Zu zehnt – Merkles 45-Meter-Hammer leitet furiosen BU-Endspurt ein!

„… dann wollen wir auch Meister werden!“

19. April 2016, 22:32 Uhr

Die Spieler des HSV Barmbek-Uhlenhorst jubeln ihrem mitgereisten Pöbel zu.

„Wenn man so ein Spiel gewinnt, hat man auf jeden Fall allerbeste Chancen, jedes Spiel gewinnen zu können“, wollte sich Frank Pieper nicht so recht locken lassen. Aber de facto muss man schon sagen: Wenn man solch eine Partie gewinnt, kann am HSV Barmbek-Uhlenhorst kein Weg vorbei führen, wenn es um die Frage des Hamburger Meisters 2015/16 geht! In Unterzahl drehte die Pieper-Elf beim FC Türkiye einen zweimaligen Rückstand und schlug am Ende in beeindruckender Art und Weise zurück, was auch den „Chefdompteur“ schließlich dazu veranlasste, uns gegenüber zu sagen: „Du darfst es schreiben: Ja, wenn wir gegen Dassendorf nicht verlieren, sind wir ja weiter im Vorteil, dann wollen wir auch Meister werden!“

Die 90 Minuten an der Georg-Wilhelm-Straße hatten alles zu bieten, was ein Fußballspiel ausmachen kann: Sechs Tore – ob per Freistoß, Elfmeter, Volleyabnahme oder von der Mittellinie –, zwei Platzverweise, nicht für möglich gehaltene Wendungen und Leidenschaft auf beiden Seiten! Dabei waren es die Hausherren, die dem Titelanwärter zunächst den Schneid abkauften. BU leistete sich in der Defensive viele leichte Abspielfehler – einer davon führte nach einer guten halben Stunde zu einem doppelten Rückschlag: In der Vorwärtsbewegung verlor Hagen Bastian die Kugel. Haisem Mohssen spielte Yiner Ronal Arboleda Sanchez frei, der Barmbeks Schlussmann André Tholen umkurvte und von diesem gelegt wurde – Elfmeter für Türkiye und Rot für Tholen, der damit das Gipfeltreffern am kommenden Sonntag gegen Meister Dassendorf verpassen wird! Kaspars Plendiskis kam für Achraf Ouro-Gnaou in die Partie und sah sich gleich einem Strafstoß von Emre Özkan ausgesetzt. Der 25-Jährige schickte den Barmbeker Ersatzkeeper ins falsche Eck und verwandelte sicher zur Führung (32.)!

Foto: Hamburger Sportverein Barmbek-Uhlenhorst von 1923 e. V. / facebook

Die Gäste waren auf eine gute Defensive bedacht, hielten das Spiel zwar offen, fanden in der Offensive aber kaum statt. In Unterzahl sollte es nicht unbedingt einfacher werden! Doch dann: Mehr oder weniger aus dem Nichts heraus wurde Ivan Sa Borges Dju von Philip Pettersson zu Boden befördert. Den fälligen Freistoß aus 20 Metern halblinker Position zirkelte Samuel Hosseini traumhaft schön halbhoch ins linke Toreck – 1:1 (57.)! Der Ausgleichstreffer vom immer stärker aufziehenden Hosseini küsste sein Team wach. Sebastian Clausen – als Sechser vor der Abwehr aufgeboten – und Janis Korczanowski – nach längerer Pause noch ohne die nötige Spritzig- und Genauigkeit – fehlte im Abschluss die notwendige Fortune. Stattdessen schlug der „Underdog“, der ohne Sascha de la Cuesta (Rippenbrüche im Spiel gegen Rugenbergen) und Umut Kocin (Trauerfall) antrat, wieder zurück. Diesmal war es Korczanowski, der das Spielgerät leichtfertig verlor. Prince Dzigbede bediente auf links im Sechzehner Mohssen, dessen butterweiche Hereingabe von Arboleda Sanchez – quer in der Luft liegend – herrlich verwertet wurde. 2:1 (68.)!

