„Wie ein Absteiger!“ – MSV-Offenbarungseid bei Süderelbe-Gala!

Richter-Schützlinge feiern Traum-Comeback und bis Montag durch…

16. April 2016, 01:16 Uhr

Traum-Comeback mit zwei Toren und einer Vorlage in 45-minütiger Einsatzzeit nach fast einjähriger Verletzungspause: Boris Shtarbev. Archivbild: noveski.com

Für den FC Süderelbe gab es am Freitagabend gleich diverse Gründe, um die Sau aber mal so richtig raus zu lassen. Einerseits wäre da die fußballerische Galavorstellung gegen einen Meiendorfer SV, der sich „wie ein Absteiger“ präsentierte, was selbst Coach Fatih Ergün hinterher ernüchternd konstatierte. Dann feierte Boris Shtarbev nach fast einjähriger Verletzungspause eine traumhafte Rückkehr auf den Fußballplatz: Trainer Jean-Pierre Richter ließ seinen Angreifer völlig überraschend von Beginn an los – sein Schützlinge dankte es ihm mit einem Doppelpack und einer Tor-Vorarbeit in den ersten 45 Minuten. Und schließlich wäre da ja noch der 29. Geburtstag des Erfolgstrainers, der auf seine Abschiedstournee am Kiesbarg geht, und seinen Ehrentag mit der Mannschaft „am liebsten bis Montag durchfeiern“ würde!

Er wirkte desillusioniert, einfach fassungslos: Meiendorf-Coach Fatih Ergün blickte während der zweiten Spielhälfte vor 252 Besuchern am Kiesbarg mit leerer Miene drein. „Um ganz ehrlich zu sein: Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was ich euch nach dem Spiel sagen werde“, verriet er anschließend auf Nachfrage und fügte an: „Da sind so einige Sachen, die mir auf der Zunge liegen, die ich aber besser für mich behalte – auch wenn ihr euch drüber freuen würdet, wenn ich sie ausspreche. Diese deutlichen Worte werde ich intern verlieren. Letzten Endes haben wir wie ein Absteiger gespielt und wenn die Saison heute zu Ende wäre, wären wir tatsächlich abgestiegen!“, hatte Ergün den Ernst der Lage erkannt. Ob sich auch seine Spieler darüber im Klaren waren? „Mehr fällt mir dazu nicht ein!“ Seine Akteure schlichen wie geprügelte Hunde vom Platz, wurden von famosen „Süderelbern“ auseinander genommen und vorgeführt. Bereits nach 45 Minuten hieß es aus Sicht der Hausherren 4:0 – und der überragende Mann war ausgerechnet „Comebacker“ Boris Shtarbev, der den Torreigen nach Querpass von Dennis Bergmann eröffnete (10.) und ihn zur Pause nach Petzschke-Vorarbeit auch beendete (45.)! Zwischendrin erhöhten Samuel Louca, der nach herrlichem Doppelpass und Hackenablage von Shtarbev trocken einschoss (20.), sowie Ernesto Keisef, der eine starke Hereingabe von Mirco Bergmann vollendete (33.)!

„Blöd, wenn man nur 70 Minuten Oberliga-Fußball spielt“

Herzlichste Glückwünsche und alles Gute zum 29. Ehrentag: Süderelbe-Coach Jean-Pierre Richter feiert seinen Geburtstag. Foto: noveski.com

Immer wieder ging es nach demselben Schema: Ein Pass in die Tiefe, ein überlegter Querpass – und schon hatte der FCS völlig freie Bahn. Meiendorf leistete kaum Gegenwehr, verteidigte hoch und wurde daher gespielt. So auch beim 5:0 unmittelbar nach Wiederanpfiff, als es erneut hieß: Keisef steil, Mucunski quer und Louca eiskalt (49.)! Dann nickte der zur zweiten Halbzeit für Rückkehrer Shtarbev eingewechselte Mucunski eine wunderbare Louca-Flanke am zweiten Pfosten ein und machte das halbe Dutzend voll (55.), ehe MSV-Fänger Tobias Sävke bei einem Freistoß von Dennis Bergmann mächtig danebengriff und Klaas Kohpeiß per Kopf das 7:0 ermöglichte (60.)! Der blamable und indiskutable Meiendorfer Auftritt wurde in Minute 69 gekrönt, als Mucunski dieses Mal in die Tiefe durchsteckte, Kohpeiß von rechts ins Zentrum passte, wo Sävke erneut vorbei segelte und Keisef zum 8:0 abstaubte! „Danach habe ich wieder 20 Minuten meines Lebens auf dem Fußballplatz verloren“, scherzte Richter hinterher und sprach damit auf die Schlussphase seiner Mannen an, die nach dem achten Treffer das Fußballspielen einstellten. „Wir wollten zu Null spielen, das war die Message, und haben auch in der Pause die klare Ansage gemacht, konzentriert zu Ende zu spielen. Wenn du dann in den letzten 15, 20 Minuten extrem schwach im Defensivverhalten bist und gewisse Leute auch nach vorne nichts mehr machen, dann ist es halt blöd, wenn du nur 70 Minuten Oberliga-Fußball spielst. Aber nicht, dass es falsch rüberkommt: ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis und kann damit auch sehr gut leben, aber ich will eine Mannschaft, die 90 Minuten Fußball spielt.“

