Norderstedt feiert „Last Minute-Pokalsieg“ mit bitterem Beigeschmack

Regionalligist bezwingt HR mit 2:1 in der Verlängerung

25. Mai 2017, 15:49 Uhr

Die Spieler von Eintracht Norderstedt freuen sich über ihren Pokalsieg. Foto: KBS-Picture

Der ODDSET-Pokalsieger der Saison 2016/2017 heißt Eintracht Norderstedt. Der Regionalligist setzte sich vor 3193 Zuschauern im Endspiel gegen die SV Halstenbek-Rellingen durch. Dabei sahen die Kicker des Oberligisten an der Hoheluft schon wie der Sieger aus: Nach einem Treffer von Sebastian Krabbes in der 51. Minute führte HR bis zur zweiten Minute der Nachspielzeit, in der Referee Thorsten Bliesch (Niendorfer TSV) dann in seinem letzten Spiel mit einer zweifelhaften Entscheidun den 1:1-Ausgleich der Norderstedter ermöglichte. In der Verlängerung gelang der Mannschaft von Trainer Dirk Heyne dann in der 120. Minute durch Jan-Philipp Rose der Siegtreffer zum 2:1-Endstand. 

Heiko Barthel konnte die Welt nicht mehr verstehen. Noch einige Augenblicke zuvor, als Ralph Vollmers die dreiminütige Nachspielzeit angezeigt hatte, wanderte Barthels Blick entspannt in Richtung des Vierten Offiziellen. Barthel grinste. Nicht überheblich, aber siegessicher. Da wusste er noch nicht, dass ihm und seinen Schützlingen genau diese Nachspielzeit erst den Vorsprung und damit letztlich dann auch den schon sicher geglaubten Pokalsieg entreißen würde. Doch dazu später mehr.

Krabbes köpft HR mit 1:0 in Führung

Da jubelte HR noch: Sebastian Krabbes hatte den Außenseiter nach 52 Minuten mit 1:0 in Führung gebracht- Foto: KBS-Picture

In einer ersten Halbzeit mit überschaubarem Niveau hatte die Eintracht nach elf Minuten die erste Chance des Spiels, als Jordan Brown von rechts scharf nach innen ins Zentrum flankte, wo Jan Lüneburg den Ball festmachte und ihn für Felix Drinkuth ablegte. Den Aufsetzer, den Norderstedts Nummer 17 abfeuerte, konnte HR-Innenverteidiger Sebastian Krabbes jedoch von der Linie köpfen. Auf der anderen Seite versuchte sich Niklas Siebert, doch seine Flanke nach zwölf Minuten fand in der Mitte keinen Abnehmer. Dann passierte – abgesehen von der verletzungsbedingten Auswechselung von Norderstedts Jeremy Karikari, der sich im Zweikampf mit Indrit Behrami am Arm verletzte – lange Zeit nichts Nennenswertes, ehe Lüneburg nach 32 Minuten für Drinkuth auflegte, der wiederum zu Yayar Kunath durchstecken wollte, dabei aber an Yannick Sottorf hängen blieb. Auch HR hatte nach vorne kein Glück: Siebert erspähte zwar den durchstartenden Christian Okafor. Der aber rannte sich fest (36.).

Vor dem Seitenwechsel wurde es noch vier weitere Male gefährlich – drei Mal war dabei der Regionalligist am Drücker: Über Brown und Drinkuth, der den Ball letztlich in den Rücken der Abwehr spielte, landete das Spielgerät bei Eintracht-Kapitän Philipp Koch, der am kurzen Pfosten vorbei zielte (39.). Nur vier Minuten später war es erneut Koch, der diesmal HR-Schlussmann Mirko Oest mit einem Freistoß aus rund 25 Metern zur einer Glanztat zwang. Und noch ein Mal näherte sich Norderstedt dem Tor – und hätte dabei eigentlich in Führung gehen müssen: Drinkuth bediente den im Strafraum stehenden Kunath, der den Ball mit der Brust zu Lüneburg abklatschen ließ. Der Eintracht-Goalgetter zielte jedoch trotz freier Schussbahn drüber (45.+2). HR hatte zwischenzeitlich in Person von Krabbes vergeben, der nach einem Freistoß von Ümit Karakaya in die Arme von Eintracht-Keeper Johannes Höcker köpfte (45.+1).

