„Open End“ am Parkweg: Sasel bringt dem „Nonplusultra der Oberliga“ das menscheln bei!

Dassendorfs Super-Siegesserie endet - „Noch viel schlimmer sind die Platzverweise“

26. November 2017, 20:17 Uhr

Kollektiver Jubel: Bünyamin Balat (2. v. re.) lässt sich nach seinem Strahl unter die Latte zum 2:0 von Nico Zankl (re.), Timo Adomat und Enrik Nrecaj (li.) feiern. Foto: Knull

„Das Normalste der Welt im Sport ist heute passiert“, konstatierte Peter Martens, Trainer der TuS Dassendorf. Doch ganz so normal war das, was am Saseler Parkweg geschah, dann doch nicht. Denn in 17 Saisonspielen verließ der Titelträger der letzten vier Jahre den Platz 17 Mal als Sieger. Keine Mannschaft konnte der TuS, in Anlehnung an die Meistershirts, bis dato das Wasser reichen. Bis zum heutigen Tag! „Nun hat es uns auch mal erwischt und wir haben das erste Spiel in dieser Saison verloren“, resümierte Martens ganz nüchtern nach der 1:2-Pleite seines Teams beim gastgebenden TSV Sasel, um gleich kämpferisch nach vorne zu blicken: „Das wird uns ganz sicher nicht umschmeißen!“

Freudestrahlend nahm er die Glückwünsche von Fans und Freunden entgegen und bekam das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht. Sasel-Kapitän Timo Adomat grinste bis über beide Ohren und jubelte: „Einfach nur geil!“ Dann führte er auf Nachfrage aus: „Die ganze Woche wurde nur noch darüber gesprochen, dass wir heute was holen müssen. Wir haben uns viel vorgenommen, auf das Spiel hingearbeitet und uns richtig auf den Gegner eingestellt. Natürlich ist es etwas Besonderes, so eine Serie zu beenden!“ Von der ersten Minute entwickelte sich „ein sehr gutes, temporeiches, spannendes und intensives Oberligaspiel von zwei richtig guten Mannschaften“, wie nicht nur Martens befand. Seine Seriensieger fanden eigentlich auch gut ins Spiel und schnürten die Hausherren zunächst in der eigenen Hälfte ein, ohne jedoch wirklich zwingend vor den Kasten von Todd Tuffour zu gelangen. Stattdessen schlugen die stets brandgefährlichen „Parkwegler“ ihren ersten Angriff „aus dem Nichts“, so Martens, mit dem Führungstreffer ab: Nico Zankl mit dem punktgenauen Steilpass auf den halblinks alleingelassenen Daniel Lichy, der mit dem ersten Kontakt scharf nach innen passte, wo Tolga Celikten wartete und das Runde ins Eckige beförderte – 1:0 (6.)!

