Mutige Teutonen, der lachende Dritte und eine Horde Chaoten

Abpfiff – die FussiFreunde-Kolumne

26. April 2017, 11:00 Uhr

Foto: KBS-Picture

Ab sofort greifen wir an dieser Stelle unter dem Titel „Abpfiff“ in unserer Kolumne die Geschehnisse des Wochenendes und die wichtigsten Themen der vorangegangenen Woche im Hamburger Fußball auf und kommentieren diese. Dieses Mal geht es um die Verpflichtung von Sören Titze als künftiger Trainer von Teutonia 05 ab dem Sommer, die Aufstiegsfrage in der Landesliga Hansa und die tätlichen Angriffe auf Fans des HFC Falke. 

Zum Aufstieg kann man dem FC Teutonia 05 bisher nicht gratulieren. Noch nicht. Weil die Mannschaft von Liborio Mazzagatti am Wochenende überraschend bei Union Tornesch verlor. Lange aber wird es nicht mehr dauern, bis der „Oberligist im Landesliga-Mantel“ auch wirklich ein Oberligist ist, sprich der Aufstieg feststeht. Dafür aber darf man den „Kreuzkirchlern“ zu etwas anderem gratulieren. Dazu, dass „T05“ endlich einen Trainer für die kommende Saison, die man dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Hamburgs Amateurfußball-Oberhaus verbringen wird, gefunden hat. Sören Titze heißt, so berichteten wir exklusiv, der Mann, der künftig den Teutonen-Trainer gibt und in Hamburg kein Unbekannter ist. Als Spieler. Als Coach ist der 32-Jährige in der Hansestadt ein unbeschriebenes Blatt.

Die Fallhöhe ist groß, die Chance aber auch

Die Verpflichtung von Sören Titze als neuer Trainer von Teutonia 05 ist Chance und Risiko zugleich. Foto: noveski.com

Insofern ist die Entscheidung Teutonias, Titze zum Trainer zu machen, mutig. Denn die Berufung des Ex-Buchholzers ist, so wie das so oft im Leben an Stellen ist, an denen man sich entscheiden muss, Chance und Risiko zugleich. Klar: Titze war ein guter Kicker und hat zuhause mit Vater Thomas einen, der ihm in Buchholz über Jahre vorgelebt hat, wie das als Trainer so ist und sicher auch als Tippgeber bereit stehen wird, wenn dem Filius mal eine Frage unter den Nägeln brennt oder guter Rat nötig ist. Aber: Nicht jeder Fußballer ist gleichzeitig nach dem Ende seiner Karriere auch ein guter Trainer. Nicht jeder Vater im Haus, der Trainer ist, garantiert, dass die Gene, ein guter Coach zu sein, auch bei seinem Nachwuchs angekommen sind. Nun ist Sören Titze mit seinem Noch-Verein, dem TSV Winsen/Luhe, in der Bezirksliga Lüneburg 2 derzeit Zweiter der Tabelle. Spricht für das Talent des Trainers und eine gute Kaderzusammenstellung. Allein: Die Aufgabe in der Bezirks- ist eine andere, als sie es in der Oberliga in Hamburg sein wird. Die berühmten zwei Paar Schuhe lassen grüßen.

Die Ansprüche des FC Teutonia 05 in der neuen Saison sind bekannt: nicht die Vermeidung des Abstiegs ist das Ziel für den designierten Aufsteiger. Nein, ein bisschen mehr darf es dann schon sein, wie Manager Bert Ehm unlängst im Gespräch mit den FussiFreunden verriet. Oben mitmischen wollen die Teutonen. Angesichts von Transfers wie denen der beiden Atugs Seyhmus und Betullah sowie Frederic Böse oder aber anderer, in Landes- und Oberliga erprobter Namen, die als Zugänge gehandelt werden, verständlich. Nur: Namen garantieren noch lange keinen Erfolg. Titze aber wird sich an den Vorgaben messen lassen müssen, die der Club öffentlich gemacht hat. Ein weiteres Fragezeichen: Wie gelingt Titze der Umgang mit eben genau diesen „Stars“, von denen sich jetzt ja bereits diverse im Teutonen-Team tummeln? Lassen diese sich von einem 32-Jährigen Coach, der am Anfang seiner Trainerkarriere steht, etwas sagen? Oder ist es gerade ein Vorteil, dass Titze in seinem Alter quasi noch die Sprache der Spieler spricht und nah an ihnen dran ist? Die Fallhöhe an der Kreuzkirche ist für ihn jedenfalls hoch. Die Chance, es allen zu zeigen, aber auch nicht kleiner...

