Trotz 3:4 nach 2:0: „Überraschungsteam“ will „Überteam“-Marke knacken!

Gossow packt Cordi-Spieler bei Cholevas-Show bei der Ehre

07. Mai 2017, 22:15 Uhr

Matthias Cholevas glänzte mit einem lupenreinen Hattrick binnen 15 Minuten. Archivbild: KBS-Picture.de

Während Matthias Cholevas mit stolz geschwellter Brust vom Platz marschierte und die Frage, ob ihm das in seiner bisherigen Laufbahn schon einmal gelungen war, verneinte, witzelte Bruder Geogios Cholevas beim Vorbeikommen: „Das ist ihm ja noch nicht mal im Training gelungen.“ Doch was war damit gemeint? Die Antwort: Matthias Cholevas schnürte für seine Concorden nicht nur einen Dreierpack, sondern einen lupenreinen Hattrick binnen 15 Minuten! „Es freut mich sehr für ihn und hat damit auch den Richtigen erwischt“, lobte Cordi-Coach Florian Gossow seinen Matchwinner.

Brachte die Gäste auf die Siegerstraße: Jeremy Wachter. Archivbild: KBS-Picture.de

Wer hätte nach dieser Hinrunde ernsthaft damit gerechnet? Damit, dass der TuS Osdorf – wohlgemerkt als Liga-Fischling – am 32. Spieltag die Chance haben würde, im direkten Aufeinandertreffen in der Tabelle an Concordia vorbeizuziehen? „Cordi wurde nach der Hinrunde ja als Übermannschaft betitelt, welche die ganze Liga in Grund und Boden schießt“, hatte Osdorfs „Erfolgstrainer“ Piet Wiehle mit seiner Einschätzung alles andere als Unrecht. Und wer glauben würde, dass die „Blomkampler“ in dieser für sie nicht nur allerersten Oberliga-, sondern zugleich auch märchenhaften Spielzeit – aktuell steht der fünfte Tabellenplatz zu Buche – keine Ziele mehr haben würde, der irrt. Und zwar gewaltig. „Unser persönliches Ziel ist es, die 37-Punkte-Marke von Cordi als absolute Übermannschaft der Hinrunde nun in der Rückserie zu knacken. Wir stehen jetzt bei 33 Zählern und haben noch zwei Spiele“, so Wiehle, für dessen Equipe am heutigen Nachmittag keine Pünktchen hinzukommen sollten – und das trotz einer 2:0-Führung.

Gossow trotz 0:2 "gar nicht so negativ"

Torben Krause bereitete beide Osdorfer Treffer vor. Archivbild: KBS-Picture.de

Concordia diktierte zwar das Spiel, wusste mit dem Ball lange Zeit aber rein gar nichts anzufangen. Die Hausherren ließen es so vor sich hinplätschern und kassierten „dilettantische Gegentore“, wie selbst Gossow konstatierte. Erst war es Jeremy Wachter, der nach einem kurz ausgeführten Eckball und scharfer Hereingabe von Torben Krause, den Ball aus wenigen Metern über die Linie spitzelte (25.)! Dann erhöhte Melvin Bonewald, der nach einem „TK9“-Freistoß ungehindert zum Kopfball hochsteigen durfte und mit Hilfe der Unterkante der Latte die Führung verdoppelter (31.)! Zu diesem Zeitpunkt sprach nicht viel für die „Bekkampler“ – zumal Spannung und Feuer nahezu komplett fehlten. Es hätte sogar noch bitterer kommen können, wenn Wachter – noch vor dem 1:0 für sein Team – relativ freistehend etwas genauer gezielt hätte (22.). Oder aber Kevin Trapp, nach T-Krause-Zuspiel, von halbrechts das lange Toreck nicht haarscharf verfehlt hätte (35.).

Stattdessen kam Cordi ran: Timo Stegmann schickte Theodoros Ganitis, dessen Lop am zweiten Pfosten von Maurizio d’Urso über die Linie geköpft wurde – allerdings aus ganz stark abseitsverdächtiger Position (41.)! Es sollte nicht die einzige zweifelhafte Entscheidung des Gespanns bleiben. „Ich war gar nicht so negativ in der Halbzeit. Denn ich finde, dass wir eigentlich ganz gut gespielt haben. Wir hätten nur noch früher die Verantwortung für den finalen Pass oder für den Torabschluss übernehmen müssen“, befand Gossow, dessen Elf ganz anders aus der Kabine kam. Vor allem ein Mann: Matthias Cholevas. Zunächst musste er sich noch der Parade von Patrick Hartmann beugen (47.). Dann aber legte er so richtig los.