Meyer trifft in letzter Sekunde zum Ausgleich

Die HR-Spieler Tim Jeske (li.) und Sergio Batista Monteiro (Nummer 22) können es nicht fassen. Referee Thorsten Bliesch (Mitte) gibt den Treffer zum 1:1. Foto: KBS-Picture

Der zweite Durchgang begann mit einem echten Paukenschlag: Gerade einmal sechs Minuten waren gespielt, als Sottorf für HR eine Ecke von links in den Norderstedter Strafraum schlug, die Krabbes zur 1:0-Führung über die Linie köpfte. Und die Halstenbeker hätten beinahe sogar noch einen zweiten Treffer nachgelegt, doch Okafor verpasste es nach einem Solo, im entscheidenden Moment den Ball quer zu Behrami zu legen, sodass der Angriff ohne Ertrag verpuffte (55.). Nordertstedt antwortete mit einer Flanke von Jan-Philipp Rose, an der der kurz zuvor eingewechselte Linus Meyer in der Mitte vorbeirutschte (58.), und hatte auch danach die nächste Chance: Drinkuth vergab aus zwölf Metern, nachdem der Ball von der rechten Seite bis links in den Strafraum durchgerutscht war (63.). Doch auch HR blieb gefährlich – in Person von Siebert, dessen Schuss auf 35 Metern Höcker gerade noch über die Latte lenken konnte (64.).

Okafor hatte dann nach 81 Minuten die Entscheidung zugunsten des Außenseiters auf dem Fuß. Nachdem er aus dem Mittelfeld von Siebert bedient wurde, steuerte der HR-Stürmer frei auf Höcker zu, der den Schuss von Okafor per Fußabwehr entschärfte. Schon kurz zuvor hatte Höcker einen langen Ball von Krabbes so unterlaufen, dass Jeske beinahe allein Richtung Tor hätte spazieren können. Doch Hamajak Bojadgian war dazwischen und rettete. In der 83. Minute jubelte Norderstedt schon über den Ausgleich, doch Referee Bliesch verweigerte dem Treffer von Kangmin Choi wegen einer Abseitsstellung die Anerkennung. Vier Minuten vor dem Ende konnte Noderstedt ein Tohuwabohu im HR-Strafraum nicht nutzen: Lüneburg passte auf Drinkuth, der den Ball Richtung Tor lupfte, wo ein Halstenbeker vor Kunath klärte.

Roses Schuss aus 25 Metern in den Giebel bringt die Entscheidung

Sein Treffer brachte die Entscheidung; Jan-Philipp Rose traf nach 120 Minuten zum 2:1 für Norderstedt. Foto: KBS-Picture

Doch das Spiel war noch nicht beendet: Es folgte die eingangs erwähnte ominöse Nachspielzeit.In der zweiten Minute der „Overtime“ flog ein Freistoß auf das HR-Tor, wo Lüneburg im Zweikampf gegen Oest rustikal in den Mann ging. Ein Foulspiel, doch Schiri Bliesch pfiff nicht. Meyer schoss den Ball anschließend zum 1:1-Ausgleich über die Linie, jubelte erst aber nur verhalten. Alle Blicke galten em Unparteiischen. Doch der blieb dabei: Er wollte bei der Aktion Lüneburgs kein Foulspiel gesehen haben, deutete nach Meyers Treffer in Richtung Anstoßkreis und blieb auch nach der Beratung mit seinem Assistenten dabei: Das Tor zählte. Daran änderten auch die vehementen Proteste sämtlicher Halstenbeker Spieler und Offizieller auf und abseits des Rasenvierecks nichts mehr. HR-Coach Heiko Barthel insistierte dabei sogar so vehement, dass er von der Trainerbank verwiesen wurde und die restlichen 30 Minuten „Zusatzzeit“ abseits der Bank bei den Zuschauern verbringen musste.

In der ersten Hälfte der Verlängerung gab es nur eine nennenswerte Szene: Nach einem eigentlichen Offensivfoul entschied Referee Bliesch auf ein Foul an Benjamin Brameier. Den folgenden Karakaya-Freistoß konnte Höcker sicher festhalten (105.). Auch der zweite Durchgang der „Overtime“ hatte nicht viele Höhepunkte. Genaugenommen nur zwei: Sieberts Freistoß aus 25 Metern über die Mauer hinweg fischte Höcker aus dem rechten Toreck (109.). In der 120. Minute war es dann schließlich Jan-Philipp Rose, der das Finale zugunsten von Eintracht Norderstedt entschied: Nach einem Zuspiel von Drinkuth hielt er aus halblinker Position aus 25 Metern drauf und donnerte die Kugel zum 2:1-Siegftreffer für den Regionalligisten in den rechten Giebel.

Jan Knötzsch

Mehr zum Thema