Nach 60-Sekunden-Doppelschlag: Bramfeld hat das letzte Wort

"Neumänner" setzen im Test beim HSV III "genau das um, was wir wollten"

05. Juli 2017, 00:43 Uhr

Bramfelds Zugang Patrick Lüth (re.) mit Tempo gegen Neu-Rothose Modou Ndow. Foto: Merk

„Wir sehen uns dann im nächsten Jahr“, rief Felix Karch seinem Gegenüber bei der Verabschiedung zu. Zwar mit einem leichten Augenzwinkern, aber durchaus ernst gemeint. „Wir haben Bramfeld ja regelmäßig im Kalender, weil es einfach ein unangenehmer Gegner in der Vorbereitung ist. Körperlich sehr stark und viele erfahrene Spieler drin. Das ist etwas, was uns zumindest vom Körperlichen her ein wenig Oberliga simulieren sollte“, erklärte Karch anschließend. Und er bekam das, was er wollte. Denn der Hansa-Landesligist zeigte beim 3:2-Last-Minute-Erfolg eine über weite Strecken starke Vorstellung beim Oberliga-Aufsteiger!

Der ehemalige AFC-Angreifer Marko Sumic (Mi.) zeigte nach seiner Hereinnahme in Halbzeit zwei viele gute Ansätze und war ein Aktivposten. Foto: Merk

„Wir haben das umgesetzt, was wir wollten: Vorne früh draufgehen und pressen“, resümierte Bramfelds „Urgestein“ Christopher Skalnik unmittelbar nach Spielende. Der erfahrene Außenverteidiger, der mit seinen 35 Jahren noch immer einer der absoluten Leistungsträger, Leader und Aktivposten an der Ellernreihe ist, bereitete den Führungstreffer seines Teams mit einem blitzsauberen und butterweich getretenen Freistoß auf den Kopf von Niklas Remark exzellent vor (22.). Schon zuvor hatten die „Neumänner“ – nach einer anfänglichen Chance von Sören Ostermann, dessen abgefälschter Schuss nicht weit am Gehäuse vorbei rauschte (6.) – gute Möglichkeiten durch Justin Sadownik, der aus der eigenen A-Jugend hochgezogen wurde, und Milos Ljubisavljevic. Beide vergaben eine über Patrick Lüth und Robin Polzin toll herausgespielte Doppelchance, weil „Rothosen“-Keeper Can Öküzbogan erst Sadowniks Schuss, dann Ljubisavljevic‘ Kopfball stark entschärfte (14.). Wenig später holte er auch einen 22-Meter-Schuss von Nick Mohr aus dem oberen Eck (15.). Youngster Mohr war es auch, der kurz vor der Pause aus 16 Metern – wiederum nach sehenswertem Zusammenspiel über links – nur haarscharf verzog (44.).

"So haben wir uns das vorgestellt"

„Das war ein gutes Spiel – insbesondere in der ersten Halbzeit“, konstatierte auch Neumann und präzisierte: „Gute Spielzüge, gut gepresst, gutes Aufbauspiel. Das war wirklich so, wie wir uns das vorgestellt haben.“ Einer dieser guten Spielzüge wurde in Minute 53 fast veredelt, als TBS-Zugang Marko Sumic einen Pass per Kopf verlängerte, Matthias Müller sich auf links stark behauptete und auf den zweiten Pfosten flankte, wo der wohl kleinste Mann auf dem Platz, Christopher Hoff, ein wenig in Rücklage geriet. Das sah schon richtig nach Fußball aus! Doch dann: BSV-Test-Fänger Dennis Schäfer (ehemals Drochtersen II) war gegen einen Lop-Versuch von Damian Ilic wohl gerade noch auf der Sechzehnmeterlinie zur Stelle, ehe Ostermann den Nachschuss am Gehäuse vorbei setzte (56.).

