Platzsturm und Polizeieinsatz: Ultras sorgen bei „T05“-Niederlage gegen Kiel II für unschöne Szenen

Gastgeber zieht an der Kreuzkirche mit 2:4 den Kürzeren – Holstein-Reserve steigt auf

30. Mai 2018, 23:41 Uhr

Einen Schritt zu spät: Teutonias Arne Gillich (re.) kommt gegen den Kieler Philipp Spohn nicht an den Ball. Foto: Heiden

Der FC Teutonia 05 hatte soeben durch Aytac Erman mit einem Foulelfmeter für die 2:4-Ergebniskosmetik im letzten Spiel der Aufstiegsrunde gegen Holstein Kiel II gesorgt und eigentlich hätten nur noch die letzten vier, fünf Minuten der Begegnung herunter ticken müssen. Doch dann geschah es: Wie aus dem Nichts stürmte auf einmal eine Horde von etwa 50 Ultras, die von der benachbarten Straße über den Zaun auf die Anlage gesprungen war, über die Zuschauerränge und von dort aus auch auf das Feld. Es kam zu körperlicher Gewalt. Diverse Spieler und angegriffene Kieler Fans suchten Zuflucht im Teutonia-Vereinsheim. Schiri Eric Müller (FC Union 60 Bremen) unterbrach die Partie. Noch ehe die informierte Polizei den Platz erreicht hatte, verschwanden die Chaoten – vereinzelt „HSV“ skandierend – wieder.

Referee Müller setzte die Partie fort, pfiff sie dann aber Sekunden später wieder ab, während abseits des Platzes die inzwischen mit mehreren Einsatzwagen eingetroffene Polizei ihre Arbeit verrichtete und vor Ort unter anderem Videomaterial sichtete. „Das hätte man auch mit mehr Ordern nicht verhindern können“, war sich Teutonias Teammanager Nico Sorgenfrey Minuten nach dem Zwischenfall sicher. Er habe gar nicht gewusst, was in diesem Moment passiere, und auf wen die Ultras losgehen, schilderte „T05“-Akteur Nick Gutmann nach dem Match bei ELBKICK.TV, wie er die Situation erlebt hatte. „Sowas braucht keiner“, konstatierte Teutonen-Trainer Sören Titze, der nach eigenem Bekunden instinktiv stehen geblieben war, als die Ultras quer über den Platz auch an den Trainerbänken vorbei Richtung Vereinsheim stürmten, und brachte damit die vorherrschende Meinung auf den Punkt.

Svrakas Patzer führt zum 0:1-Rückstand nach 21 Minuten

Fünf Minuten vor dem Ende stürmte eine Horde Chaoten den Platz an der Kreuzkirche. Foto: Heiden

Bevor die unsäglichen Szenen passierten, wurde auf dem Kunstrasen an der „Kreuze“ natürlich Fußball gespielt. Und dabei lieferte Teutonia – anders als bei den vorangegangenen Partien gegen den VfL Oldenburg (0:5) und den Birnkumer SV (4:6) – diesmal trotz der neuerlichen Niederlage seinen insgesamt gefühlt besten Auftritt im Rahmen der Aufstiegsrunde ab. Dass es auch diesmal wieder nicht zu Punkten und einem Sieg langte, fand seinen Auftakt darin, dass die Teutonen erneut einen kapitalen Bock schossen. Bis zur 21. Minute hielt das Titze-Team mit, dann ließ Keeper Semir Svraka einen 22-Meter-Schuss von Kiels Julius Arlt durch die Finger rutschen und das Leder schlug im Netz ein. Nur drei Minuten später hätte Jonas Seidel nach einem Zuspiel von Alt erhöhen können, zielte jedoch am linken Giebel vorbei.

Danach kamen die Teutonen noch vor dem Seitenwechsel immerhin zu gleich drei Gelegenheiten: Nach 27 Minuten rutschte Arne Gillichs Ecke zu Jeton Arifi durch, der abzog. Doch im letzten Moment warf sich Kiels Tim Siedschlag in den Schuss und blockte ihn ab. Fünf Zeigerumdrehungen danach agierte Gillich nach einer Flanke von André Müller im Abschluss zu zaghaft. Weitere acht Minuten danach setzte sich Müller auf rechts durch, flankte von der Grundlinie in die Box, wo Aytac Erman sich per Kopf versuchte, aber seinen Meister in Holstein II-Schlussmann Bernd Schipmann fand, der die Kugel festhielt, so die Situation entschärfte und dafür sorgte, dass die Gäste einer 1:0-Führung im Rücken in die Kabine gehen konnten.

