Leibchen, Lust und Leiden: „Orange-Weiße“ lassen AFC keine Chance

Nachwuchs der „Kiezkicker“ siegt an der „AJK“ deutlich mit 5:1

12. November 2017, 18:08 Uhr

Der erste Einschlag: Die Spieler des FC St. Pauli feiern den Treffer von Theodor Bräuning (Zweiter v. re.) zum 1:0. Foto: KBS-Picture

Die Sorgen von Altona 93 im Kampf um den Klassenerhalt in der Regionalliga nehmen weiter zu: Am 16. Spieltag unterlag die Mannschaft von Trainer Berkan Algan im Hamburger Derby gegen die Reserve des FC St. Pauli mit 1:5. Dabei erzielten die „Braun-Weißen“, die diesmal quasi in einer ganz neuen, ungewöhnlichen, aber so nicht gewollten Farbkombination aufliefen, alle Tore. Auch der Anschlusstreffer des AFC fiel per Eigentor durch einen Spieler der „Kiezkicker“. „Ich bin top zufrieden“, konstatierte St. Pauli II-Übungsleiter Joachim Philipkowski, während AFC-Coach Algan neben dem Spiel auch seinen Kapitän verlor und feststellen musste: „Mir tun meine Jungs leid. Wir hatten uns viel vorgenommen.“

Davon freilich war in der Anfangsphase des Spiels wenig zu sehen. Eigentlich sogar gar nichts, wenn man es hart formulieren will. Denn ehe sich die Altonaer versahen, da lagen sie auch schon mit 0:2 im Rückstand. Handgestoppte 15 Sekunden der Begegnung waren absolviert, als sich Theodor Bräuning die Kugel schnappte und einfach mal in Richtung AFC-Gehäuse feuerte. Das Ergebnis: Der Ball war drin! Nur vier Minuten später zog Joel Keller aus der Distanz ab, dieses Mal konnte der Schuss zwar abgewehrt werden, doch die Kugel landete bei Ersin Zehir – und auch der hielt nochmal drauf. Wieder war Grubba geschlagen. Binnen fünf Minuten hatten die „Boys in Brown“ schon für eine kleine Vorentscheidung gesorgt. „Wenn man die ersten beiden Dinger direkt rein knallt, ist das schön für St. Pauli und ärgerlich für uns“, musste auch Berkan Algan nach dem Spiel niedergeschlagen feststellen.

Algan: „Wir müssen versuchen, den Teufel am Schwanz zu packen, damit wir uns befreien“

Zu Fall gebracht: St. Pauli II-Schlussman Stefan Rakocevic fährt AFC-Akteurt William Wachowski in die Parade. Foto: KBS-Picture

Altona brauchte eine knappe Viertelstunde, um sich vom doppelten Rückschlag zu erholen. Erst dann gab Nick Brisevac den ersten Schuss auf den gegnerischen Kasten ab. Allerdings ohne Erfolg, da St. Paulis „Goalie“ Stefan Rakocevic abwehrte (15.). Auch die anschließende Ecke brachte nichts ein. Niklas Holz' Kopfball flog links am Tor vorbei. Noch vor dem Seitenwechsel hätten die Gäste das Resultat weiter in die Höhe schrauben können, doch Seung-Won Lee zielte drüber (22.) und Bräunings Zuspiel auf den freien Marcell Sobotta kam nicht an, weil William Wachowski dazwischen ging (39.). Und der AFC? Der versuchte sich nach 32 Minuten durch Brisevac, dessen Schuss aus 16 Metern weit über das Gehäuse flog. Apropos Brisevac: Altonas Kapitän blieb nach einem Zweikampf in der 45 Minute unweit der Eckfahne verletzt liegen, musste ausgewechselt und  Richtung Kabine geführt werden. „Es ist wohl ein Faserriss, vielleicht sogar mehr. Auf jeden Fall nicht nur eine Zerrung“, musste Algan nach dem Abpfiff neben der Niederlage auch den womöglich längerfristigen Ausfall von „Brise“ ertragen.

