Vitalis Wirkunsgtreffer: Cordi geht am Gramkowweg k.o.

Der neue „Sechser“ sorgt mit „Elfer“ für den „Dreier“

04. März 2017, 20:16 Uhr

Komm, lass dich feiern: Vitali Wilhelm (Zweiter v. re.) wird von seinen Teamkollegen zum verwandelten Elfmeter beglückwünscht. Foto: noveski.com

Chance vertan: Nachdem die TuS Dassendorf heute gegen den TuS Osdorf beim 0:1 vor heimischem Publikum Federn lassen musste, verpasste es Spitzenreiter Concordia, den Abstand auf die „Wendelwegler“ zu vergrößern. Auch die Equipe von Coach „Aki“ Cholevas patzte und verlor beim SV Curslack-Neuengamme mit 0:1. Während SVCN-Übungsleiter Torsten Henke seine leidenschaftlich kämpfende Elf lobte, ärgerte sich Cholevas über den Strafstoß, der zum 0:1 führte und bezeichnete diesen als Fehlentscheidung des guten Schiedsrichters Fabian Porsch. 

Ließ am Ende mächtig den Kopf hängen: Cordis Theodoros Ganitis (re., hier im Zweikampf mit Jan Landau). Foto: noveski.com

Theodoros Ganitis und Enirk Nrecaj schlichen in die Kabine. Seite an Seite. Die beiden Spieler von Oberliga-Tabellenführer Concordia wirkten in diesem Moment so, wie ein Boxer, der kurz vor der Ring-Glocke auf die Bretter gegangen waren. Ganitis hingen die blonden, verschwitzten Locken im Gesicht. Sein Blick war stur nach unten gerichtet, sein Trikot hatte der Grieche an der Vorderseite hochgezogen und hielt nun das eigentlich untere Ende zwischen seinen Lippen fest. Nrecaj hatte die Hand am Kinn, so als würde er angestrengt nachdenken. Ein Wort sprach keiner der beiden. Mit hängenden Köpfen verschwanden sie schließlich in die Kabine. Knapp zehn Minuten zuvor war es wirklich so zugegangen, wie in einem Boxring. Nein, nicht, dass auf dem Kunstrasen im Auswärtsspiel der Concorden beim SV Curslack-Neuengamme die Fäuste flogen. Doch: Der Ligaprimus bekam nach genau 84 Minuten den entscheidenden Wirkungstreffer versetzt, der letztlich dafür sorgte, dass die Mannschaft von Trainer „Aki“ Cholevas am Gramkowweg der Knockout in der quasi letzten Runde ereilte. Der Mann, der für den „Lucky Punch“ der Curslacker verantwortlich war, hörte passender Weise auf den Vornamen Vitali. Nachname: nicht Klitschko, sondern Wilhelm. Der hatte sich nach dem Elfmeterpfiff von Referee Fabian Porsch (Barsbütteler SV) den Ball gegriffen und ihn vom Punkt aus eiskalt eingenetzt. Wilhelm verlud Cordi-Keeper Briant Alberti – 1:0 für die Hausherren.

Cholevas: „Für mich war das kein Elfmeter. Ich weiß nicht, was der Schiri da sieht“

Concordia-Schlussmann Briant Alberti kann dem Elfmeter von Vitali Wilhelm nur noch hinterhersehen. Foto: noveski.com

Was zuvor passiert war, stellte sich wie folgt da: Curslack griff über seine linke Seite an. Der eingewechselte Niklas Hoffman führte den Ball, lief in den Strafraum und ging dort – um eine weitere Box-Metapher zu nutzen – in den „Infight“ mit Ronny Buchholz. Cordis baumlanger Defensiv-Recke, diesmal Außen-statt Innenverteidiger, fuhr den Arm aus. Hoffmann hielt dagegen – und fiel. Schiri Porsch deutete ohne langes Zögern Richtung Punkt. Eine harte, durchaus aber vertretbare Entscheidung. Auch wenn „Aki“ Cholevas das nach dem Spiel etwas anders beurteilte. Einen Körperkontakt zwischen Buchholz und Hoffmann wollte der Cordi-Coach zwar ebenso wie alle anderen auch gesehen haben, aber: „Für mich war das kein Elfmeter. Ich weiß nicht, was der Schiedsrichter da sieht.“ Cholevas ging sogar noch weiter: „Durch eine Fehlentscheidung kassieren wir das 0:1 und verlieren. Hier muss man immer alles abrufen, um Punkte zu holen. Das haben wir wegen des Elfmeters diesmal nicht erreicht.“

Im Endeffekt richtig, doch es folgt das große „Aber“: SVCN-Coach Torsten Henke lag nach dem Spiel mit seiner Analyse, der Sieg seiner Equipe sei verdient, nicht daneben. Die Gäste hingen nicht nur in den letzten Minuten des Spiels in den Seilen, als beispielsweise Jan Landau in der 80. Minute nach einem Zuspiel von André Monteiro Branco verzog (Henke: „Den Ball hab ich schon drin gesehen“) oder eine Minute zuvor Wilhelms Schuss nach Vorarbeit von Mike Beldzik am Pfosten vorbei zischte, sondern agierten im Großen und Ganzen viel zu ungefährlich nach vorne. Top-Stürmer Benjamin Bambur war nahezu das komplette Spiel über abgemeldet und hatte seine einzige gefährliche Szene, als er in der 58. Minute frei vor Tor auftauchte, den Ball aber über die Latte auf das Tornetz lupfte. Ansonsten bemühte sich Cordi zwar, tat sich gegen die kompakte Curslack-Defensive jedoch schwer und blieb einfallslos. Zudem fehlte es eindeutig an der nötigen Passgenauigkeit. Dass seiner Mannschaft zudem auch die Kreativität abg´handen gekommen sei, wollte Cholevas nicht bejahen.

