Mit „90 Prozent“ in die „Kräftemessen“: Dassendorf ein anderer Maßstab!

Taneli bemängelt fehlende Cleverness - „Hier wäre mehr drin gewesen“

09. September 2017, 19:06 Uhr

Marcel von Walsleben-Schied (Mi., rote Schuhe) beendete seine Torflaute und erzielte sein erstes Saisontor. Foto: Kormanjos

Sie mussten „erzählen und warnen“ - und taten dies mit Erfolg. Eine „ganz souveräne und konzentrierte Leistung“, wie Thomas Hoffmann hinterher befand, führte die TuS Dassendorf - vor den beiden Kräftemessen mit dem SC Victoria und FC Teutonia 05 - zu einem 4:0-Erfolg gegen Liga-Neuling Billstedt. „Heute war alles gut und wunderbar - jetzt freuen wir uns auf die beiden Duelle“, so Hoffmann, auf den am Abend allerdings zuerst einmal der Besuch beim Rolling Stones-Konzert im Stadtpark wartet. Gleiches gilt für Wacker-Manager Wolfgang „Karotte“ Krause, der nach dem Spiel anerkennend zugab: „Dassendorf war heute eine Klasse besser!“

Billstedts Volkan Al war nach einem Foul an Rinik Carolus früh gelbverwarnt. Foto: Kormanjos

Die ersten beiden Meisterschaften nach dem Aufstieg erlebte Adam Hamdan nicht nur als Aktiver der TuS Dassendorf, sondern zugleich auch als Kapitän des Abonnement-„Champions“. Nun kehrte er mit seiner neuen sportlichen Heimat an den Ort der vielen Triumphe und Erinnerungen zurück. Dass auf den 29-jährigen Abwehrrecken eine Menge Arbeit zukommen würde, hätte man sich im Vorfeld bereits denken können - und schlussendlich kam es dann auch so. Wenngleich Hamdan die 87. Spielminute sicherlich gerne aus seinen Erinnerungen streichen würde. Was war passiert? Der ehemalige Dassendorfer spielte einen viel zu kurz geratenen Rückpass auf seinen Keeper Tim Wiegand. Der eingewechselte Lennart Müller spritzte dazwischen und wurde dann zu Fall gebracht - von Adam Hamdan. Schiedsrichter Enis Mejahdi (G. Schnelsen) beließ es bei der Gelben Karte, um den Strafstoß kamen die Gäste allerdings nicht drum herum. Der überragende Sven Möller, der zwischenzeitlich sogar noch die Zeit für ein paar Späßchen mit TuS-Teammanager Alexander Knull hatte, ließ sich diese Chance nicht nehmen und setzte den Schlusspunkt. Zum Glück war jener Fauxpas des Wacker-Capitanos nicht spielentscheidend - denn es war der Treffer zum 0:4-Endstand aus V/W-Sicht und dementsprechend zu verschmerzen.

"Die Tore dürfen wir so nicht kassieren - das hat uns wehgetan"

Der ehemalige Dassendorfer Sandjar Ahmadi mit technisch feiner Ballannahme. Foto: Kormanjos

Der Aufsteiger begann am Wendelweg sehr kompakt und agierte nahezu mit acht Defensivleuten. Während Oliver Kunkel und Evailton Fernandes ihr Heil in der Flucht nach vorne suchen sollten. „Wir wussten, dass sie schnell ihre Tore machen wollen. Deshalb war es uns wichtig, hinten vernünftig zu stehen“, erklärte Aydin Taneli. Nachdem Marcel von Walsleben-Schied die ganz frühe Führung noch verpasste, als er es nach einem leichtsinnigen Ballverlust von Jan Collet gegen Maximilian Dittrich äußerst kunstvoll per Heber machen wollte (6.), stand das Wacker-Bollwerk zunächst gut - bis zur 19. Minute. Dann brachte Finn-Lasse Thomas den Ball von rechts flach und scharf auf den ersten Pfosten, wo Möller einschoss - 1:0! „Da standen wir auf unserer linken Seite nicht gut, hätten den Ball dann aber auch noch im Zentrum klarer rausschlagen können. Wenn man seinen ganzen Willen dagegensetzt, hätten wir das Tor nicht gefangen“, konstatierte Taneli, der nur wenig später erneut in die Fehleranalyse gehen musste, weil sich Möller im Mittelfeld-Zentrum weit und breit keinerlei Gegenwehr gegenübersah. Ein eklatanter Fehler, den ein solch versierter und technisch herausragender Fußballer sofort bestraft. Sein Steilpass ließ Dittrich frei auf Wiegand zusteuern. Der Torsteher wurde noch umkurvt und dann vollendete der Ex-Bielefelder mühelos - 2:0 (30.)!

