„Letzte Chance!“ – Okafor wechselt in die Regionalliga

„Die Station in Hamburg wird immer in meinem Herzen bleiben“

21. Juni 2017, 10:21 Uhr

Mittelfeldspieler Christian Okafor unterschrieb einen Ein-Jahres-Vertrag beim Regionalligisten TSG Neustrelitz und möchte sein letzte Chance nutzen, um eventuell an der Profi-Tür anzuklopfen. Foto:KBS-Picture.de

Erst vor einem Jahr wechselte Christian Okafor von Teutiona Uelzen aus der Landesliga Lüneburg zum Hamburger Oberligisten SV Halstenbek-Rellingen, wo er sich trotz des Abstiegs seines Clubs beweisen konnte und nun einen Ein-Jahres-Vertrag beim Nordost-Regionalligisten TSG Neustrelitz unterschrieb. Dabei half dem Außenbahnspieler auch, dass seine Halstenbeker über die Saison hinweg ein zweites Gesicht zeigten und im ODDSET-Pokalwettbewerb bis ins Finale vordringen konnten - nicht zuletzt dank eines starken Okafors. Dessen Leistungen weckten das Interesse höherklassiger Vereine. Einer dieser Clubs: Die TSG Neustrelitz, die von Achim Hollerieth – führte den FC Elmshorn 2013 zum Titel in der Oberliga Hamburg – trainiert wird. Wir durchleuchteten mit Okafor ein wenig das zurückliegende Jahr in Hamburg und blicken mit ihm in seine Zukunft...

„In dem einen Jahr, indem ich nun in Hamburg Fußball spielen durfte, habe ich viel für mich mitnehmen können“, sagt Okafor gleich zu Beginn des Gesprächs. Denn er habe in der kurzen Zeit jede Menge Freunde gewinnen können, was für den 23-Jährigen Deutsch-Nigerianer am Wichtigsten sei. Doch auch sportlich konnte er laut eigener Aussage viel dazulernen: „Vor allem von Heiko (Barthel, Anm. d. Red.) habe ich viel gelernt. Er wusste vom ersten Moment, wie er mich – ich sage mal – anfassen musste. Das hat mir wirklich nochmal einen kräftigen Schub in meiner Leistung gegeben, was man auch ganz deutlich an meinen letzten Spielen gesehen hat.“ Tatsächlich wurde Okafor zum Ende der Spielzeit 2016/17 immer stärker, auch wenn er den Abstieg in die Landesliga nicht verhindern konnte.

Okafor: „Die Plattform, um gesehen zu werden, ist in der Regio Nordost größer"

Im Pokalfinale gegen Eintracht Norderstedt machte Okafor (Mitte) auf sich aufmerksam. Foto: KBS-Picture.de

Doch hatte seine SVHR während der Saison auch ein zweites Gesicht, welches die Mannen vom Lütten Hall im Pokal auflegten, wo man nicht zuletzt wegen der direkten Torbeteiligungen Okafors bis ins Endspiel einzog. Okafor: „Jeder andere Mitspieler würde die selbe Antwort auf die Frage geben, warum es diese zwei Gesichter gab: Es ist unmögich, dafür eine Erklärung zu finden. Aber dass wir so eine Pokalsaison gespielt und das Endspiel erreicht haben, war einfach nur genial und wird immer in meinem Gedächtnis bleiben. Denn das war bisher mein größter Erfolg.“ Dabei bleibt sicherlich der Siegtreffer im Viertelfinale gegen den Hamburger Serienmeister TuS Dassendorf unvergessen, als Okafor quasi mit dem Halbzeitpfiff aus größerer Entfernung ein absolutes Traumtor mit einer schier unglaublichen Körperhaltung erzielte. Mit diesem Treffer öffnete der pfeilschnelle Außenbahnläufer das Tor ins Halbfinale, wo er dann gegen Altona 93 einen Assist zum nächsten Coup beisteuerte. Als das Endspiel gegen den klassenhöheren Titelverteidiger Eintracht Norderstedt stattfand, sammelte Okafor über 120 Minuten nicht nur weitere kostbare Erfahrungen, sondern weckte mit seiner Leistung zusätzlich das Interesse verschiedener Clubs – darunter wohl auch Altona 93. Am Ende erhielt aber die TSG Neustrelitz – trotz des letzten Tabellenplatzes in der Vorsaison weiter in der vierthöchsten deutschen Spielklasse vertreten – den Zuschlag. „Es sind nicht nur die anstehenden Spiele, wie zum Beispiel gegen Energie Cottbus, und die größer gelebte Fankultur im Osten, die das Angebot so attraktiv werden ließen, sondern die Plattform ist hier auch größer, um eventuell doch noch gesehen zu werden.“