Balat jagt den Ball unter die Latte - „Hatten sogar die Chance aufs Dritte“

Finn Thomas (re.) sah wegen wiederholtem Meckern die Ampelkarte. Foto: Knull

„Wir hatten die Spielkontrolle, mussten aber jederzeit hellwach sein, weil Sasel immer die Tiefe gesucht hat“, erkannte Martens. So auch in Minute 21, als Enrik Nrecaj nach einem Zuspiel von Adomat nur um Zentimeter am langen Eck vorbei zielte. Doch kurz darauf musste TuS-Keeper Christian Gruhne den Ball zum zweiten Mal aus seinem Gehäuse holen – und der Schlussmann selbst gab dabei keine glückliche Figur ab. Wieder war es Zankl, der mit einem Diagonalpass rechts an der Außenlinie Bünyamin Balat in Szene setzte. Dieser zog nach innen, schüttelte den lediglich hinterher trabenden Kristof Kurczynski - konnte den gelbgesperrten Marcel von Walsleben-Schied nicht ansatzweise ersetzen - spielend leicht ab und ließ dann einen mächtigen Flatterball aus gut und gerne 25 Metern ab, der über Gruhne hinweg segelte und mittig unter der Latte einschlug (26.). Ein richtiges Pfund, aber alles andere als unhaltbar! „Wir wollten durchaus hoch pressen und uns situativ – in einem anderen System – wieder ins Mittelfeldpressing fallen lassen. Das haben wir mit dem 1:0 richtig gut hinbekommen“, lobte Zankl, der daraufhin zwei Hochkaräter der Gäste sah. Zunächst landete Celiktens Klärungsversuch in der Magengrube von Sven Möller und kullerte von dort an den rechten Pfosten (30.), ehe Maximilian Dittrich freistehend aus halbrechter Position an Tuffours glänzender Fußparade scheiterte (32.). „Wir hatten sogar noch ein-, zweimal die Chance, ein drittes Mal zuzustechen. Das wäre vielleicht zu viel des Guten gewesen, aber die Möglichkeiten dazu waren da“, so Zankl, der damit unter anderem auf den Freistoß seines Bruders Nico von der Sechzehnergrenze ansprach. Der Versuch verfehlte den rechten Knick nur äußerst knapp (34.). Dann rauschten Yannis Büge und Lichy, der die Kugel nur noch ans Außennetz bugsieren konnte, um Millimeter an einer Hereingabe von Nrecaj vorbei (45.).

Zankl: „Muss meinen ‚kleinen Kindern‘ ein großes Lob zollen“

Sasel-Coach Danny Zankl nahm jene Situation nur noch als Zuschauer war, nachdem er von Referee Michael Ehrenfort (TuRa Harksheide), von dem noch die Rede sein wird, von seiner Trainerbank verwiesen wurde. Doch dazu später mehr. „Wir wussten, dass es in der zweitem Halbzeit schwierig wird. Und nach gefühlt 60 Standards muss ich meinen ‚kleinen Kindern‘ ein großes Lob zollen, dass sie da so wenig zugelassen haben. Denn das sind alles Brandbomben, die da reinkommen“, huldigte Zankl nicht nur seine drei Defensiven um den ganz starken Tobias Steddin. Dieser war in der 68. Spielminute aber auch machtlos, als Pascal Nägele mit einer dieser unzähligen „Brandbomben“ vom linken Flügel den am ersten Pfosten postierten Jeremy Karikari mustergültig bediente – und der Verteidiger auf 1:2 aus TuS-Sicht verkürzte! „Dass wir danach ruhig geblieben sind, ist einfach hervorragend. Und dass wir aus dem Spiel heraus eher wenig zugelassen haben, ist ebenso richtig gut“, strahlte Zankl, der aber bis zur letzten Sekunde zittern musste. Auch, weil Nrecaj (66.) und Nico Zankl (81.) eine mögliche Vorentscheidung verpassten. Auf der Gegenseite echauffierte sich die gesamte Dassendorfer Bank über einen nicht gegebenen Strafstoß, als Büge beim Versuch, den Ball aus der Gefahrenzone zu jagen, den Fuß von Amando Aust traf (60.). „Das hört man doch bis nach Itzehoe“, war Thomas Hoffmann an der Seitenlinie außer sich.

Martens: „Da wird mir jetzt schon schlecht!“

Schiedsrichter Michael Ehrenfort zeigte sich besonders „kartenfroh“ in einem rasanten, aber stets fairen Spiel. Foto: Knull