„Die Tore dürfen wir so nicht kassieren, das hat uns wehgetan. Trotzdem hatten wir die eine oder andere Konterchance, weil Dassendorf extrem offen war“, so Taneli, der damit vor allem die Möglichkeit von Fernandes ansprach, der nach einem Carolus-Fehlpass von Collet auf die Reise geschickt wurde. Eigentlich war der Wacker-Youngster schon auf und davon, verpasste aber den richtigen Moment zum Abschluss und wurde dann von Joe Warmbier gestellt (23.). „Wir haben die Situationen einfach nicht clever ausgespielt“, analysierte Taneli, der zudem technische Mängel bei seinem Team ausmachte: „In dieser Liga müssen die Bälle einfach am Fuß kleben. Da sie aber zu schnell weggesprungen sind, kamen wir überhaupt nicht mehr richtig ins Spiel. Das hat Kraft gekostet.“ Die Hausherren hatten alles im Griff, erspielten sich nun diverse Chancen, brachten das Runde aber erst nach einer guten Stunde wieder im Eckigen unter, als Pascal Nägele von links Marcel von Walsleben-Schied bediente und dieser seine Torflaute beendete (59.)! Kaum zu glauben, aber für den Ex-Bundesliga-Profi war es das allererste Saisontor.

"Kommen nicht hierher, um die Punkte freiwillig liegenzulassen"

Nach Volkan Als Foul kam es früh zu einer kleinen Rudelbildung. Foto: Kormanjos

Auch wenn es am Ende eine 0:4-Pleite setzte und Billstedt weiter auf den ersten Oberliga-Sieg wartet, war die Niederlage beim Meister nicht von vornherein eingeplant. „Wer mich kennt, der weiß genau genau, dass ich immer auf Sieg spiele. Das war auch hier und heute die Intention“, meinte Taneli anschließend - und fügte an: „Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir das cleverer gemacht hätten, wäre hier mehr drin gewesen. Wir waren nur zu unclever – und deshalb haben wir ganz klar verloren.“ Aber: Den vielen Unkenrufen, die Billstedt vor der Saison schon als zweites Lurup abstempelten, zum Trotz, wehrt sich Vorwärts-Wacker in jedem Spiel nach Leibeskräften und lässt sich keineswegs abschlachten. „Wir sind eine neu zusammengewürfelte Mannschaft, die noch sehr jung ist. Die Cleverness kommt mit der Zeit, das darf man ja auch nicht vergessen. Wir müssen das so schnell wie möglich aufsaugen, annehmen und dann auch umsetzen.“ Geschenkt bekommen die Kontrahenten jedenfalls nichts: „Natürlich ist Dassendorf ein anderer Maßstab, aber trotzdem kommen wir nicht hierher, um die Punkte freiwillig liegenzulassen. Das werden wir gegen niemanden machen - auch gegen Teutonia nächste Woche definitiv nicht“, so Taneli.

Karikari feiert Pflichtspiel-Rückkehr - "Auf lange Sicht führt an ihm kein Weg vorbei"

Marcel von Walsleben-Schied holte sich nach seiner Auswechslung den verdienten Beifall ab. Foto: Kormanjos

Währenddessen freut man sich beim Meister, der nach sieben Spielen weiter verlustpunktfrei dort rangiert, wo man die letzten vier Jahre stets beendete, auf die „Kräftemessen“ mit den Top-Teams Vicky und Teutonia. „Generell denke ich, dass wir bei 90 Prozent sind. Ich glaube, dass die Mannschaft noch mehr kann. Sie wird auch mehr zeigen müssen in den nächsten beiden Spielen. Da werden wir aber auch 100-prozentig bereit sein - auch vom Kopf her. Heute musst du im Vorfeld erzählen und warnen, das kannst du dir die nächsten beiden Wochen sparen“, so Hoffmann, der sich zudem über das Pflichtspiel-Comeback von Jeremy Karikari freuen konnte. „Er ist unglaublich abgeklärt und spielt keinen Fehlpass“, schwärmt „Hoffi“ von seinem Rekonvaleszenten, der in Dassendorf eine ganz neue Situation vorfindet: „Wir haben vor dem Spiel nochmal mit ihm gesprochen - und er sieht es ja auch, dass wir die wenigsten Tore eingefangen haben, hinten gut stehen und fragt sich auch, warum man etwas ändern sollte. Er sagte dann auch: ‚Ich habe bisher noch nie in der Oberliga gespielt, sondern immer höher - und hier sitze ich auf der Bank.‘ Trotzdem verhält er sich total professionell, ist immer da und wenn du Leistung forderst, bringt er Leistung. Dann zieht er sich um, trinkt mit den Jungs ein Bier, fährt nach Hause - und hat in all der Zeit vielleicht 20 Worte gesagt“, witzelt Hoffmann, der abschließend jedoch klar sagt: „Auf lange Sicht wird er sich mit seiner Qualität durchsetzen. Wenn er seine 100-prozentige Fitness hat, führt an ihm kein Weg vorbei.“

Autor: Dennis Kormanjos