Vorbereiter wird zum Vollstrecker: „Momo“ lässt die Derby-Puppen tanzen!

„Rothöschen“-Nachwuchs feiert Derbysieg – und das extravagant

23. September 2017, 16:57 Uhr

Vor lauter Freude erdrückt Stephan Ambrosius (li.) den umjubelten 3:1-Schützen Moritz Kwarteng schon fast. Beide lassen ihren Emotionen freien Lauf. Foto: KBS-Picture

„Da ich meine Mutter nicht auf der Tribüne gesehen habe, dachte ich mir, dass ich’s mir heute mal erlauben darf“, plauderte Moritz Kwarteng ein wenig aus dem Nähkästchen – und begründete damit seinen extravaganten Torjubel. Denn: Der ehemalige Hoffenheimer, der erst im Sommer den Weg an die Elbe zur U21 des HSV fand, besiegelte mit seinem Treffer nicht nur den Derbysieg gegen die U23 des FC St. Pauli, sondern bejubelte diesen auch noch mit einem Flickflack. „Meine Eltern waren darüber nie erfreut, wenn ich den Flickflack-Jubel mache, weil sie immer fürchterliche Angst hatten – vor allem meine Mutter“, verriet „Momo“ Kwarteng. Um den Eltern die Sorge zu nehmen: Es ging alles gut – und war auch noch äußerst spektakulär anzusehen.

Nachdem er den Ball ins leere Tor geschoben hatte, setzte Momo Kwarteng zum Flickflack an. Foto: KBS-Picture

Es war die letzte Chance des Spiels, doch noch etwas Zählbares mit heim zu nehmen. Doch stattdessen wurde die sankt paulianische U23 nach einem eigenen Eckball in der Schlussminute gnadenlos ausgekontert. Mohamed Gouaida leitete den Gegenangriff ein und schickte noch in der eigenen Hälfte Moritz Kwarteng auf die lange Reise. Dieser zog einen allerletzten Sprint über mehr als den halben Platz an und hatte die Option, die ebenso völlig blank auf Sven Brodersen zusteuernden Törles Knöll oder eben Gouaida in Szene zu setzen. Aber Kwarteng legte den Ball links am Torsteher vorbei, ließ sich auch von der Gegenwehr Brian Koglins nicht mehr beirren und schoss ins verwaiste Gehäuse zum 3:1-Endstand ein! „Ich habe die Chance gesehen, dass sie die große Möglichkeit ergeben könnte, ein Tor zu erzielen. Deswegen habe ich den Sprint in der letzten Minute angesetzt, weil ich auch wusste, dass zu dem späten Zeitpunkt nicht mehr viele diesen mitgehen können. Zum Glück hat sich das ausgezahlt“, erklärte der Schütze hinterher und zelebrierte den Torerfolg auf seine ganz eigene Art und Weise. Auf Nachfrage erklärte Kwarteng später, dass er die artistische Showeinlage beherrscht, „seitdem ich Zehn bin“, und führte dann aus: „Da ich normalerweise eher der Vorbereiter und nicht der Vollstrecker bin, erlaube ich mir mal den Spaß, wenn ich treffe.“

Trotz Krankheitspause: Kwarteng beißt auf die Zähne

Matti Steinmann (li.) vertändelte den Ball vor dem 1:1. Hier kommt er gegen Joel Keller ins Straucheln. Foto: KBS-Picture

Doch gerade beim HSV dürfte man in Sachen „Besondere Torjubel“ äußerst vorsichtig geworden sein – nachdem sich Nicolai Müller im ersten Saisonspiel der Profis beim Zelebrieren seines Tores das Kreuzband riss. Und um ein Haar wäre es auch gar nicht dazu gekommen. Denn Kwarteng stand zu Beginn der zweiten Halbzeit bereits vor einer Auswechslung. „Ich hatte ein bisschen mit den Kräften zu kämpfen, da ich zehn Tage krankheitsbedingt im Bett lag. Trotzdem habe ich versucht, für die Mannschaft alles rauszuholen“, klärte er hinterher auf – und hielt durch. Zum Glück für die Titz-Elf. Denn der 19-Jährige war auch am stark herausgespielten frühen Führungstreffer der „Rothöschen“ beteiligt. Auf engstem Raum kombinierten sich eben jener Kwarteng, Matti Steinmann und Leon Mundhenk durch die Gäste-Hintermannschaft. Letztgenannter marschierte die rechte Seite hinunter und passte dann clever in den Rückraum, wo Gouaida wartete, den Ball pfannenfertig serviert bekam und dann ganz geschickt mit der linken Innenseite ins lange Eck einschweißte – 1:0 (5.)! Praktisch im direkten Gegenzug hätte Kyoung-Rok Choi wieder für offene Verhältnisse sorgen können, scheiterte aber an Tom Mickel (6.) – und so schien der HSV-Nachwuchs in der Folge alles unter Kontrolle zu haben.

Choi bestraft Steinmann-Fauxpas, Koglin trifft ins eigene Netz

Die HSV-Bubis feiern den Derbysieg. Foto: KBS-Picture

Doch dann das: Kurz vor dem Pausentee vertändelte Steinmann immens leichtsinnig tief in der eigenen Hälfte den Ball, nachdem er diesen gerade erst von Keeper Mickel zugespielt bekam. Choi roch den Braten, stibitzte Steinmann die Kugel und beförderte sie aus 23 Metern flach ins leere Tor – 1:1 (42.)! „Wir spielen ein sehr risikoreiches Spiel, da passieren Fehler. Deshalb haben wir ihn auch sofort aufgebaut und ihm überhaupt keine Vorwürfe gemacht“, erzählte Kwarteng, der nur wenige Augenblicke nach Wiederanpfiff schon wieder in Aktion trat – zumindest hätte er dies tun sollen. Denn nachdem Gouaida auf halbrechts Knöll bediente und dieser scharf zum durchstartenden Deutsch-Ghanaer im Zentrum passen wollte, nahm ihm Brian Koglin die Arbeit ab und traf unglücklich in die eigenen Maschen (47.)! Die Hausherren führten wieder im Derby vor 640 Zuschauern an der Hagenbeckstraße – und auch wenn es die „Braun-Weißen“ mit fortlaufender Spielzeit versuchten, ein wirkliches Durchkommen fanden sie eigentlich nie. Vielmehr hätte Fabian Gmeiner nach einem herrlichen Doppelpass mit Gouaida schon eher den Sack zumachen können, jagte das Spielgerät aber an den Pfosten (86.). 


Aber dann kam Moritz Broni Kwarteng – und besiegelte den Triumph in rot und weiß. „Für mich war es das erste Derby. Eine super Atmosphäre und man spürt schon, dass es etwas Besonderes ist. Aber im Endeffekt sind auch das nur drei Punkte“, so Kwarteng. Drei Punkte, durch die der HSV II wieder an die Spitze der Regionalliga Nord springt. „Wir wissen, was für ein Potenzial in uns steckt. Wenn wir das abrufen, wird es für jeden Gegner in dieser Liga schwer. Unser Ziel ist es, in jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze zu gehen“, gab der Matchwinner abschließend zu Protokoll – und hielt sich in bärenstarker Manier an jenes Ziel.

Was beide Trainer zum Spiel zu sagen hatten und wie Christian Titz den Jubel von seinem "Youngster" fand - all das erfahrt Ihr in diesem Video von der Pressekonferenz


Autor: Dennis Kormanjos

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