Trotz „unbekannter deutscher Spielweise“: Hurricanes in aller Munde

Hounsome: „Wir wussten gar nicht, was Kreisklasse B eigentlich bedeutet“

24. Juli 2017, 09:13 Uhr

Das Integrations-Projekt „Hamburg Hurricanes" gestaltet sich erfolgreich. Foto: Mathias Merk

Auf ihrer „Facebook“-Seite bringen es die Hamburg Hurricanes treffend auf den Punkt: „27 Nations – one Team!“ Denn die Truppe von Coach Guillaume Hounsome, die sich untereinander ausschließlich auf englisch verständigt, steht für Integration, Spaß am Sport und guten Fußball. Dennoch war es für die Jungs zumindest ein kleines bisschen überraschend, dass sie gleich in ihrem ersten Jahr den Titel in der KK B3 holten und dementsprechend feierten. Doch nun konzentriert man sich auf die neue Saison und die Vorfreude ist bereits riesig, auch wenn die Spiel- und Trainingsbedingungen eher zu wünschen übrig lassen, weshalb auf Unterstützung vom Bezirksamt gehofft wird.

Auch im Test bei Germania Schnelsen coachten Guillaume Hounsome (rechts) und Co-Trainer Tom Hobbins mit der nötigen Ernsthaftigkeit ihr Team. Foto: Mathias Merk

Nach dem letztjährigen Start in Hamburgs Liga-Fußball gehörten den Hamburg Hurricanes gerade mal zehn Spieler an. Doch mittlerweile hat das Team Akteure aus 27 Nationen beisammen. Vieles läuft über Mundpropaganda oder über die sozialen Netzwerke. Aber auch über die eigene Homepage kommen einige Anfragen. Das Besondere an der Truppe: Sie steht dafür, Leuten aus dem Ausland, die beispielsweise beruflich nach Deutschland kommen, eine Anlaufstelle sowie einen sportlichen Ausgleich neben dem Alltag zu bieten. Und damit erzielen sie auch noch Erfolge. Denn direkt im ersten Jahr holten sich die Jungs von Coach Guillaume Hounsome den Titel in der Kreisklasse B3 und stiegen somit in die nächsthöhere Spielklasse auf.

„Dabei wussten wir gar nicht, was für ein Niveau uns in der Kreisklasse B erwartet. Wir haben es einfach so hingenommen, weil wir uns mit dem Ligasystem in Deutschland nicht so gut auskennen“, berichtet Trainer Hounsome. „Wir hatten zwar die obere Tabellenhälfte angepeilt, aber wirklich keinerlei Ambitionen, tatsächlich aufzusteigen.“ Vor allem, weil durch erhebliche Verletzungssorgen zu Beginn der Saison 2016/17 sowieso niemand gedacht hätte, dass das Jahr dermaßen erfolgreich beendet werden könnte. Doch als die Rekonvaleszenten vergangenen November wieder gesund auf dem Platz standen, fing der Triumphzug an. Hounsome: „Durch die Rückkehr der Spieler konnte sich die Truppe endlich finden. Jeder bekam seinen festen Platz im Team, was zu einer immer besseren Atmosphäre geführt hat.“

Hobbins: „Wir müssen lernen, unser Chancen besser zu nutzen"

Zusätzliches Merkmal des Teams: die pink-schwarzen Trikots. Foto: Mathias Merk

Das verhalf den Kickern dann auch dazu, eine grandiose Rückrunde aufs Parkett zu zaubern, in der es nur noch eine Niederlage setzte. Dadurch erspielten sich die Hurricanes die große Chance, in der letzten Partie den Titel zu erringe. Ein Vorhaben, das erfolgreich in die Tat umgesetzt wurde. Hounsome: „Das war wirklich ein großer Erfolg! Wir wussten zwar zuvor, dass wir den Aufstieg geschafft haben, aber mit dem Titel ist das nochmal etwas anderes. Denn gerechnet haben wir damit nicht. Und weil es so überraschend für uns kam, war die Freude umso größer - und es endete in einer wirklich krassen Party.“ Dass es reichlich Grund zum Feiern gab, lag auch daran, dass Titelanwärter TuS Berne IV am letzten Spieltag Schützenhilfe leistete.

