Dem Titel so nah: Musa entscheidet vorbildlichen Kreisliga-Kampf für sich

Abstiegsbedrohte Harburger halten mit enorm starker Leistung dagegen

11. Mai 2017, 01:09 Uhr

Beide Teams schenkten sich nichts, gingen aber immer fair miteinander um. Foto: Mathias Merk

Mittwochabend auf einem Grandplatz mitten in Harburg. Ein Nachholspiel der Kreisliga 1 stand an, von dem bereits weit vor Anpfiff klar war, dass das ein Kampf um jeden Zentimeter werden würde, da es für beide Teams um sehr viel ging. Der abstiegsbedrohte SV Grün-Weiss Harburg empfing den Tabellenführer FC Musa 97. Und so entwickelte sich über die komplette Spielzeit ein Fight mit offenem Visier - wobei es durchgehend friedlich und fair ablief. Beide Vereine traten sich äußerst respektvoll gegenüber und am Ende gab es einen nicht unverdienten Sieger, auch wenn es nochmal eng wurde....

Wenn man ein Beispiel dafür sucht, wie herzlich und fair ein Kreisligaspiel ablaufen kann, obwohl es für den einen Verein um das Überleben in der Spielklasse und für den anderen Klub um den Titel geht, dann hätte man sich am Mittwochabend zum Duell SV Grün-Weiss Harburg gegen den FC Musa 97 an der Wilstorfer Höh einfinden sollen. Denn vor, während und auch nach der Partie gingen beide Mannschaften und Trainer absolut sportlich miteinander um. Zwar gab es auf dem Platz sehr körperbetonte Situationen, genauso wie emotionale Momente - auch bei beiden Übungsleitern -, doch dabei handelte es sich ausschließlich um Emotionen, die zustandekommen, wenn man diesen Sport lebt und liebt.

Dass dies bei allen Akteuren der Fall war, konnte man ab der ersten Minute spüren. Denn über die komplette Zeit präsentierten sich beide Teams sehr lauf- und willensstark. Da sowohl für die Harburger als auch für den FC Musa eine ganze Menge auf dem Spiel stand, war bereits im Vorfeld klar, dass sich ein Kampf um jeden Meter entwickeln würde, was schlussendlich auch genauso eintrat.

Gürsen: „Die Unruhe kam daher, dass wir im Abstiegskampf stecken"

Flügelflitzer Kevin Leitner (2. v. li.) hatte stehts den Ball im Blick und zeigte bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung eine sehr starke Leistung. Foto: Mathias Merk

In der Anfangsphase gestaltete sich die Partie aus sportlicher Sicht sehr hektisch, wobei die Hausherren etwas nervös wirkten. „Diese Unruhe kam natürlich daher, dass wir mitten im Abstiegskampf stecken“, erklärte GWH-Coach Timucin Gürsan das Verhalten seiner Kicker, die sich jedoch trotzdem sehr gut gegen die immer wieder anlaufenden Gäste wehrten und in Kontersituationen selbst die eine oder andere gefährliche Aktion erspielten. Das geschah dann hauptsächlich über die rechte Außenbahn, wo Kevin Leitner mit einer bärenstarken Leistung die Gegner teilweise schwindelig spielte, was auch Gäste-Coach Mehmet Karakus neidlos anerkannte: „Dieser Kevin ist ein absolut genialer Spieler. Er war kaum vom Ball zu trennen und wir hatten enorme Probleme, ihn in den Griff zu kriegen.“

Torraumszenen und nennenswerte Abschlüsse gab es zu Genüge. Allerdings fanden die Gastgeber erst nach 20 Minuten besser ins Spiel, legten ihre Nervosität ab und fingen an, dem Tabellenführer die Stirn zu bieten. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte der FC Musa jedoch bereits führen können, wäre zum Beispiel der Distanzschuss aus 30 Metern von Masud Amini im rechten Winkel eingeschlagen. Doch Schlussmann Marcel Corrieri zeichnete sich mit einer Wahnsinnsparade aus und fischte das Leder mit seinen Fingerkuppen noch aus dem Knick. Im weiteren Verlauf der ersten Hälfte entwickelte sich ein Spiel, das kein Kreisliga-, sondern eher höherklassigeres Niveau besaß. Denn auf beiden Seiten entstanden beste Gelegenheiten, was zum Ende des ersten Durchlaufs wechselseitig fast schon im Zehn-Sekunden-Takt geschah.

Karakus: „Mir war klar: Wer das erste Tor schießt, gewinnt verdient"

Da lag Kevin Leitner mit offensichtlich großen Schmerzen noch verletzt am Boden. Foto: Mathias Merk

Für die Grün-Weissen verpasste eben der Spieler, der den Unterschied im Team des Gastgebers ausmachte die größte Chance: Leitner rannte abermals über rechts an, lief dann zwei Schritte in die Mitte und zog mit links aus 25 Metern einfach mal ab. Das Leder flog in einem Bogen aufs linke Toreck zu, doch dieses glänzte FCM-Fänger Marcel Herbst, indem er sich horizontal in die Luft legte und mit einem langen Arm den Ball exzellent um den Pfosten lenkte (42.). Dabei war Leitners Spielfortsetzung nach einem Pressschlag in der 31. Minute bereits überaus fraglich, als er erst gestützt und dann humpelnd das Feld verließ. Zunächst schien klar, dass es für ihn nicht mehr weitergehen könne. Doch dann, als sein Team mittlerweile ein paar Minuten lang in Unterzahl agierte, da sich bis dato kein Ersatzspieler aufwärmte, entschied Leitner für sich, auf die Zähne zu beißen, um seiner Truppe in dieser schweren Phase zu helfen. Er wandte sich an den Linienrichter und nach Freigabe des Unparteiischen Gerhardt Schulz-Greco betrat er, sehr zum Erstaunen aller Anwesenden, wieder den Platz. Zum Pausentee war es dann aber doch für ihn vorbei.