„Die individuellen Fehler haben uns die ganze Aufstiegsrunde über das Leben schwer gemacht“

Kieler Jubel: Die Holstein II-Spieler freuen sich über einen der vier Treffer, während bei Teutonia lange Gesichter herrschen. Foto: Heiden

Nach dem Seitenwechsel vergingen fünf Minuten, dann stand es 2:0 für die „Jungstörche“: Alt brachte eine Ecke von links vor den Kasten, Laurynas Kulikas stand goldrichtig und feuerte das Leder aus der Drehung in die Maschen (50.). Die Hausherren steckten aber keineswegs auf. Nein, im Gegenteil: In der 58. Minute leitete Stefan Winkel mit einer Einzelaktion und einem anschließenden Querpass auf Arne Gillich, der am kurzen Pfosten abstaubte, den Treffer zum 1:2 ein. Den aber konterte Kiels „Zweite“ zehn Zeigerumdrehungen danach mit dem dritten Treffer des Abends, Flanke Alt, Kopfball Timo Barendt – 3:1 (68.). Alt und Barendt waren auch am vierten Streich der Equipe von Übungsleiter Ole Werner beteiligt: Nachdem Teutone Georgios Cholevas die Kugel durch die Beine bekam, stand Alt allein, scheiterte aber an „T05“-Torhüter Svraka, doch Barendt setzte nach und versenkte den Abpraller zum 4:1 (78.). Es folgten der Anschlusstreffer und der Platzsturm nebst der Unterbrechung und des Polizeieinsatzes.

Als sowohl der Spuk als auch das Spiel ein Ende gefunden hatten, konstatierte Sören Titze: „Heute war es bitter schwer, weil wir kein Endspiel mehr hatten.“ Dennoch habe sein Team. „wenn man alle Spiele über 90 Minuten zusammen betrachtet, das beste Spiel der Aufstiegsrunde gespielt. Aber: Wir haben auch gegen Oldenburg stark begonnen und waren 30 Minuten gut. Gegen Brinkum waren wir in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft. Leider ist es uns allerdings nicht gelungen, unsere Leistung komplett über 90 Minuten abzurufen. Und, was man ehrlicherweise sagen muss: Wir haben in allen drei Spielen absolute individuelle Blackouts gehabt, die man nicht kompensieren kann.“ Ihm täte es, gab Titze weiter zu Protokoll, „für die Jungs leid. Auch der erste Treffer heute war vermeidbar. Da hat keiner gedacht, dass in der Situation ein Treffer fällt. Diese Fehler haben uns die ganze Aufstiegsrunde über das Leben schwer gemacht. Wir haben uns immer wieder motiviert, machen dann aber auch immer wieder Fehler.“

„Wir haben alle zusammen in den drei Spielen nicht das abgerufen, wozu wir in der Lage sind“

Der Kieler Laurynas Kulikas (li.) überspringt im Kopfballduell Georgios Cholevas. Foto: Heiden

Die Schuld bei den Einzelnen zu suchen, die sich diese Aussetzer leisteten, wollte und will Titze auch weiterhin nicht. „Wir spielen die ganze Saison über zusammen, gewinnen zusammen und verlieren auch zusammen. Jeder gehört dazu, egal wie viele Minuten er gespielt hat. Wir haben alle zusammen in diesen drei Spielen nicht das abgerufen, wozu wir in der Lage sind. Dass wir das können, haben wir in der Liga oder auch im Pokal-Halbfinale gegen Dassendorf bewiesen. Dieses Spiel zum Beispiel hätte auch ganz anders ausgehen können, wenn wir da den ersten Treffer erzielen. So aber hat es in der Aufstiegsrunde nicht gereicht, dort einzugreifen, wo es um etwas geht“, erklärte der 33-Jährige und fügte an: „Ich gratuliere Kiel und Oldenburg zum Aufstieg. Beide Mannschaften haben es verdient.“

Seine eigene Elf werde „im nächsten Jahr angreifen. Wir werden uns dem Ganzen stellen und hoffentlich in der Liga zeigen, dass wir aus gewissen Dingen gelernt haben und mit einer Mannschaft an den Start gehen, die wieder darum kämpft, die Aufstiegsspiele spielen zu können. Das werden zwei, drei andere Mannschaften auch wollen. „Wir wollen es besser machen als in dieser Saison, so gehen wir die nächste an. Jetzt haben wir erst einmal drei Wochen Pause, um den Kopf frei zu bekommen“, sagte Titze und stellte abschließend fest: „in dieser Saison haben wir von der Vorbereitung bis heute immer wieder Spiele gehabt, in denen fünf bis zehn Prozent gefehlt haben. Wenn man gewinnt, wird das nicht thematisiert. Es liegt an uns, das in der kommenden Saison anzugehen.“

Jan Knötzsch