir – bis auf die Anfangsminute und die zwei Minuten nach dem Gegentor – gefallen“, so Andrade-Granados. „Das haben wir gut gemacht und hatten einige Situationen vor dem Keeper. Da war alles im grünen Bereich.“

Doch das änderte sich nach Wiederanpfiff. Der Landesligist leistete sich unzählige leichtfertige Fehler im Spielaufbau und wirkte im gesamten Auftreten fahrig. „Es ist ja nicht so, dass wir über fußballerische Defizite oder Mängel reden, sondern rein über die Einstellung. Ich kann das manchmal sogar nachvollziehen, wenn die in solchen Partien nicht auf Pflichtspielniveau ist, aber ich kann nicht verstehen, wenn sie das Ausmaß einer Kneipentruppe annimmt“, brachte es Andrade-Granados treffend auf den Punkt – und wurde an der Seitenlinie nun von Minute zu Minute lauter. Mit einfachen Ballverlusten brachte man BU II immer wieder in gute Abschlusspositionen. André Jozic traf mit einem wuchtigen Abschluss aus der Distanz nur das Außennetz (61.), ehe er freistehend viel zu eigensinnig agierte (68.). Deutlich besser machte es der Stürmer in Minute 78, als er gleich durch drei (!) an Passivität glänzenden SVNA-Verteidigern hindurch marschierte und von der Grundlinie auf den zweiten Pfosten flankte, wo Oliver Desimeier gegen die Laufrichtung von Erschens, der noch dran war, einköpfte – 2:1. Die prompte Antwort lieferte Sander mit einem herrlichen Schlenzer vom linken Strafraumeck und ließ Driessen damit keine Abwehrchance (80.). Doch das 2:2 war bekanntlich noch nicht das Ende der Fahnenstange…

„Das wäre vielleicht auch etwas zu viel des Guten gewesen“

„Was mir nicht gefallen hat, war die fehlende Kommunikation“, erklärte Haimerl nach der knappen Niederlage und führte aus: „Sicherlich ist es immer situationsbedingt und von außen leicht gesagt: Aber wenn wir bei dem 2:3 besser reden und es insgesamt verbal cleverer gemacht hätten, dann hätten wir das Ding nach Hause bringen können. Es wäre auch nicht unverdient gewesen.“ Gefallen habe ihm hingegen, „dass sich die Jungs immer mehr und besser auf das einlassen und das annehmen, was ich will. Wir bekommen langsam mehr Spielkultur rein, was uns schwerer ausrechenbar macht.“ Vor seiner 100. Trainingseinheit als Chefcoach konnte Haimerl der knappen Pleite aber auch etwas Positives abgewinnen: „Nach dieser Woche ist es ganz gut. Wir hatten zwei klare Siege gegen Lüneburg und Walddörfer. Wenn wir heute noch einen daraufgesetzt hätten, wäre es vielleicht auch ein wenig zu viel des Guten gewesen.“


Autor: Dennis Kormanjos

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