Trotzdem war der Titel für die multikulturelle Truppe mehr als verdient. Denn dank einer sehr gut geordneten Defensive kassierte man nur 28 Gegentreffer. Außerdem passte der Teamspirit zu 100 Prozent. „Genau diese Mischung hat uns einige Punkte eingebracht“, resümiert Co-Trainer Tom Hobbins, auch wenn er trotz dessen noch ein wenig Kritik üben muss: „Unser Problem ist die geringe Chancenverwertung. Wir verpassen einfach zu viele Gelegenheiten vor dem Tor. Durch den Aufstieg kommen wir nun auch auf ein höheres Niveau, weshalb wir uns genau in diesem Punkt verbessern müssen.“ Der Respekt vor der neuen Spielklasse ist schon groß, wie Trainer Hounsome berichtet: „Ganz wichtig ist für uns, dass wir mit absoluter Demut in die neue Liga gehen. Wir wollen uns wirklich ganz langsam Schritt für Schritt weiterentwickeln und haben nicht vor, jetzt jedes Jahr einen Titel zu gewinnen - auch wenn wir sicherlich wieder die obere Tabellenhälfte anpeilen. Mehr aber nicht.“

Guillaume: „Wir würden uns mehr Unterstützung für unser Integrations-Projekt wünschen"

Dass die Jungs auch mal auf ihrer eigenen Anlage solch einen schönen Kunstrasen haben, wir der in Schnelsen, wäre ihnen zu wünschen. Foto: Mathias Merk

Außerdem geht es laut Hobbins wohl vielen der Spieler so, dass sie die deutsche Spielphilosophie überhaupt nicht kennen und sich daran gewöhnen müssen. Der Schotte gab als Beispiel an, dass ein Foul, welches hierzulande gepfiffen wird, in seiner Heimat nicht mal der Rede wert sei. „Das verunsichert unsere Spieler natürlich ein bisschen, weil sie dadurch viel früher im Zweikampf zurückziehen, als sie es eigentlich machen würden, da sie einen Freistoß verhindern möchten, aber noch nicht genau wissen, wie weit sie gehen dürfen.“ Doch um das, genau wie neue Spielsysteme, einzustudieren, nutzte die Mannschaft die Vorbereitungszeit ausgiebig. Auf dem eigenen Grandplatz in der Wellingsbütteler Landstraße empfangen die Hurricanes jedoch nur ungern andere Teams, da zum Beispiel noch nicht einmal Bänke für Auswechselspieler vorhanden sind. „Diesbezüglich würden wir uns schon mehr Unterstützung von der Stadt und dem Bezirksamt wünschen. Denn wir haben die Hurricanes als ein Integrations-Projekt ins Leben gerufen. Wir möchten dabei helfen, ausländische Menschen in Hamburg zu integrieren. Aber durch unsere sehr schlechten Trainings- und Spielbedingungen gestaltet sich das Angebot für Interessierte natürlich nicht wirklich attraktiv. Deshalb wäre es wirklich schön, wenn die Stadt uns finanziell etwas unter die Arme greifen würde.“

Was den Liga-Alltag angeht, ist die Freude auf die neue Staffel jedoch schon riesig. Und das erste Ausrufezeichen wurde mit dem 4:3-Sieg in der ersten Runde des Oddset-Pokals über den FC Haak Bir auch schon gesetzt. Das Erreichte wird immer noch regelmäßig in der Stammkneipe „Paddys Bar“, in unmittelbarer Nähe des Rathauses, begossen. Na, dann mal Prost, Cheers, Kippis, Santé, Jámas, Salute, Serefe, Na zdrowie, Salud, Kanpai, Shereve und zum Wohl!

Autor: Mathias Merk