Merkle trifft nach Missverständnis aus 45 Metern – Zehn furiose Schlussminuten

War BU in der Lage, noch einmal zurückzuschlagen? Die klare Antwort: Und wie! Die letzten zehn Zeigerumdrehungen waren bereits angebrochen, als das Pieper-Ensemble alles auf eine Karte setzte und einen furiosen Schlussspurt startete. Die wenigen Zuschauer trauten ihren Augen kaum, als Türkiye-Fänger Tobias Braun einen Lange-Eckball abfing und den schnellen Gegenzug einleiten wollte. Mohssen wollte den wenige Augenblicke zuvor in die Begegnung gekommenen Medeni Kaya in Szene setzten – doch Christian Merkle spritzte auf Höhe der Mittellinie dazwischen und zog mit links direkt ab. Die Pille machte einen hohen Bogen, senkte sich über den völlig verdutzten Braun hinweg und schlug zum 2:2 im Netz ein (81.)! Was für ein unfassbares Tor! Mit diesem Treffer aus über 45 Metern leitete Merkle die nicht mehr für möglich gehaltene Wende ein. Denn keine 180 Sekunden darauf köpfte Joker Lasse Keunemann einen Freistoß von Marc Lange aus dem rechten Halbfeld am zweiten Pfosten stehend quer – Hagen Bastian drehte sich um Gegenspieler Devran Barlak und schloss aus kürzester Distanz und aus der Drehung zum Barmbeker 3:2 ein!

Doch der Wahnsinn hatte noch immer kein Ende. Die Wilhelmsburger konnten einem schon fast leidtun. Kurz vor Ultimo brachte Edison Sa Borges Dju ausgerechnet seinen Bruder auf der anderen Seite, Ivan Sa Borges Dju, zu Fall und verursachte damit einen Elfmeter, den der starke Hosseini zum 4:2-Endstand zugunsten des (Noch-)Tabellenzweiten, der wohlgemerkt 60 Minuten lang in Unterzahl agierte, verwandelte (88.)! Bei den „Stuhlmännern“ machte sich der Frust bemerkbar. Arboleda Sanchez, der bereits einige Sperren verbüßte, ließ sich an der Außenlinie unnötigerweise zu einer Tätlichkeit gegen Bastian hinreißen und sah dafür glatt Rot (90.)! Der Schlussakkord eines irrwitzigen Spektakels, das Frank Pieper wie folgt aufnahm: „Wir haben uns in der ersten Halbzeit relativ schnell von dem Schock erholt, waren über 90 Minuten – ob mit zehn oder elf Leuten – dominierend und hatten mehr vom Spiel. Man hat es in jedem Zweikampf, bei jedem Standard gesehen, dass die Jungs unbedingt wollten – auch taktisch haben wir uns hervorragend verhalten. Mit dem Einsatz, Engagement, der Leidenschaft und diesem Siegeswillen können wir jedes Spiel gewinnen! Dass das – zumindest in den ersten 45 Minuten – nicht unser bestes Spiel war, ist auch klar – aber es war auf jeden Fall das leidenschaftlichste!“

„Da fehlen mir die Worte!“

Sein Gegenüber war total deprimiert, meinte: „Dieses Spiel dürfen wir noch viel weniger verlieren als das erste Duell vor anderthalb Wochen! Wir haben aus dem Spiel heraus keine echte Chance zugelassen. Von den vier Toren haben wir eins selbst gemacht und drei sind nach Standards gefallen. Diese Niederlage ist unglaublich bitter für die Moral in der Truppe – vor allem, weil wir hier mit unserem allerletzten Aufgebot angetreten sind. Nichtsdestotrotz bin ich vom Klassenerhalt überzeugt!“, so Stuhlmacher. Die abschließenden Worte gebühren Frank Pieper, der konstatierte: „Den Elfmeter dürfen wir so natürlich nicht kriegen. Aber viel entscheidender ist für mich, wie wir damit umgegangen sind und was wir daraus gemacht haben. Man hat zu keinem Zeitpunkt gesehen, dass wir ein Mann weniger waren. Da fehlen mir schon fast die Worte!“ Und eine Serie hat vor dem Dassendorf-Spiel auch noch Bestand: Wenn Kaspars Plendiskis zwischen den Pfosten stand, hat BU all seine Spiele gewonnen! Der Lette wird nach der Roten Karte gegen Tholen auch am kommenden Sonntag das Tor hüten…

Der LIVETICKER zum Spiel mit allen Höhepunkten zum Nachlesen!


Das entscheidende 4:2 von Samuel Hosseini im Video!