Nach dem Seitenwechsel ging es zwar erst einmal torlos weiter. Dafür aber mit einem Spiel, das sich weiterhin schnell gestaltete, und in dem der FC Musa die höheren Spielanteile besaß und den Gegner nun gehörig unter Druck setzte. „Für mich war klar, dass die Mannschaft als verdienter Sieger vom Platz gehen wird, die das erste Tor schießt“, so Karakus, der zwar noch etwas darauf warten musste, dann aber in der 71. Minute die Führung seines Equipe bejubeln durfte, als sein Innenverteidiger Bilal Dilekoglu aufgerückt war und im Strafraum einen feinen Pass durchgesteckt bekam. Dilekoglu legte sich rechts vom Tor den Ball zurecht, schaute, wo die Kugel hin musste und brachte sie auf den zweiten Pfosten, wo Cem Ulasoglu anrauschte und den Ball mit gestrecktem Bein über die Linie bugsierte.

Karakus: „Slche Schüsse habe ich schon in der Jugend des HSV von ihm gesehen"

Musa-Trainer Mehmet Karakus freute sich über die Teamleistung und über das schöne Tor von Dennis Richter. Foto: Mathias Merk

Dieser Treffer tat der Partie sichtlich gut. Denn anschließend brannte es auf dem Ascheplatz noch mehr, als bereits zuvor schon, da die Hausherren nun einem Rückstand hinterher liefen. Dies führte zwar zu mehr Nicklichkeiten und kleineren Fouls, aber auch zu weiteren Torchancen für GWH, die Chris-Marvin Bothe und Ahmed Aydin jedoch nicht verwerteten. Stattdessen legte der Kreisliga-Primus nochmal nach und setzte einen weiteren Treffer obendrauf. Und was für einen! Der in der HSV-Jugend groß gewordene Dennis Richter - lief unter anderem auch als U-Nationalspieler auf - fasste sich in der Mitte der gegnerischen Hälfte ein Herz und brachte einen äußerst sehenswerten und strammen Schuss auf das Tor, der unhaltbar für Keeper Corrieri zum 2:0 in die Maschen flog (82.). Das war eine Bude der Marke „Traumtor“, was seinen Trainer Karakus stolz werden ließ: „Ich kenne ihn schon seit der A-Jugend-Bundesliga beim HSV, wo ich häufig solche Schüsse von ihm gesehen habe. Deshalb bin ich das schon von Dennis gewohnt. Man sieht einfach immer wieder, dass er am Ball was kann. Er und Nico Groh sind sehr gute Spieler in meinen Reihen.“ Und auch sein Gegenüber fand trotz des Rückstandes lobende Worte: „Das war ein echt schönes Tor, wofür ich Dennis Richter natürlich beglückwünsche.“

Auch wenn die Gäste ihren Vorsprung ausbauten, sollte es das noch nicht gewesen sein. Keine 60 Sekunden nach dem zweiten Musa-Treffer zeigte der Unparteiische auf den Punkt und sprach den Harburgern einen Strafstoß zu, den Bothe dann eiskalt zum Anschlusstreffer verwandelte (85.).

Gürsan: „Wir sind hungrig!"

Über die gesamte Zeit wurden viele Zweikämpfe geführt. So wie hier Turgut Polat (Nr. 21) und Saifeddine Zitouni (2. v. li.). Foto Mathias Merk

Plötzlich wurden die Jungs des FC Musa doch nochmal nervös. Vor allem auch, weil die Gastgeber eine erneute Chance witterten, eventuell noch etwas Zählbares einzuheimsen. Am Ende blieb es allerdings bei diesem Ergebnis, welches Karakus aufatmen ließ: „Wir sind jetzt sehr erleichtert, da wir unter einem immensen Druck standen. Der ist jetzt zwar immer noch da, aber zumindest können wir nun beruhigter in das nächste Match gehen, weil wir in den letzten beiden Partien nur noch einen Sieg brauchen. Das ist zwar etwas leicht gesagt, weil schwere Gegner auf uns warten. Aber hätten wir heute verloren, wäre es für uns schwierig geworden, wiederzukommen.“

Ganz im Gegensatz zum SV Grün-Weiss Harburg, der im Abstiegskampf eine ganz bittere Niederlage kassierte. Aber mit der Leistung durfte Zepterschwinger Gürsan zufrieden sein: „Die besseren Einzelspieler hatte definitiv Musa. Aber ich habe gerade im Pressingverhalten und im Spiel ohne Ball richtig gute Ansätze meiner Mannschaft gesehen.“ Was die Chancen auf einen Verbleib in der Liga angeht, war Gürsan weiter sehr zuversichtlich: „In den letzten beiden Spielen müssen vier Punkte her und dann haben wir es geschafft. Wir sind, was das angeht, alle absolut motiviert, weil in nicht mal zwei Wochen unser neuer Kunstrasenplatz fertiggestellt wird, auf dem wir natürlich nicht eine Klasse tiefer spielen wollen. Die gute Leistung von heute werden wir mitnehmen und genauso in den nächsten beiden Partien bis zur letzten Sekunde auftreten. Wir sind hungrig!“

Den LIVE-Ticker zum Nachlesen gibt es hier!

Autor: Mathias Merk