Ohne seinen „Capitano“ versuchte der AFC nach dem Seitenwechsel zumindest, sich nicht vollends auseinander nehmen zu lassen. Vor den 2080 Zuschauern an der „AJK“ sollte dies aber letztlich zu einem Unterfangen werden, das nicht glückte. Zwar klärte Holz für den AFC gegen Bräuning zunächst auf der Linie (63.), doch nachdem auf der anderen Seite dann Marco Schultz drüber gezielt hatte (69.), sorgte Sobotta nach 71 Minuten für das 3:0 zugunsten der Gäste, die dem AFC vier Zeigerumdrehungen später immerhin das Ehrentor ermöglichten: Florian Carstens traf ins eigene Netz (75.). Danach kam Altona kurz auf, hatte durch Marc Hinze die Chance, auf 2:3 zu verkürzen (78.), doch eine Minute später sorgte Kyung-Rok Choi mit dem 4: 1 für die endgültige Entscheidung, als er einen Angriff über links im Zentrum vollendete (79.). Schluss war damit aber noch nicht. Stattdessen legten die „Kiezkicker“ noch einen weiteren Treffer nach: Erneut ein Angriff über links, dann der Pass quer vor das Tor – und aus zwei Metern hatte Irwin Pfeiffer keine Mühe mehr, zum 5:1 für die Gäste einzuschieben.

Philipkowski: „Wir hatten Phasen, wo ich mir noch mehr Spielkontrolle gewünscht hätte“

Lang gemacht: Clifford Aniteye (li.) versucht den St. Paulianer Ersin Zehir zu stoppen. Foto: KBS-Picture

„Es hat, so glaube ich, zehn Sekunden gedauert, dann hat St. Pauli uns den Wind genommen. Gleich mit dem zweiten Angriff macht der Gegner auch noch das 2:0. Mir tun die Jungs leid. Ich will dass Spiel nicht zerpflücken. Wir haben uns viel vorgenommen und gut gearbeitet die Woche über. Was dann passiert – da kann man sich nicht gegen wehren. Das sind Fußball-Geschichten. Das sind Prozesse, durch die wir durch müssen. Dass wir dann auch noch Nick Brisevac verlieren, ist dramatisch“, bilanzierte Berkan Algan  Er hoffe, so Altonas Trainer, vor dem Nachholspiel am Mittwoch gegen Eutin 08 (Anstoß: 19.30 Uhr), „dass sich in den nächsten zwei Tagen keiner mehr verletzt.“ Dass sein Team bei den Gegentreffern vier und fünf Stellungsfehler begangen habe, „ist ärgerlich, aber das wissen die Jungs selbst. Wir müssen im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen, den Teufel am Schwanz zu packen, damit wir uns befreien. Ich hoffe, dass es auch positive Geschichten gibt, die uns nach den negativen, die wir schon erlebt haben, mal erreichen. Wir haben das frühe 0:2 relativ gut verarbeitet, hätten dann Glück für das 1:2 gebraucht, Am Ende hat die Qualität von St. Pauli II verdient gewonnen“, bilanzierte der AFC-Trainer. Sein Gegenüber war derweil natürlich um Längen besserer Laune.

„Ich bin sowohl mit dem Spiel als auch dem Ergebnis und der Art, wie wir in die Partie gekommen sind, sehr zufrieden. Manchmal ist es eben so, dass man zwei Mal aufs Tor schießt und beide Schüsse  gehen rein. Das ist super und hat uns Vertrauen und Sicherheit gegeben“, sagte Joachim Philipkowski im Anschluss an das Match. Trotzdem, so seine weitere Analyse, „hatten wir in der ersten Hälfte Phasen, wo ich mir gewünscht hätte, dass wir noch mehr Spielkontrolle haben und den Ball laufen lassen. Leider haben wir es auch versäumt, früher das 3:0 zu machen.“ Hätte der AFC beim Stand von 0:2 zum Anschluss getroffen, „dann wäre es noch einmal brenzlig geworden“, stellte „Piepel“ („Viel Glück für Altona weiterhin. Wir wollen, dass ihr in der Regionalliga bleibt“) fest. So aber siegte sein Team deutlich, auch „wenn wir zwei, drei Aktionen noch besser hätten ausspielen und das Ergebnis noch deutlicher hätten gestalten können.“ Eine Frage war aber noch zu klären: Warum mussten die Braun-Weißen in Leibchen ran? Referee Murat Yilmaz, der zuvor sowohl die weißen als auch die braunen Trikots der „Kiezkicker“ als dem Altonaer Dress zu ähnlich einstufte, wollte seine Entscheidung auf Nachfrage nicht erklären. „Wir hätten locker in Braun spielen können. Aber der Schiri hat das anders entschieden, weil er was Besonderes wollte. Das hat er gekriegt. Wir haben das hingenommen und 5:1 gewonnen...“, kommentierte Philipkowski den „orange-weißen“ Auftritt seiner Mannen abschließend.

Jan Knötzsch 

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