St. Pauli VIII schafft das „Wunder“
„Achter“ trotzt zwei Platzverweisen und zwölf Minuten Nachspielzeit
Die "Selbstdarstellungs-Show" des Unparteiischen kostete den Spielern einige Nerven. Foto: Björn Meyer
„Dass wir das heute trotz allem gewonnen haben, ist ein wahres Wunder!“, atmete St. Paulis „Elfer“ Axel Irtenkauf nach dem Duell erstmal tief durch. Doch was war es, was die Gemüter so hochfahren ließ? Schließlich lief zunächst alles nach Plan, erschädelte Julian Draxler dank eines Irtenkauf-Freistoßes das 0:1 (4.), während die Gastgeber ihre technisch teilweise guten Ansätze zu selten in einen mannschaftlichen Zusammenhang bringen konnten. Schussversuche wie der von Mustafa Mohamad, sicher pariert von Schlussmann Christoph Leinung, blieben daher eine Rarität (2.). Fünf Minuten vor dem regulären Pausensignal rückte der Fänger wieder in den Mittelpunkt – als Autor einer Missfallsbekundung zu einem nicht geahndeten Strafraum-Handspiel Salman Bou Saads (35.) und der reichlich einseitigen Zweikampfbewertung, die ihm ebenso den gelben Karton einbrachte wie ein anschließendes verbal unterstrichenes Abwinken. Die Konsequenz: Gelb-Rot!
Die fünfminütige Nachspielzeit ausgeklammert, sollte die Null von Nachfolger Boris Emmert, der aus dem Abwehrverbund zwischen die Pfosten wanderte, nur neun Minuten halten, musste er Mohamed Ajajs Rechtsschuss von halbrechts etwas unglücklich passieren lassen. Das „Team Syrien“ war jetzt am Drücker, doch die erneute St. Pauli-Führung, vom aufgerückten David Gohla wiederum per Kopf erzielt, gab dem umkämpften Match die nächste spannende Wendung (55.), die Paul Lindzinskis Außenpfostenschuss wenig später fast vergoldet hätte. Stattdessen drohte den Kiezkickern nach Carlo Breuers Kontakt gegen den gestarteten Ajaj aufs Neue der Berg-Ausgleich, den Mohamad Aboufakher aber vom Punkt vergeigte – Alu lässt grüßen! Emsig, bis zu weilen etwas übermotiviert in den Zweikämpfen, arbeiteten die Blauen dennoch unverdrossen am 2:2. Allerdings ohne dabei nötige Durchschlagskraft.
So schien Paul Lindzinskis (unbeabsichtigter?) Kunstschuss aus Rechtsaußenposition im Rahmen eines Ein-Mann-Entlastungsangriffs sieben Minuten vor Ultimo für klare Verhältnisse gesorgt zu haben. Doch weit gefehlt, machte es Schiedsrichter Nils Meyer von Ottens (Galatasaray Hamburg) noch einmal reichlich spannend. Nicht nur, dass der Mann in Gelb binnen vier Minuten gleich drei mehrheitlich willkürliche Karten in seiner Trikotfarbe gegen den amtierenden „Sparda-Bank-freundlich-und-fair-Preis-Gewinners“ verteilte, es hagelte auch jede Menge vielversprechende Freistoßpositionen für die jedoch kaum torgefährlichen Gastgeber, die nach Thomas Dabrunz´ überraschender Ampelkarte (als Grund dürfte „Spielverzögerung“ auf der Spielnotizkarte stehen) sogar mit zwei Mann mehr in die fast zwölf Minuten Nachspielzeit gingen. Vorher schickte der sichtlich unter Strom stehende Pfeifenmann erstmal noch zwei Zuschauer unter der Androhung eines Spielabbruchs wegen des Rufens von „Scheißhausparolen“ die „Aggression ins Spiel bringen“ von der Steintribüne, auf der ihm auch die Anwesenheit von Dabrunz zuwider war.
Als bei bereits schummrigen Lichtverhältnissen ohne Flutlicht Esmatullah Rahimis Freistoß zum Anschlusstreffer in die Maschen rutschte (90.+5) schien der Ausgleich nur noch eine Frage der (Nachspiel-) Zeit, St. Pauli aber verteidigte konzentriert gegen die zu verspielten Berg-Vorstöße und rettete so tatsächlich die drei Zähler für die Tabellenführung über die Ziellinie.
„Eine sensationelle Energieleistung“, bescheinigte Axel Irtenkauf seinem Team, das allen Widrigkeiten zum Trotz „jederzeit die Ruhe bewahrt“ habe.
„Diesen Sieg widme ich meiner fetten Katze Emma, der ich durch den Fußball immer viel zu wenig Aufmerksamkeit schenke“, verpasste der 34-Jährige diesem Arbeitssieg noch eine persönliche Note.