Auf einmal steht ein Team oben, das keiner mehr dort erwartet hat

Aufsteiger Bramfeld? Coach Florian Neumann steht mit dem BSV inzwischen vor Sasel und Billstedt. Foto: noveski.com

Apropos Chancen: Während in der Hammonia-Staffel in Sachen Direkt-Aufsteiger alles klar ist, darf man in der Landesliga Hansa fast schon die Frage stellen, ob denn eigentlich gar keiner direkt hoch will? Auf einmal ist dort der Bramfelder SV, den eigentlich kaum jemand noch so richtig auf der Rechnung hatte, Spitzenreiter und Anwärter Nummer eins auf den Aufstieg. Der SC V/W Billstedt schwächelt, der TSV Sasel noch viel mehr. Verspielen die Schützlinge von Danny Zankl etwa den Aufstieg? Geht, nach den Versuchen als Hammonia-Ligist, auch der nächste Anlauf schief? Fakt ist: Die Mannschaft vom Parkweg ist eines der besten Teams der Liga, wenn nicht gar das beste, weil es über starke Individualisten verfügt. Weil es zum Großteil seit Jahren zusammenspielt und in sich gewachsen ist. Fakt ist aber auch, dass es momentan einfach nicht läuft. Liegt's am Kopf? Lähmt die Angst, mal wieder nicht hochzugehen, das kickende TSV-Personal auf der Zielgeraden? Oder gibt’s gar Probleme im Team?

Ähnliche Fragen kann man gen Billstedt adressieren: Hat die Bekanntgabe, dass das Trainerteam Dennis Kreutzer und Gökhan Acar zur neuen Saison zum FC Türkiye geht, für zu viel Unruhe gesorgt? Sind die Spieler womöglich im Kopf längst woanders, weil sie wissen, dass auch sie in der kommenden Serie nicht mehr für den Club vom Öjendorfer Weg kicken werden? Der Bramfelder SV als zumindest derzeit lachender Dritter hat seine Phase, in der man nicht konstant war, in dieser Saison auch gehabt, aber sie offenbar nun hinter sich. Rechtzeitig, könnte man sagen. Fakt ist aber hier: Sollte die Mannschaft mit ihrem Coach Florian Neumann und „Co“ Mirko Schulz hochgehen, muss an einigen Stellschrauben weitaus mehr gedreht werden, was die Kaderplanung angeht, als dies für eine weitere Spielzeit in der Landesliga Hansa der Fall ist. Wirklich konkurrenzfähig wäre die Equipe von der Ellernreihe in ihrer jetzigen Zusammenstellung in der Oberliga freilich nicht. Dafür müssten richtige Verstärkungen her, keine Ergänzungen.

Stichwort „schrauben“: diejenigen, die am vergangenen Wochenende, vor dem Spiel des FC St. Pauli IV gegen den HFC Falke Anhänger der „Falken“ angegriffen haben, haben – man muss es so deutlich sagen – mehr als eine Schraube locker und gehören entsprechend zur Rechenschaft gezogen. Dass sich St. Paulis Präsident Oke Göttlich bei Falke-Präsidentin Tamara Dwenger für diese Vorfälle entschuldigt hat, ist nur der Anfang. Der FC St. Pauli ist gut beraten, sich beim Ausfindigmachen dieser „Spinner“ zu beteiligen und sie, wenn es zum Beispiel um Zutritt zum Stadion oder Vereinsmitgliedschaften geht, im Rahmen seiner Möglichkeiten entsprechend zu bestrafen. Hart zu bestrafen!

Jan Knötzsch