Denn Okafor hat den Traum vom „Profifußball“ noch nicht aus den Augen verloren, auch wenn er dafür bereits in einem fortgeschrittenen Alter ist. „Tatsächlich glaube ich, dass das aufgrund meiner 23 Jahre die letzte Chance ist, um diesbezüglich vielleicht noch etwas erreichen zu können. Und dafür werde ich alles geben.“ Allerdings hatte es ihm auch die Oberliga Hamburg auf eine gewisse Art und Weise angetan: „In den anderen Bundesländern ist jede Stadt und jedes Dorf irgendwie für sich. Aber das war in Hamburg anders, was es so wertvoll gemacht hat, dort zu spielen. Denn einerseits war der Konkurrenzkampf größer und andererseits ist die gesamte Liga dort wie eine große Familie. Man kennt sich, schätzt sich und hat es nicht weit, um gegeneinander zu spielen. Es ist alles eng beieinander.“ Vor allem das Miteinander unter den gegnerischen Teams hat es ihm angetan.

Okafor: „Ich bin überzeugt, dass HR den Wiederaufstieg schafft"

Von Achim Hollerieth (Foto, damals Coach des FC Elmshorn) will Okafor künftig lernen. Foto: KBS-Picture.de

Was seinen neuen Coach Achim Hollerieth angeht, hatte Okafor bisher „wenig bis gar keine Berühungspunkte“, auch wenn er von ihm „zumindest schonmal etwas gehört“ hat. Was jedenfalls nicht verwunderlich ist, da sich Hollerieth als Torwart mit einem Bundesliga-Einsatz für den VfB Stuttgart, 90 Zweitliga-Spielen (KFC Uerdingen, Waldhof Mannheim, SSV Reutlingen) und 80 Regionalliga Nord-Partien (FC St. Pauli) bundesweit einen Namen machte. Als Trainer war Hollerieth zudem auch im Hamburger Raum sehr erfolgreich, als im Jahr 2013 mit dem FC Elmshorn der Meistertitel in der Oberliga erreicht wurde. Deshalb: Wenn Okafor jemanden gesucht hat, der ihm sagen kann, was man benötigt, um im Profigeschäft Fuß zu fassen, dann hat er spätestens jetzt jemanden gefunden. „Wir verstehen uns schon jetzt echt gut. Und auch sein Traning ist genau das, was ich brauche. Es wird unter ihm viel auf Kraft und Schnelligkeit gesetzt“, so Okafor, der sein Ex-Team aber auch mit einem weinenden Auge verlässt: „Ich habe echt viele liebe Menschen kennengelernt, die ich jetzt zurücklassen muss. Vor allem bei HR. Und ich wünsche den Jungs – auch wenn ich davon überzeugt bin -, dass sie den direkten Wiederaufstieg packen. Ich werde nicht gänzlich gehen und wann immer ich kann, werde ich mir auch mal wieder ein Spiel meines alten Teams anschauen. Denn diese Station war die, die am meisten in meinem Herzen ist. Das war wirklich eine sehr schöne Zeit.“

Autor: Mathias Merk