Cholevas-Hattrick binnen Viertelstunde

TuS-Kapitän Bennet Krause brachte seine Farben nochmal auf 3:4 heran. Theo Ganitis zog bei Cordi wie gewohnt die Fäden. Archivbild: KBS-Picture.de

Nach einer Rechtsflanke von Lennart Müller verpasste erst Stanley Owusu, dann konnte Marcel Peters den hinter ihm einrückenden „Matti“ Cholevas nicht stoppen – 2:2! Aber auch dieser Treffer sorgte für Diskussionsstoff. „Ich weiß nicht, ob der Treffer zum 1:2 Abseits war oder nicht. Für mich war es jedenfalls ganz stark abseitsverdächtig. Genauso wie ich glaube, dass das 2:2 ein Handspiel war und demnach auch nicht regulär. Dann ist es natürlich schwierig, gegen so einen Gegner und gegen ein solches Gespann anzuspielen“, kritisierte Wiehle. Tatsächlich war bei Referee Chris Olimsky (Ostroher SC/Schleswig-Holstein) während der 90 Minuten keinerlei Linie auszumachen. „In den kritischen Situationen hat das Gespann immer gegen uns gepfiffen“, so Wiehle. Waren die ersten beiden Gegentreffer noch arg diskussionswürdig, waren die nächsten beiden Cordi-Tore umso sehenswerter. Zunächst düpierte M. Cholevas nach einem langen Ball Owusu, zog nach innen und vollstreckte aus neun Metern in den linken Knick (59.), ehe der Linksfuß einen blitzsauber ausgespielten Konter nach Querpass von Alexandar Mucunski veredelte und seinen lupenreinen Hattrick perfekt machte – 4:2 (65.)!

"Es lag nicht nur am TuS Osdorf, dass wir verloren haben"

Sollte dies die Entscheidung gewesen sein? Zumindest kam Osdorf noch einmal zurück, als Marcel Peters den Ball durchs Mittelfeld trieb und Henrik Schmidt von rechts Bennet Krause zentral am Sechzehner in Szene setzte. Dieser zog sofort ab, traf das Leder zwar nicht voll – und trotzdem schlug das Runde links unten im Eckigen ein (70.)! Das Spielende erlebte das Wiehle-Ensemble allerdings nur noch zu zehn, weil Tim Jobmann für den Auswurf „Boah, ist das schlecht“ den roten Karton sah (86.), womit die Aufholjagd ins Stocken geriet und schlussendlich auch nicht mehr von Erfolg gekrönt war. „Nachher fehlte auch ein wenig der Glaube. Es war nicht mehr wirklich zwingend“, konstatierte Wiehle. „Es ist natürlich ärgerlich, denn wir wollten ein bisschen mehr mitnehmen – vor allem, wenn man 2:0 führt. Aber heute lag es nicht unbedingt nur am TuS Osdorf, dass wir hier verloren haben... Aber für die Zuschauer war es ein schöner Sommerkick mit sieben Toren.“

"Es ist ein Privileg, bei diesem Verein einen Vertrag zu haben"

Brachte die große Historie des Vereins im Vorfeld als Motivationsspritze zur Sprache: Florian Gossow. Archivbild: KBS-Picture.de

Um einen etwaigen Spannungsverlust zu verhindern, griff Cordi-Trainer Gossow vor dem Spiel ein wenig in die Trickkiste, wie er uns hinterher verriet. „Die Ansprache ist heute ein wenig anders ausgefallen“, so Gossow, der auf Nachfrage präzisierte: „Es ging ganz allgemein um Concordia und um die Wertigkeit, bei diesem Verein einen Vertrag haben zu dürfen. Es ist ein Privileg und das muss den Spielern bewusst sein. Ich habe Namen genannt von Spielern, die dieses Trikot mal getragen haben. Und dass es eben auch eine gewisse Verpflichtung ist. Über diese Schiene habe ich versucht, den Spannungsboden hochzuhalten. Und es ging ja heute auch um den vierten oder fünften Platz. Auch der dritte ist noch möglich. Es ist immer die Frage, inwieweit die Spieler da auch mitziehen, um das zu erreichen. Denn für mich hat der dritte Platz schon eine Wertigkeit.“

Autor: Dennis Kormanjos