„Aufhören kam für mich nicht in Frage, ohne ein richtiges Spiel gemacht zu haben“

Nach langer Leidenszeit: Jendrik Bauer ist zurück

25. April 2017, 08:17 Uhr

Endlich wieder zurück auf dem Fußballplatz: Jendrik Bauer wird nach seinem ersten Torerfolg nach ewiger Verletzungsmisere von Coach Felix Karch empfangen. Foto: noveski.com

Es war eine Leidenszeit, die zunächst kein Ende nehmen wollte und schlussendlich anderthalb Jahre andauerte: Doch nun ist Jendrik Bauer zurück. Der bullige Angreifer, der den SC Alstertal-Langenhorn einst fast im Alleingang in die Oberliga schoss, riss sich Ende September 2015 in der Liga-Partie seines damaligen Klubs WSV Tangstedt beim Krummesser SV die rechte Achillessehne. Nach 29 Minuten musste Bauer den Platz mit schmerzverzerrtem Gesicht verlassen und wurde vom heutigen Teutonen Jaques Rodrigues ersetzt. Nachdem beim schleswig-holsteinischen Kreisligisten alles in die Brüche ging, wollte Bauer zur Saison 16/17 einen Neuanfang wagen. Der Torjäger kehrte nach Hamburg zurück, schloss sich dem Hammonia-Landesligisten HSV III an – doch die Verletzungsseuche hatte noch kein Ende gefunden…

„Da muss ich erst einmal überlegen“, geriet Jendrik Bauer am 3. März – nach dem 4:0-Erfolg seines HSV III über Inter Hamburg – ins Grübeln. Wann hat der ehemalige AFC- und Norderstedt-Stürmer sein letztes Pflichtspieltor erzielt? „Das müsste Mitte September 2015 gewesen sein.“ Genauer gesagt war es der 13. September 2015, als Bauer beim 6:0-Kantersieg seiner Tangstedter beim SV Borussia Möhnsen einen Doppelpack erzielte. Zwei Wochen später folgte jedoch der Schock: Die rechte Achillessehne war durch. Es begann ein langer, harter und schweißtreibender Kampf zurück. Als „Bomber Bauer“ im Sommer des vergangenen Jahres wieder bereit schien und aufs Comeback brannte, setzte ihn die nächste Verletzung lange außer Gefecht. Mit Oberschenkelbeschwerden konnte er seinem neuen Team die gesamte Hinrunde – bis auf wenige sporadische Kurzeinsätze unter Schmerzen – nicht zur Verfügung stehen. „Ich habe nach dem Achillessehnenriss wieder mit dem Training angefangen und mich gleich wieder verletzt“, erinnert er sich.

Karriereende? „Kam nicht in Frage, ohne ein Spiel zu absolvieren“

Per „Tunnler“ meldete sich Bauer zurück. Foto: noveski.com

Kamen in dieser Zeit sogar Gedanken an ein Karriereende im Vollblut-Knipser auf? „Dass man anfangs natürlich nicht vor Selbstvertrauen strotzt, ist sicherlich normal. Auch, dass es mal Phasen gibt, die weniger Spaß bringen – die gab es. Aber konkret darüber nachgedacht oder irgendwelche Pläne in diese Richtung hatte ich nicht. Dafür fühle ich mich einfach noch zu gut – vor allem im Kreise dieser Mannschaft. Es macht mir einfach viel zu viel Spaß und ich wollte der Mannschaft auch nochmal aktiv auf dem Platz helfen können. Deshalb wäre es für mich nicht in Frage gekommen, zu gehen oder aufzuhören, ohne ein richtiges Spiel gemacht zu haben“, erstickt Bauer jegliche Gedankenspiele sofort im Keime. Stattdessen kämpfte er sich – einmal mehr – mit eisernem Willen zurück. „Er ist im Winter gelaufen ohne Ende – oft sind wir auch zusammen laufen gewesen. Da haben wir auch viel über seine Situation, die lange Leidenszeit, wie wir weitermachen wollen und wie wir ihn wieder ans Team rankriegen gesprochen“, verrät sein Trainer Felix Karch, der ebenso stets an ein Comeback glaubte: „Er ist überhaupt nicht der Typ, der aufgibt. Es stand für mich völlig außer Frage, dass er zurückkommt!“