Henke: „Ich habe eine Curslacker Mannschaft gesehen, die leidenschaftlich gekämpft hat“

Hoch das Bein: Curslacks Marvin Schalitz (li.) im Zweikampf mit dem Concorden Enrik Nrecaj. Foto: noveski.com

„Das kann man so nicht sagen. Wenn du nach Curslack kommst, musst du 90 Minuten konzentriert spielen. Der Gegner lässt einem nicht viele Räume“, konstatierte der Cordi-Übungsleiter stattdessen und fügte hinzu: „Ich denke, wir haben ein gutes Oberliga-Spiel gesehen. Im ersten Durchgang war das aggressiver Fußball von beiden Teams. Wir haben uns wenige Torchancen herausgespielt, aber in der zweiten Hälfte hatten wir mit Benny Bambur und Enrik Nrecaj zwei Szenen, wo wir in Führung gehen können. Das müssen wir besser machen. Dann kriegen wir das 0:1 durch den Elfmeter. Insgesamt fand ich unser Spiel gut. Wir waren zweikampfstark und aggressiv.“ Nur eben nicht erfolgreich. Dass dem so war, lag auch daran, dass Lennart Müller im Anschluss an eine Kopfballverlängerung von Theodoros Ganitis – ebenfalls per Kopf – nach 19 Minuten den Kasten der Hausherren verfehlt hatte. Und auch Ganitis selbst hatte kein Gück, sondern scheitere mit seinem Schuss nach 67 Minuten an Gianluca Babuschkin.

Auch der SVCN hatte bereits vor seiner finalen rechten Geraden Situationen, in denen bereits früher ein Treffer in der Luft lag. Nach 23 Minuten zum Beispiel, als Buchholz gegen Florian Klein nach einem Laufduell im richtigen Moment das lange Bein ausfuhr und klärte (23.). Oder in der 43. Minute. Da war Mike Beldzik gestartet, zog dann jedoch den Kürzeren gegen Alberti, der beim Herauslaufen aus seinem Tor einen Schritt schneller war und klärte, dabei aber Beldzik im Sechzehner zu Fall brachte. Die Pfeife des Unparteiischen blieb stumm. Nachvollziehbar, da Beldzik sich eher gen Torauslinie bewegte, statt mit Zug Richtung Tor lief. Nach 52 Minuten schließlich bediente Wilhelm Teamkollege Landau, der jedoch das Pech hatte, dass Cordis Finn Peters einen Schritt schneller war. „Ich fand“, so bescheinigte Torsten Henke seiner Elf angesichts der Chancen, „dass wir ein gutes Spiel gemacht haben. Beide Mannschaften haben sehr aggressiv gespielt. Wir haben wenige Möglichkeiten des Gegners aus dem Spiel heraus zugelassen. Ich habe eine Curslacker Mannschaft gesehen, die leidenschaftlich gekämpft hat. Am Ende hatten wir aber auch das nötige Quäntchen Glück auf unserer Seite.“

Wilhelm: „Ich bin froh, dass ich Patrik Papke an meiner Seite habe. Er führt mich“

Kopfballduell: SVCN-Kapitän Patrik Papke (li.) gegen Yannick Siemsen. Foto: noveski.com

Natürlich, so bilanzierte Henke weiter, „ist Concordia bei Standards immer gefährlich. Uns war auch klar, dass Cordi unbedingt gewinnen wollte Ich habe den Jungs gesagt, dass wir ab der 70. Minute unsere Situation bekommen werden.“ Bis der Sieg aber unter Dach und Fach war, mussten Henke und die Hausherren erst einmal die vierminütige Nachspielzeit schadlos überstehen. „Die war sicherlich angemessen, aber wenn du 1:0 führst, bist du natürlich froh, wenn der Schiedsrichter früher abpfeifen würde. Die Mannschaft hat sich für den Aufwand belohnt. Ganz besonders freut mich unser Erfolg für unseren Präsidenten Michael Hering, den wir heute verabschiedet haben. Der Sieg war genau das richtige Geschenk für ihn. Keiner hat das mehr verdient“, gab Henke zu Protokoll.

Und der „Geschenk-Ermöglicher“? „Wir hatten uns viel vorgenommen. In der vergangene Woche fiel unser Spiel ja aus, also hatten wir mehr Zeit zum Trainieren. Wir waren gut auf den Gegner eingestellt, haben uns mehr defensiv fallen gelassen, um Cordi auszukontern. Wir wussten, dass Marvin Schalitz und Sebastian Spiewak Bambur aus dem Spiel nehmen mussten. Das haben sie sehr gut gemacht“, sagte Vitali Wilhelm nach dem Spiel, „Wir haben in der ersten Halbzeit die eine oder andere Chance nicht genutzt. Ich fand, dass wir schon vor der Pause einen Elfmeter hätten bekommen müssen. Beim zweiten Foul hatte der Schiri keine andere Wahl. Es war gut, wie wir in den letzten zehn Minuten als Team zusammen agiert haben.“ In selbigem übrigens spielte Wilhelm, sonst links in der Viererkette oder im linken Mittelfeld zuhause, diesmal als „Sechser“. „Das ist für mich eine neue Position. Der Trainer sieht mich da, ich fühle mich dort wohl. Und ich bin froh, dass ich da Patrik Papke an meiner Seite habe. Er führt mich“, erklärte Wilhelm zu seinem Auftritt auf der ungewohnten Position, für den ihn Henke lobte: „Gegen Niendorf und Süderelbe war er gut. Heute war er nicht nur gut, sondern überragend!“

Jan Knötzsch