60-Sekunden-Doppelschlag dreht Spiel - doch Bramfeld hat das letzte Wort

Can Öküzbogan ist beim Strafstoß von Lars Lüdemann in der Schlussminute chancenlos. Foto: Merk

Es folgte ein HSV-Doppelschlag binnen 60 Sekunden: Erst nickte „Neu-Sechser“ Marco Augustinovic eine Freistoß-Hereingabe von Emre Yasar ein (62.), ehe der ebenfalls aus der eigenen A-Jugend kommende Besim Muslija den Ball gegen Modou Ndow hergab und dieser den in der Mitte besser postierten Ilic in Szene setzte. Unter Bedrängnis von Lars Lüdemann brachte Ilic das Runde mit etwas Dusel im Eckigen unter – 2:1 HSV III (63.)! Die Karch-Elf hatte die Partie gedreht und Bramfeld brauchte einige Minuten, um zurückzuschlagen. Torschütze Remark verlängerte einen Ljubisavljevic-Freistoß – die Kugel touchierte den Querbalken (68.). Wenige Augenblicke darauf riss Neumann die Augen ganz weit auf und raufte sich die Haare, als Ljubisavljevic einen groben Schnitzer von Pedram Rostami nicht zu nutzen wusste (69.). Aber der Landesligist blieb dran und am Drücker. Sumic erkämpfte sich gegen Tim Henkis das Leder und schickte erneut „Ljubi“ auf die Reise. Diesmal blieb der einstige Elmshorner ganz cool – 2:2 (72.).

Die Begegnung wurde durch die vielen Wechsel auf beiden Seiten nun etwas zerfahrener. Doch wenn ein Team Chancen hatte, dann war es Bramfeld – und das gleich im Dreierpack: Zunächst war Öküzbogan gegen Sumic‘ bärenstarkes Solo glänzend auf dem Posten, dann landete der Kopfball des ehemaligen AFC-Angreifers – nach Müller-Flanke – am rechten Innenpfosten. Und zu guter Letzt war es Müller selbst, der die Dreifachchance in einer Aktion nicht zum krönenden Abschluss bringen konnte (76.). Als alles auf ein 2:2 hindeutete, holte Hischem Oudjouadj in der allerletzten Situation Müller im eigenen Sechzehner viel zu ungestüm von den Beinen. Lüdemann legte sich den Ball zurecht und verwandelte ganz sicher ins linke untere Eck zum 3:2-Sieg (90.)!

"Das Ergebnis ist für mich zweitrangig"

Siegtorschütze Lüdemann (2. v. li.) holt sich die Glückwünsche von Ersatzkeeper Steven Pagenkop (li.) und Milos Ljubisavljevic ab. Foto: Merk

„Natürlich will man so ein Testspiel auch gewinnen, aber Mirko (Schulz, Co-Trainer; Anm. d. Red.) und mir ging es vor allem darum, dass wir einen Oberligisten haben, der auch richtig griffig ist, wo man nicht nur seinen Stiefel runterspielen kann. Wir wollten da mithalten – und das haben wir gut gemacht“, bilanzierte Neumann. Während Karch zu Protokoll gab: „Ich fand, dass wir es gerade in der ersten Halbzeit defensiv ganz vernünftig gemacht haben. Wir haben mit dem neuen System und der extrem jungen Truppe die Räume ganz gut zugekriegt. Wenn man sich mal die Geburtsjahre der Spieler auf dem Platz anguckt, dann war das ja eher ein ‚Jugend forscht‘-Projekt auf dem Platz. Dafür haben sie es gut gemacht“, so Karch, der unter anderem auf die erfahrenen Heuer, Haerting, Trefzger, Steckel oder auch Bauer verzichten musste. „Dass diese Jungs noch nicht die Geschwindigkeit und die Entscheidungsquote wie ein routinierter Oberliga-Spieler haben, ist doch ganz normal. Wenn man dieses mit dem Lurup-Spiel vergleicht, dann denke ich, dass man durchaus schon eine Entwicklung sieht. Wenn wir die Entscheidungsquote ein bisschen hochschrauben, dann haben wir in der ersten Halbzeit drei, vier gute Aktionen im Umschaltspiel. Aber da spielen wir nicht konsequent bis zum Ende durch. Dass es hintenraus – bei dem vielen Gewechsel – ein bisschen fahrig wurde, bringt die Sache so mit sich. Das Ergebnis ist für mich zweitrangig. Mir war heute wichtig, dass wir es defensiv taktisch vernünftig machen und dass wir schnell ins defensive Umschaltspiel kommen. Das war unser Hauptaugenmerk.“


Autor: Dennis Kormanjos