Karch: „Jen ist ein unglaublicher Typ und unheimlich wichtig für uns“

Dass einem dieses Unterfangen eiserne Disziplin abnötigt, war auch Bauer klar. „Grundsätzlich muss man schon sagen, dass es sehr beeindruckend war, wie er sich zurückgekämpft hat“, sagt Karch. Und tatsächlich: Der 29-Jährige arbeitete an seiner Rückkehr und kam zurück. „Er hat in der Vorbereitung bereits aufblitzen lassen, dass noch alles da ist. Dass der letzte Schritt, das Selbstvertrauen und der Spielfluss noch fehlen, ist völlig normal. Aber ‚Jen‘ ist ein unglaublicher Typ und unheimlich wichtig für die Mannschaft!“ Wie wichtig er sein kann, konnte er in der Hinrunde nicht zeigen. Ein Glück für die „Rothosen“, dass mit Mladen Tunjic – eigentlich als kongenialer Partner von Bauer vorgesehen – ein Spieler in die Bresche sprang und die Hammonia-Staffel nahezu in Grund und Boden schoss. „Das ist wirklich beeindruckend, was er für eine Bomben-Hinrunde gespielt hat. Da kann man wirklich nur den Hut vor ziehen. Er ist auch neben dem Platz ein super Typ“, äußert Bauer jede Menge Respekt vor Tunjic, der in 14 Einsätzen ganze 21 (!) Buden markierte.

Bauer hofft auf den „Brustlöser“

Und auch der Ex-SCALAner durfte sich am eingangs erwähnten 3. März erstmals wieder in die Schützenliste eintragen. Für Bauer war es das erste Pflichtspieltor nach anderthalb Jahren! „Das war natürlich schon ein schönes Gefühl nach so langer Leidenszeit, was ich in der Form ja auch noch nicht kannte, so lange verletzt zu sein. Ich hoffe, dass das der Brustlöser war“, so Bauer, der im Anschluss an die Partie von seinem Übungsleiter mit Lob überhäuft wurde. Nicht nur aufgrund seines Treffers zur 1:0-Führung, sondern insbesondere auch wegen seiner uneigennützigen Vorlage zum 2:0, als er freistehend auf das Inter-Tor zu- und seinem Gegenspieler davonlief – aber trotz aussichtsreicher Schussposition noch einmal für Veli Sulejmani querlegte. „Dass er als Vollblutstürmer, der so lange außen vor war, in dieser Situation noch das Auge für den besser postierten Mitspieler hat, ist für mich noch viel überragender, als das Tor, was er macht.“

„Habe mir noch nie eine bestimmte Toranzahl als Ziel gesetzt“

Anschließend kannte der Jubel keine Grenzen mehr... Foto: noveski.com

Nun, wo Bauer wieder fit ist, steht die Marke von Tunjic im Raum. Ob die zu übertreffen sein wird? „Für mich geht es erstmal darum, wieder Spielpraxis zu bekommen und fit zu werden. Dann sieht man auch, dass man der Mannschaft wieder helfen kann. Nur darum geht es mir. Ich habe mir überhaupt kein Ziel an Toren gesetzt, habe es aber auch vorher noch nie gemacht, wenn ich fit war und immer gespielt habe.“ Stattdessen soll der Spaßfaktor auf dem Platz wieder einkehren. Aber der ist beim Tabellenzweiten der Hammonia-Staffel ohnehin vorhanden. „Das liegt zum einen sicher am Trainerteam, was das Wir-Gefühl immer wieder aufs Neue stark forciert und im positiv verrückten Sinne selbst vorlebt. Ich denke schon, dass man sich davon viel abkupfern kann. Zudem ist der Mix in der Truppe extrem gut. Wir haben viele junge, sehr talentierte Jungs dabei – aber auch Leute, die eine enorme Erfahrung mitbringen. Solch einen positiven Mix habe ich eigentlich noch nirgendwo erlebt“, gerät Bauer, wie auch schon Tunjic vor einiger Zeit, ins Schwärmen, wenn er über das Mannschaftsgefüge der Norderstedter spricht. „Es macht einfach nur Spaß!“ Bleibt ihm zu wünschen, dass er diesen Spaß und jene Freude künftig auch wieder regelmäßig auf dem Rasen ausleben kann – und von schwerwiegenden Verletzungen verschont bleibt. Denn davon hat Jendrik Bauer in jüngster Zeit genug hinter sich.

Autor: Dennis Kormanjos