Außer sich war auch Peter Martens auf der anschließenden PK – und zwar, weil sein Team die Partie nur zu neunt beendete. Erst holte sich der sehr unglücklich agierende Finn-Lasse Thomas wegen wiederholtem Meckern (!) die Ampelkarte ab (80.). „Das hat uns natürlich in die Karten gespielt und haben wir dankend hingenommen“, so Zankl dazu. Dann sah Christian Gruhne mit dem Schlusspfiff nach einem Schubser gegen Nico Zankl, als er diesem den Ball schnell aus den Händen nehmen wollte, um das Spiel noch einmal schnell zu machen, glatt Rot (90. +4)! „Was uns viel mehr wehtut, als die Niederlage, sind die Platzverweise, die wir kassiert haben. Das ist wirklich eine richtig bittere Geschichte! Ich möchte gar nicht daran denken, wie lange Chris gesperrt wird – da wird mir jetzt schon schlecht“, schimpfte Martens, da Gruhne nach einer vorigen Rotsperre nur auf Bewährung ist. „So dumm seine Aktion auch war, ob man da jetzt wirklich eine Rote Karte geben muss, um dann nicht mal mehr den Freistoß ausführen zu lassen, sondern sofort das Spiel zu beenden, das finde ich sehr grenzwertig. Da bin ich als Schiedsrichter ein bisschen salomonisch und pfeife einfach ab. Aber natürlich müssen wir die Schuld bei uns suchen“, wollte der „Dasse“-Dompteur gar nicht erst nach Ausflüchten suchen – wenngleich er mit seiner Darstellung den Nagel auf den Kopf traf. Denn Schiedsrichter Ehrenfort fiel durch einige sehr merkwürdige (Fehl)Entscheidungen auf. Insbesondere bei der Kartenverteilung war keine Linie zu erkennen.

„Ich denke, jetzt ist ‚Open End‘ angesagt“

Peter Martens (re.) und seine umgekrempelte Trainingshose bei Wind und Wetter. Gehört diese Marotte nach der heutigen Niederlage nun der Vergangenheit an? Foto: Knull

Auch Zankl, der nach einem Foulpfiff wegen des Ausspruchs „Das ist doch lächerlich“ schon nach 39 Zeigerumdrehungen des Innenraums verwiesen wurde und die zweite Halbzeit von der Tribüne auf der gegenüberliegenden Spielfeldseite coachte, meinte: „Da hätte man mehr Fingerspitzengefühl zeigen können.“ Nichtsdestotrotz hatte er im Nachhinein allen Grund zur Freude. „Wir haben gegen das Nonplusultra der Oberliga gespielt. Überragend, dass wir das über die Zeit gebracht und uns so dagegen gestemmt haben“, konnte er zurecht stolz auf die Leistung seiner Mannen sein. „Ich hoffe, das war der nächste Schritt in unserer Entwicklung.“ Währenddessen entgegnete Martens auf die Frage, was heute bei seinem Team gefehlt habe: „Dass wir die Tormöglichkeiten, die wir hatten, nicht verwertet haben. Unsere Standards waren alles Brandbomben, wie der Kollege schon sagte, und ich weiß gar nicht, wie viele davon auf Kopfhöhe ins Seitenaus gegangen sind, weil wir es – warum auch immer, so richtig kann ich es mir nicht erklären – nicht geschafft haben, in diese Bälle reinzukommen. Denn die waren gut gespielt. Ich sprach auch schon vom fehlenden Spielglück. Es wäre sicherlich kein Glück gewesen, wenn das Foul an Amando Aust als Elfmeter gewertet wird. Der Kontakt war bis nach Braunschweig zu hören. Dass er den nicht gegeben hat, fand ich schon sehr seltsam. Das sind, meines Erachtens, die Gründe.“

Beim TSV Sasel kam nach dem großen Jubel auch noch diebische Freude hinzu. „Die Bacardi-Flaschen stehen schon auf dem Tisch“, hatte „Capitano“ Adomat allen Grund, um den Sieges-Coup gegen die „Unbesiegbaren“ mit seinen Teamkollegen gebührend zu begießen. „Am Ende ist der Sieg sicher auch etwas glücklich, denn da sind schon einige Bälle durch den Strafraum geflogen – aber unverdient ist das nicht. Ich glaube, wenn wir mal ins Rollen kommen, dann rollt die Kugel – und sieht auch noch super aus. Mal gucken, was heute noch geht – aber ich denke, es ist bestimmt ‚Open End‘ angesagt.“ Na dann, lasst die Korken fliegen…


Die Pressekonferenz mit beiden Trainern im Video

Autor: Dennis Kormanjos