„Gibt nichts Schöneres, als einem Spieler ein solches Geschenk zu bereiten“

Führte sich nach längerer Pause ebenfalls gut ein: Samuel Louca sammelte auch drei Scorerpunkte beim Schützenfest. Foto: noveski.com

Stattdessen kam der Gast in Person von Marcin Hercog, der mit einem Heber aus 18 Metern halbrechter Position Dennis Lohmann überraschte, zum Ehrentreffer (84.). „Bei allem Respekt, aber eine Mannschaft, die acht Dinger kriegt, darf hier eigentlich kein Tor schießen – das ist meine Meinung. Und dann fangen wir uns so ein Ding, weil wir zu faul sind und die Außenbahn nicht mehr zu kriegen“, ärgerte sich Richter über das Gegentor, hatte aber dennoch allen Grund zur Freude. Schon im Hinspiel fertigte sein FCS den MSV mit 5:0, was gleichzeitig auch der Halbzeitstand an der B75 war, ab. „Deshalb war eigentlich unser Ziel, in der zweiten Halbzeit nicht schlechter zu sein als in der ersten. Es ist ja immer die Frage, wie groß der Spannungsabfall nach solch einem Ergebnis ist. Wenn du 20 Minuten vor Schluss das achte Tor machst, dann musst du die Gier entweder richtig packen oder aber du akzeptierst es. Dass wir bei diesem Ergebnis nicht das letzte Tor des Spiels gemacht haben, ist zwar ärgerlich. Aber nichtsdestotrotz war so ein Resultat sicher nicht vorhersehbar, deshalb freuen wir uns drüber. Die Jungs haben sich all das verdient, was heute über Tisch und Tresen fließt.“ Besonders groß war die Freude natürlich bei Boris Shtarbev, der für den rotgesperrten Tolga Tüter – handelte sich die Karte in der Vorwoche im Spiel der Zweiten ein – nach seinem ersten Torerfolg sofort in Richtung des Trainers abdrehte. „Wenn mir ein Spieler sagt, dass er 15 oder 20 Minuten spielen kann, dann kann er auch eine Halbzeit spielen. Ich habe ihn unter der Woche gefragt, ob er bereit sei, und ihm gestern mitgeteilt, dass er spielt. Boris war heute sicherlich der glücklichste Mensch! Natürlich hat es mich sehr gefreut, dass er nach seinem Treffer zu mir läuft. Er hat eine lange Leidensgeschichte hinter sich, wir haben viel gearbeitet und er ist ein wichtiger Spieler für uns. Deshalb gibt es für mich nichts Schöneres, als einem Spieler einen Tag vor meinem Geburtstag ein solches Geschenk zu bereiten.“

Während der Jubel auf der einen Seite immens groß war, herrschte beim Ergün-Ensemble großer Frust – insbesondere auch aufgrund des Ergebnisses zwischen Victoria und Buxtehude, wo der MSV-Konkurrent im Abstiegskampf einen 0:2-Rückstand kurz vor Schluss in einen 3:2-Sieg drehte. „Das passt zum heutigen Tag“, befand Ergün, der sich den Fragen stellte. „Es ist unsere Aufgabe, die Jungs zu unterstützen und aufbauen. Die größte Konsequenz, die wir aus diesem Spiel ziehen: wir fahren niedergeschlagen und niederschmetternd nach Hause. Ich bin kein Mensch, der obendrauf haut, sondern der versucht, die Jungs wieder aufzurichten.“ Das wird auch bitter nötig sein – denn in der kommenden Woche empfängt Meiendorf den SV Lurup. Das Hinspiel wird nicht nur Spielern, sondern auch Verantwortlichen und Fans bitterböse im Hintergedanken stecken, als die Stormarner eine 2:0-Führung verspielten und Lurup schlussendlich den bis dato einzigen Zähler einfuhr. „Wir müssen aufpassen, dass wir kein Déjà-vu erleben!“, warnte der Coach seine Kicker abschließend.

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